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Wie kann eine nachhaltige Transformation der Chemieindustrie gelingen?

Studie zum Industriestandort Deutschland und Update für Chemistry4Climate
Wie kann eine nachhaltige Transformation der Chemieindustrie gelingen?

Wie kann eine nachhaltige Transformation der Chemieindustrie gelingen?
Die Chemieindustrie steht vor der Herausforderung einer nachhaltigen Transformation Bild: BMH-Production – stock.adobe.com

Trump wurde erneut zum US-Präsidenten gewählt und die deutsche Regierungskoalition zerbricht. Was bedeutet das für den Industriestandort Deutschland? Auf der einen Seite drohen evtl. hohe Zölle für Exporte in die USA, auf der anderen Seite herrscht Stillstand bei der Modernisierung der Infrastruktur und bei der Förderung wichtiger Investitionen in eine klimaneutrale Transformation. Wie kann dennoch eine nachhaltige Transformation der energieintensiven Chemie- und Pharmaindustrie gelingen und was bedeutet das für die zukünftigen Bedarfe an Strom und Wasserstoff?

Genau zum richtigen Zeitpunkt kommt nun die Studie zum Industriestandort Deutschland von Christiane Kellermann, Henrik Meincke, Jochen Renz vom VCI und Andreas Gocke, Torsten Kurth, Marcus Morawietz, Madjar Navah von der Boston Consulting Group (BCG). Die Studie beleuchtet die aktuellen Herausforderungen und Handlungsoptionen der Chemie- und Pharmaindustrie in Deutschland. Diese beiden Branchen haben eine große Relevanz für Wohlstand und die nachhaltige Transformation des Industriestandorts.

Laut Studie bleibt auch für die Chemie- und Pharmaindustrie die digitale und nachhaltige Transformation die größte Herausforderung. Sie erfordert von den Unternehmen umfangreiche Innovationen und Investitionen, die sich aber unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nur sehr schwer realisieren lassen. Zwar verfüge Deutschland noch über eine starke und wettbewerbsfähige Chemie- und Pharmaindustrie – das belegt u. a. deren führende Rolle bei den Exporten und dem deutschen Außenhandelsüberschuss –, aktuell sehe sie sich jedoch mit Themen konfrontiert, die die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland nachhaltig erschweren. Zu den drängendsten Herausforderungen zählten bürokratische Hürden, hohe Produktionskosten, geopolitische Spannungen, die die Lieferketten beeinträchtigen, sowie der zunehmende Fachkräftemangel.

Die Studie empfiehlt, die Transformation der chemisch-pharmazeutischen Industrie durch eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Industrielandes Deutschland zu unterstützen. Die vorliegenden Ergebnisse und Empfehlungen beruhen auf den Erkenntnissen einer gemeinsamen Umfrage des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) und der Boston Consulting Group (BCG). Sie stützen sich auf vier zentrale Hebel: Stärkung des Innovationsstandorts, Aufwertung des Produktionsstandorts, Absicherung der Wertschöpfungskette sowie Sicherstellung der Fachkräfteverfügbarkeit in der Chemie- und Pharmaindustrie.

Nun ist die Politik an der Reihe, die richtigen Hebel zu setzen, um ein abwandern der energieintensiven Branchen zu verhindern. Dass die Verlagerung bereits im Gange ist, zeigt der aktualisierte Chemistry4Climate-Bericht.

Update für Chemistry4Climate

18 Monate nach Vorlage des Abschlussberichts von Chemistry4Climate, hat der VCI zusammen mit dem VDI ein Update erstellt. Das Projekt Chemistry4Climate hatte eine Laufzeit von zwei Jahren (Mai 2021 bis Mai 2023). Mitten in diese Zeit fiel die Energiepreiskrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, deren Auswirkungen zwar bei der Erarbeitung der qualitativen Schlussfolgerungen und Empfehlungen (Kapitel 4 des Abschlussberichts), nicht aber bei den quantitativen Aussagen im Fact Finding (Kapitel 2) und den Szenarien (Kapitel 3) berücksichtigt werden konnten.

