Verpackungen benötigen immer weniger Material und Rohstoffe. Dennoch steigt der jährliche Verpackungsverbrauch an. Wie eine aktuelle Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GMV) aus Anlass des 8. Tags der Verpackung zeigt, konnten im Jahr 2020 in Deutschland durch verringerten Materialeinsatz 92 % bzw. 1,6 Mio. t des konsumbedingten Verpackungsmehraufwands im Vergleich zu 1991 eingespart werden. Insgesamt belaufen sich die Materialeinsparungen durch leichtere Verpackungen seit 1991 auf 23 Mio. t.
Dass der Verpackungsverbrauch im gleichen Zeitraum dennoch gewachsen ist, liegt am gestiegenen Konsumniveau und einem veränderten Konsumverhalten. Würden wir heute noch die gleiche Anzahl an Produkten konsumieren wie vor 30 Jahren, könnten wir pro Jahr auf 1,7 Mio. t Verpackung verzichten.
Neben der gestiegenen Anzahl konsumierter Produkte haben auch Struktureffekte und soziodemografische Faktoren zu einem Mehrbedarf an Verpackungsmaterial geführt. Aspekte wie eine gestiegene Zahl kleinerer Haushalte und die vermehrte Nachfrage nach kleineren Packungsgrößen haben mit weiteren 0,9 Mio. t zur Zunahme des Verpackungsverbrauchs beigetragen.
In der Summe von gestiegenem Konsumniveau, veränderter Konsumstruktur und abzüglich der Effizienzgewinne durch optimierte Verpackungen nahm der private Endverbrauch von Verpackungen über alle Materialien von 1991 bis 2020 um 1,04 MilMio. t bzw. 14 % auf 8,7 Mio. t zu.
Die Studie der GVM entstand im Mai 2022 im Auftrag des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi), der Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt e.V. (AGVU), des Fachverbands Faltschachtel Industrie e. V. (FFI), der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. (IK) und des Industrieverbands Papier- und Folienverpackungen e. V. (IPV).
Konsumverhalten auf den Prüfstand stellen
Kim Cheng, Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts e. V., kommentiert: „Es ist ein bisschen wie bei Hase und Igel. Die Branche hat die Verpackungen in den letzten 30 Jahren kontinuierlich immer leichter und schlanker gemacht. Aber jeder Fortschritt wird vom wachsenden Konsum gleich wieder aufgefressen. Natürlich zahlen sich die gewaltigen Effizienzgewinne der letzten Jahre aus – im Hinblick auf Umwelt und Klima, aber auch im Hinblick auf die aktuell extrem steigenden Preise und Knappheiten bei Rohstoffen. Klar ist aber auch, dass man Verpackungen nicht unendlich weiter verschlanken kann. Denn an erster Stelle steht der Schutz der verpackten Ware, die einen vielfach höheren Wert und ökologischen Fußabdruck hat als ihre Verpackung. Bei Lebensmitteln ist der Fußabdruck beispielsweise um das 16- bis 30-Fache größer. Diese Ressourcen gilt es zu schützen. Die Verpackungswirtschaft setzt deshalb bereits seit einigen Jahren massiv auf Lösungen für die Kreislaufwirtschaft wie beispielsweise die vollständige Recyclingfähigkeit, den Einsatz von Rezyklaten, Mehrweg- und Nachfülllösungen oder immer neue Anwendungsgebiete für Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen. Trotzdem müssen wir unser Konsumverhalten auf den Prüfstand stellen. Als Konsumentinnen und Konsumenten sind wir die Hauptverursacher für die Zunahme des Verpackungsverbrauches. Wenn wir weniger Verpackungen wollen, müssen wir das ändern. Konsumgewohnheiten und Konsumniveau sind unmittelbar mit dem Verpackungsaufkommen verknüpft. An einer breiteren Konsumdebatte kommen wir nicht vorbei.“
Vermehrter Einsatz von Sekundärrohstoffen gefordert
Laut Dr. Carl Dominik Klepper, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e. V., belegt die Studie die Fortschritte in der Verpackungsgestaltung, insbesondere durch einen mehr und mehr reduzierten Ressourceneinsatz. „Das nächste Etappenziel ist die Recyclingfähigkeit aller Verpackungsbestandteile und der vermehrte Einsatz von Sekundärrohstoffen, sodass nur noch geringe Mengen an Neuware in der Produktion notwendig sind. Klar ist auch: Um im Klima- und Ressourcenschutz wirklich voranzukommen, braucht es ein achtsames Konsumverhalten“, so Dr. Klepper.
