Um, wie in der Pariser Klimarahmenkonvention vereinbart, den Anstieg der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen, muss schnell gehandelt werden. Für die Industrie hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB verschiedene technologische Lösungen entwickelt, das bei Verbrennungsprozessen entstehende Treibhausgas Kohlenstoffdioxid, zu nutzen: als Rohstoff zur Herstellung von Chemikalien, Kraftstoffen oder chemischen Energiespeichern. »Dies senkt den Netto-CO2-Ausstoß und schont zusätzlich fossile Ressourcen«, erläutert Gerd Unkelbach, verantwortlich für das Geschäftsfeld Nachhaltige Chemie am Fraunhofer IGB.
Zentrale Akteure der chemischen oder elektrochemischen Umwandlungsprozesse von CO2 sind Katalysatoren. Sie beschleunigen die Reaktionen, werden selbst aber nicht verbraucht. Das Fraunhofer IGB optimiert nicht nur diese Katalysatoren. »Wir entwickeln auch neue Verfahren und konstruieren entsprechende Apparate, um CO2 elektrochemisch – mit Strom aus erneuerbaren Energien – oder chemisch umzuwandeln, oder kombinieren diese mit biotechnologischen Verfahren«, so Unkelbach.
Herstellung von regenerativem
Methanol
Kupfer spielt bei der Synthese von regenerativem Methanol aus CO2 und elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff als Katalysator eine Hauptrolle. Methanol ist ein vielseitiger chemischer Grundstoff, der auch für den Energiesektor immer wichtiger wird, sei es als Kraftstoffadditiv für Verbrennungsmotoren wie auch als Energieträger in Brennstoffzellen. Laut einer Studie der Dechema ließen sich pro Tonne Methanol immerhin bis zu 1,5 t CO2-Emissionen vermeiden, wenn Methanol nicht aus fossilen Rohstoffen, sondern aus CO2 oder anderen regenerativen Rohstoffen synthetisiert würde (A. M. Bazzanella, F. Ausfelder, Dechema e.V. Technology Study – Low carbon energy and feedstock for the European chemical industry, Dechema, 2017).
Die Katalysatoren für die Methanolsynthese werden aus kupferhaltigen Lösungen hergestellt, bisher mittels aufwändiger Fällprozesse über mehrere Zwischenstufen. »Um bei der Katalysatorsynthese im industriellen Maßstab Energie, Zeit und Ressourcen einzusparen, haben wir das Verfahren für den kontinuierlichen Betrieb optimiert«, erläutert Dr. Lénárd Csepei, der die Arbeiten am Institutsteil Biocat in Straubing vorangetrieben und das Verfahren zum Patent angemeldet hat.
Eine weitere zum Patent angemeldete Methode zur Katalysatorsynthese basiert auf der Auflösung von Metallverbindungen in sogenannten stark eutektischen Lösemitteln. Mit diesem Verfahren können Katalysatoren unterschiedlichster Elementzusammensetzung hergestellt und damit hinsichtlich ihrer Effizienz optimiert werden – nicht nur für die Herstellung von Methanol, sondern auch für andere chemische und elektrochemische Syntheseprozesse.
Suche nach dem besten Katalysator im Hochdurchsatz
Bei allen Syntheseprozessen entscheidet vor allem die Leistungsfähigkeit des Katalysators, ob das gewünschte Produkt wirtschaftlich herstellbar ist. »Einer der wichtigsten Faktoren ist die möglichst hohe Ausbeute an gewünschtem Produkt. Nebenprodukte sollen möglichst nicht entstehen«, erklärt Csepei. Um zu überprüfen, welcher Katalysator am besten für die Umsetzung geeignet ist, screenen die Fraunhofer-Forscher die in Frage kommenden Kandidaten in verschiedenen Reaktorsystemen. In einem Mehrzwecksystem mit vier parallelen Reaktorrohren können sie Katalysatoren unter verschiedenen Reaktionsbedingungen – etwa unterschiedlichen Synthesegasgemischen, Drücken und Temperaturen – im Hochdurchsatz testen. Dabei werden die Reaktionen in Echtzeit analytisch verfolgt, sodass die entstehenden Produkte direkt quantitativ erfasst werden. Ein Reaktorsystem für den Test von Katalysatoren bei Atmosphärendruck haben die Forscher selbst entworfen und gebaut. »Mit diesem Aufbau untersuchen wir sich anschließende Reaktionskaskaden, also eine weitere katalytische Umsetzung, etwa mit biotechnologischen Methoden«, sagt Csepei.
Vom Katalysator zum Demonstrator
Aufbauend auf den optimierten Katalysatoren hat das IGB am Beispiel der elektrochemischen Herstellung von Ethen, einem der wichtigsten Ausgangsstoffe der chemischen Industrie, im Fraunhofer-Leitprojekt »Strom als Rohstoff« einen vollautomatisierten Prototyp gebaut. Kernstück ist eine eigens entwickelte elektrochemische Zelle: Diese überträgt die Elektronen für die Reaktion von CO2 auf einen wässrigen Elektrolyten und bringt diesen an einer porösen Gasdiffusionselektrode mit Katalysator und gasförmigem Kohlenstoffdioxid gezielt in Kontakt.
»Mit dieser Anlage produzieren wir auf 130 cm2 Elektrodenfläche und mit eigenen Katalysatoren Ethen aus CO2 und Wasser in einem einzigen Schritt«, führt Dr. Carsten Pietzka aus, der in Stuttgart forscht. Der konstruktive Aufbau des Demonstrators ist auf andere Elektrosyntheseprozesse übertragbar und ermöglicht Screenings von Katalysator- und Elektrodenmaterialien im nächstgrößeren Maßstab.
Ab 2020 sollen mit der neuen Fraunhofer-Elektrolyseplattform in Leuna elektrochemische Synthesen in den industrienahen Maßstab skaliert werden. In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt SynLink will man auf dieser Plattform demonstrieren, dass sich mit erneuerbarer Energie aus H2O und CO2 – mittels Adsorption aus der Luft – Synthesegas herstellen lässt, das weiter chemokatalytisch zu Methanol und Kraftstoffen umgesetzt wird.
Auch in kleinerem Maßstab
profitabel
Chemisch oder elektrochemisch aus CO2 hergestellte Chemikalien sind nur dann konkurrenzfähig zu petrochemischen Erzeugnissen, wenn entsprechend große Mengen hergestellt werden und ausreichend kostengünstiger Strom zur Verfügung steht. Für typische kleine, dezentrale CO2 emittierende Anlagen – etwa Biogasanlagen oder Brauereien – trifft dies zumeist nicht zu.
Damit die Wertschöpfung für regeneratives Methanol auch im kleineren Maßstab ein profitables Geschäft wird, haben die Fraunhofer-Forscher einen neuen Ansatz verfolgt und die chemische Synthese in einem kürzlich patentierten Verfahren mit einer anschließenden biotechnologischen Fermentation zu höherwertigen Chemikalien kombiniert. Methanol wird dabei zum Zwischenprodukt und – ohne weiteren Aufarbeitungsschritt – in bestimmten Zeitabständen direkt in einen Fermenter gepumpt. Die Mikroorganismen wachsen mit Methanol als einziger Kohlenstoffquelle und produzieren Milchsäure, Isopren, Polyhydroxybuttersäure und langkettige Terpene.
Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie wollen die Wissenschaftler diese vielversprechenden katalytischen Systeme und Verfahren bis zur Einsatzreife weiterentwickeln, um auf diese Weise ihren Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.