Chemistry4Climate hatte daher seine Diskussionen auf der grundlegenden Annahme geführt, dass es „im Zuge der Transformation der deutschen chemischen Industrie zu keinen disruptiven Verlagerungen von Produktionskapazitäten in andere Weltregionen kommt. Krisenbedingte Änderungen von Produktionsmengen werden ebenfalls nicht in Betracht gezogen.“

Nachdem nunmehr die aktuellen Statistiken vorliegen, kann der Bericht jetzt eine Antwort auf die Frage geben, welche quantitativen Auswirkungen die Energiepreiskrise, verschlechterte Standortbedingungen und die daraus resultierenden Anpassungsprozesse auf die Transformationsanstrengungen der deutschen chemischen Industrie hat bzw. haben wird.

Reduzierte Bedarfe an Strom und Wassertoff

Seit Veröffentlichung des Abschlussberichts stellte sich oft die Frage, welche Bedarfe, insbesondere an Strom und Wasserstoff, eine geschwächte chemische Industrie noch habe. Die Diskussion wurde dabei oft am Beispiel von Ammoniak geführt, insbesondere da dies als maßgebliches Wasserstoffderivat künftig im Zentrum der Überlegungen der Transformation – nicht nur der chemischen, sondern auch zahlreicher anderer Industrien sowie der Energiewirtschaft steht:

So lagen die Produktionsmengen für Ammoniak in Deutschland im Jahr 2020 noch bei 3,1 Mio. t. Durch die der Studie zugrunde liegenden Annahmen (vgl. Tabelle 1, Seite 15 Langfassung Abschlussbericht Chemistry4Climate) mit u. a. einem Negativwachstum von 0,5%/a für die Basischemie hatte Chemistry4Climate demnach eine Produktionsmenge von 2,7 Mio. t für das Jahr 2045 prognostiziert und anhand dieser Mengen die entsprechenden Bedarfe (Strom, Wasserstoff, etc.) abgeleitet.

Ausgelöst durch die Energiepreiskrise hatten sich die Produktionsmengen des erdgasintensiven Ammoniaks in Deutschland allerdings bereits auf 2,13 Mio. t (2022) bzw. 2,08 Mio. t (2023) reduziert. Der tatsächliche Produktionsrückgang fiel damit um das 2,5-fache höher aus als ursprünglich angenommen; und das in einem erheblich kürzeren Zeitraum.

Wie in der ursprünglichen Chemistry4Climate Studie sind hierin nur die für die Chemieproduktion erforderlichen Grundchemikalien, nicht der potenzielle zusätzliche Bedarf für die Umstellung von Prozessrouten berücksichtigt. Als neue Basisdaten wurden die durchschnittlichen Produktionsvolumina der Jahre 2022 und 2023 herangezogen, um für ggfs. lediglich in einem der beiden Jahre auftretende Sondereffekte zu korrigieren. Die restlichen Annahmen aus Chemistry4Climate wurden unverändert auch für das Update übernommen. Das betrifft zum einen das Zieljahr 2045, die Entwicklung im Bereich der Energieeffizienz sowie die Effizienz der Wasserstoffelektrolyse (70 %), zum anderen aber insbesondere die Annahmen zur Entwicklung der Produktionsvolumina, die weiterhin mit -0,5 %/a für die Basischemie und mit +1,1 %/a für die Spezialchemie angenommen wurden. Das Update geht insofern nicht von einer Erholung der chemischen Industrie im Anschluss an den disruptiven Rückgang aus. Im Ergebnis verdeutlichen die Daten den Produktionsrückgang bei den Basischemikalien, darunter einen teils erheblichen Rückgang bei Methanol (-40 %), Ammoniak (-32 %) und Chlor (-26 %).

Autorin: Daniela Held, Redakteurin

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