Alle Akteure an der Diskussion beteiligen
Nach den Worten von Mara Hancker, Geschäftsführerin der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V., bilden Produkt und Verpackung eine Einheit. „Die Verpackung einfach wegzulassen, macht unseren Konsum nicht nachhaltiger; meist ist sogar das Gegenteil der Fall“, sagt Hancker. „Aber natürlich“, so Hancker weiter, „ermöglichen Verpackungen auch neue Formen des Konsums wie beispielsweise To Go. Umso wichtiger ist, dass sich alle Akteure in der Diskussion ehrlich machen. Je mehr Fakten wir kennen, desto bewusster können wir entscheiden. Mit der gemeinsamen Studie zu Konsumgewohnheiten, Materialeffizienz und Verpackungsmengen wird der oft nur auf den Abfall verengte Blick geöffnet. Aus den Ergebnissen können wiederum alle ihre Schlüsse ziehen: Industrie, Handel und Verbraucher. Denn auch das zeigt die Studie: Es gibt nicht den einen Game Changer – Klimaschutz ist auch das Ergebnis verantwortungsbewusster Entscheidungen jedes Einzelnen. Dazu gehören auch unser Lebenswandel und insbesondere unser Konsumverhalten.“
Kreislauffähigkeit von Verpackungen steigern
Wie Christian Schiffers, Geschäftsführer des Fachverbands Faltschachtel Industrie e. V. ausführt, belegt die GVM-Studie „die Ursachen für den Verpackungsmehrverbrauch in den letzten drei Jahrzehnten“. Die demographischen Veränderungen führen laut Schiffers zum Beispiel zu immer mehr kleineren Haushalten und die auch arbeitsmarktpolitisch bedingte Mobilität der Gesellschaft zu einem erweiterten Angebot sowie einer größeren Nachfrage nach verbrauchergerechter und hygienischer Unterwegsversorgung. Schiffers: „Durch kontinuierliche Lightweighting-Programme zur Reduzierung des spezifischen Gewichts von Kartonverpackungen konnte der Mehrverbrauch an Verpackungen erfolgreich, aber eben nur zum Teil kompensiert werden. Umso mehr gilt es durch den Einsatz von Rezyklaten und die Steigerung der Recyclingfähigkeit die Kreislauffähigkeit von Verpackungen insgesamt zu steigern, um so das Klima und die natürlichen Ressourcen zu schützen.“
Optimierung von Verpackungen allein reicht nicht
Karsten Hunger, Geschäftsführer Industrieverband Papier- und Folienverpackung e.V., kommentiert die Studie wie folgt: „Für das technische Design von Verpackungen gilt der Grundsatz – so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Diesem Ansatz folgt die Branche bereits seit langem mit immer neuen Optimierungen. Die vorliegende Studie beweist das eindrucksvoll. Gleichzeitig wandelt sich das gesamte Umfeld des Verpackungseinsatzes, sei es die Bevölkerungsstruktur, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse oder das Konsumverhalten. Die daraus folgenden veränderten Mengen an Produkten und Verpackungen konnten und können allein durch die Optimierung von Verpackungen nicht vollständig kompensiert werden. Daher sind alle Akteure entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Verbraucher dazu aufgerufen das eigene Handeln und Entscheiden stetig auf die Nachhaltigkeit hin zu überprüfen.“
Detailergebnisse für Materialien, Produktgruppen und Effekte
Die GVM-Studie stammt vom Mai 2022. Sie untersucht die Entwicklung des Gesamtverbrauchs von Verpackungen und schlüsselt sie in die drei Faktoren Mengeneffekte (Konsumniveau), Struktureffekte (Konsumgewohnheiten) und Gewichtseffekte (Verpackungsoptimierungen) auf.
Darüber hinaus gibt die Studie detaillierte Einblicke zu den Materialgruppen Glas; Papier, Pappe, Karton, Papierverbunde, Flüssigkeitskarton; Kunststoff; Aluminium sowie Eisenmetall und stellt die Entwicklung bei sechs ausgesuchten Produktsegmenten dar: Heimtierfutter, Einweg-Kunststoffflaschen für Wasser, Konserven für verarbeitetes Obst und Gemüse, Molkereiprodukte, Wasch-, Putz- und Körperpflegemitteln und Elektrogeräte.
Die fünf Branchenverbände zeigen zentrale Erkenntnisse und Detailergebnisse der GVM-Studie auf der Webseite verpackung.org.