Die Geschäfte der chemisch-pharmazeutischen Industrie verliefen im ersten Halbjahr 2018 erfreulich, aber die Perspektive für den Rest des Jahres ist verhaltener. Wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in seiner Halbjahresbilanz berichtet, erhöhte sich der Umsatz von Januar bis Juni 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 5,5 % auf gut 100 Mrd. Euro. Die Produktion der drittgrößten Branche in Deutschland legte insgesamt um 5 % zu. Nicht alle Sparten konnten von der guten Wirtschaftslage gleichermaßen profitieren, stellt der VCI fest: Während Spezialchemikalien ein Produktionsplus von 4,5 und Pharmazeutika sogar von über 11 % erzielten, legte die Produktionsmenge bei Petrochemikalien und Polymeren nur um 1,5 % zu. Die Zahl der Beschäftigten erhöhte sich leicht auf 455 200 Mitarbeiter.
Die Geschäftserwartungen der Branche haben sich inzwischen etwas eingetrübt. Die Unternehmen blicken weniger optimistisch in die Zukunft als noch zu Jahresbeginn, so der VCI. Wirtschaftliche und politische Risikofaktoren häuften sich. Die Gefahr eines globalen Handelskrieges zwischen den USA, China und der EU, die Folgen eines harten Brexits und die stürmische Ölpreisentwicklung gäben wenig Anlass, auf eine Fortsetzung des Aufschwungs zu hoffen. „Das Tempo des Wachstums hat nachgelassen, gleichzeitig haben die konjunkturellen Risiken zugenommen. Der Gegenwind wird stärker,“ bewertete VCI-Präsident Kurt Bock die Lage der Branche.
In Erwartung einer schwächeren zweiten Jahreshälfte geht der VCI für das Gesamtjahr 2018 von einem Produktionswachstum von 3,5 % aus. Bei einem höheren Preisniveau von 1 % dürfte der Umsatz der Branche um 4,5 % auf über 204 Mrd. Euro zulegen.
Dass die Einschätzung der Unternehmen für das zweite Halbjahr verhalten ausfällt, liegt aus Sicht des VCI auch daran, dass die Bundesregierung den wachsenden konjunkturellen Risiken keine positiven industriepolitischen Impulse für die Wirtschaft entgegensetzt. Vor allem beim Thema Innovation bestehe Handlungsbedarf. Deutschland brauche mehr Innovationstempo, so Bock, um in einer Welt globalen Wettbewerbs durch hochwertige Arbeitsplätze Wohlstand und Beschäftigung zu sichern. Dies scheint bei den politischen Prioritäten in Berlin aber immer mehr in den Hintergrund zu rücken,“ kritisierte der VCI-Präsident.
Dies treffe zum Beispiel auf die Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) zu, wie sie fast alle Industrienationen den Unternehmen gewähren, um ihre Innovationskraft zu stärken. VCI-Präsident Bock forderte die Bundesregierung auf, im Herbst einen konkreten Gesetzentwurf für eine steuerliche FuE-Förderung vorzulegen. „Die Glaubwürdig-keit politischen Handelns steht hier auf dem Spiel – nicht nur innerhalb unserer Branche,“ betonte er. Der finanzielle Gestaltungsspielraum des Bundeshaushalts sei durch die stark steigenden Steuereinnahmen in der Legislaturperiode so groß wie nie zuvor.