„Alle zwei Jahre ist die Techtextil der Spiegel für die Anwendungsvielfalt textiler Materialien. Ob aus der Architektur, Automobilindustrie, Medizin, Modebranche oder aus dem Personenschutz – auf der Suche nach leichten, langlebigen und nachhaltigen Materialien kommen auf der Techtextil führende internationale Experten aus den unterschiedlichsten Branchen zusammen“, so Olaf Schmidt, Vice President Textiles and Textile Technologies der Messe Frankfurt.
Die rund 1500 Anbieter auf der Techtextil repräsentieren das gesamte Spektrum technischer Textilien und Vliesstoffe. Einen deutlichen Zuwachs verzeichnen Anbieter von Technologie sowie Fasern und Garnen. Stark vertreten sind zudem Anbieter von Geweben, beschichteter Textilien sowie funktionaler Bekleidungstextilien.
Textile Pharmalösungen
Als Nahtmaterial, Mundschutz oder Verbandszeug gehören Textilien zum Klinikalltag wie Ärzte und Instrumente. Doch textile Materialien kommen immer häufiger auch bei der Gewebezüchtung (Tissue Engineering) und gezielten Wirkstofffreigabe (Drug Release Systems) zum Einsatz. Zu letzterem präsentiert die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa aus St. Gallen (Schweiz) auf der Techtextil in Frankfurt/Main eine spezielle Membran aus Polymer-Nanofasern. In sie lassen sich Schmerzmittel, Antibiotika, Antioxidantien oder Kräuterextrakte einarbeiten. Das Besondere: Die Abgabe der Wirkstoffe kann über äußere Reize wie Licht, Temperatur oder biochemische Prozesse erfolgen. „Wir wollen mit der intelligenten Abgabe von Wirksubstanzen die Effizienz der Anwendung auch bei kleineren Konzentrationen verbessern“, beschreibt Empa-Forscher Giuseppino Fortunato das Ziel der textilen Pharmaforschung. Die derzeit noch auf Labor- und Pilotanlagen hergestellte Polymer-Membranen sollen künftig in größeren Mengen auf Industrie-Anlagen produziert werden.
Nachhaltigkeit weiter voranbringen
Auch das Thema Nachhaltigkeit wird in Frankfurt eine Rolle spielen. So stellt der Entwicklungsdienstleister „imat-uve“ aus Mönchengladbach ein neues, ressourcensparendes Verfahren zur Herstellung von Sitzbezügen und Dekorteilen für den Fahrzeuginnenraum vor. Laut Unternehmensangaben wurde dazu gemeinsam mit dem Partner Trevira (Guben, Deutschland), einem der marktführenden Hersteller von Polyestergarnen, erstmals die 3D-Flachstricktechnologie für den automobilen Innenraum einsetzbar gemacht. Bei dem Verfahren, das einer strikten Zero-Waste-Strategie folgen soll, kommen recycelte Polyestergarne zum Einsatz. „Das ist ein Meilenstein der nachhaltigen On-Demand-Produktion“, sagt imat-uve-Geschäftsführer Dr. Hans Peter Schlegelmilch
Alternativen zu herkömmlichen Textilhilfsmitteln, darunter fluorfreie Ausrüstungsmittel für die Funktionalisierung und biologisch abbaubare Nähgarn-Avivagen, wird die Textilchemie Dr. Petry aus Reutlingen (Deutschland) präsentieren. Der Hersteller von Hilfsmitteln für die Textilveredlung, Vorbehandlung und Beschichtung verfolgt damit das Ziel, „die Nachhaltigkeit in der Textilindustrie zu fördern“, so Rudi Breier, Leiter Forschung und Entwicklung bei Dr. Petry.
Biobasierte Kunstfaseralternativen
Auf dem erstmals stattfindenden Techtextil-Forum (Teilnahme kostenlos, Messehalle 4.1), das das bekannte Messe-Symposium ablöst, werden ebenfalls faserbasierte Neuheiten und Entwicklungen rund um das Thema Nachhaltigkeit vorgestellt. So wird die traditionsreiche Chemiefasertagung Dornbirn-GFC (Österreich) einen Vortragsblock unter dem Titel „Nachhaltige Faserinnovationen und -applikationen“ gestalten. Dort berichten internationale Experten aus Industrie und Forschung über neueste Nachhaltigkeitsansätze. Zu ihnen gehört Friedrich Suchomel vom österreichischen Faserhersteller Lenzing. Er wird über die Herstellung von Autositzbezügen aus Lyocell- und spinngefärbten Modal-Fasern aus dem Hause Lenzing sprechen. „Wir haben natürliche und atmungsaktive Faser-Alternativen zu Polyester entwickelt, die die hohen Anforderungen der Automobilindustrie erfüllen“, sagt Suchomel. Lenzings Lyocell-Faser wird nach der unternehmenseigenen Refibra-Technologie produziert, die besonders nachhaltig sein soll, weil neben Holz als Rohstoff auch Abfälle aus Baumwollbekleidung verwendet werden. Erste Autohersteller setzen die nachhaltigen Fasern bereits ein.