Die Anuga Foodtec hat sich in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu behaupten. Herr Schlüter, wird die wichtigste Zuliefermesse für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie in diesem Jahr Ihren Erwartungen gerecht?
Hohe Ableitfähigkeit, sehr gute Fließfähigkeit, niedrige Viskosität – und jetzt mit FDA-Zulassung: RAMPF Advanced Polymers hat sein leistungsstarkes...
Matthias Schlüter: Ja, die Erweiterung unserer Ausstellungsfläche um fast 50 % gegenüber 2022 demonstriert eindrucksvoll das Engagement der Branche und betont die essenzielle Rolle der Anuga Foodtec. Zahlreiche namhafte Unternehmen, die sich 2022 eine Auszeit genommen hatten – darunter Schwergewichte wie Weber, Ulma und Sealpac – kehren in diesem Jahr zu uns zurück. Außerdem freuen wir uns, dass Branchengrößen wie Kuka und SIG Combibloc nach mehrjähriger Pause wieder an der Messe teilnehmen.
Unser vorrangiges Ziel ist es aber, die Erwartungen unserer Besucherinnen und Besucher nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen. Wir gestalten die Messe als eine zukunftsorientierte Plattform, die Innovation, Nachhaltigkeit und Effizienz in den Mittelpunkt stellt. Mit etwa 1350 Ausstellern, von denen 60 % aus dem internationalen Raum kommen, ist die Anuga Foodtec auch weiterhin als der Treffpunkt schlechthin für bahnbrechende Lösungen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie etabliert.
Worauf dürfen sich die Besucher in 2024 besonders freuen?
Schlüter: Da die Durchschnittsfläche der Aussteller nochmals gestiegen ist, d. h. die Aussteller noch mehr Maschinen mitbringen, dürfen sich die Besucherinnen und Besucher auch auf noch mehr Exponate freuen. Sehr viele davon werden in Betrieb genommen. Unser längstes Exponat ist übrigens 37 m lang!
Was sind die Top-Themen der Messe?
Schlüter: Die aktuellen Herausforderungen und Innovationen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie stehen im Mittelpunkt der Messe. Von Themen wie Energieeffizienz, robuste Lieferketten und Industrie 4.0 bis hin zu nachhaltigen Verpackungslösungen und der Erforschung alternativer Proteinquellen, einschließlich der spannenden Entwicklung von kultivierten Lebensmitteln wird ein breites Themenfeld abgedeckt. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit den drängenden Fragen der Branche, wie die Digitalisierung und die Förderung der Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion umgesetzt werden können und wie man dem Fachkräftemangel begegnet. Für diese Themen werden konkrete Lösungsansätze und Innovationen vorgestellt.
Darüber hinaus laden die vielfältigen Veranstaltungen zum branchenübergreifenden Dialog ein und bieten umfangreiche Netzwerkmöglichkeiten. Mit innovativen Automatisierungslösungen und dem Careers Day werden zudem neue Wege aufgezeigt, um junge Talente für die Branche zu begeistern und ihnen Karrieremöglichkeiten aufzuzeigen. Kurzum, die Anuga Foodtec 2024 verspricht ein umfassendes Erlebnis mit einem tiefen Einblick in die Zukunft der Lebensmittel- und Getränkeindustrie zu werden.
Welches Thema steht für Sie persönlich im Mittelpunkt?
Schlüter: Ein Thema treibt mich an und das ist „Verantwortung“. Unsere Branche ist für ca. 20 % des weltweiten Energie- und Frischwasserverbrauchs verantwortlich, während eine beträchtliche Menge der produzierten Lebensmittel weggeschmissen werden. 800 Millionen Menschen leiden immer noch täglich an Hunger, während ebenfalls rund 800 Millionen Menschen an Übergewicht oder sogar Fettleibigkeit leiden. Millionen von Menschen arbeiten in unserer Industrie. Es wird glaube ich gut deutlich, wie viel Verantwortung wir als Ganzes für unsere Gesellschaft haben. Wenn jeder von uns ein bisschen besser, ein bisschen nachhaltiger, ein bisschen sozialer handelt, machen wir gemeinsam einen riesigen Unterschied. Für die diesjährige Anuga Foodtec haben wir daher das Thema „Responsibility“ als Leitthema ausgewählt. Eine Plattform hierfür bereit zu stellen ist mein persönliches Highlight.
Verantwortung bedeutet auch Nachhaltigkeit. In welchen Ausstellungsbereichen spiegelt sich diese Thema wider?
Schlüter: Nachhaltigkeit zieht sich durch alle Ausstellungsbereiche. Gemeinsam wollen wir der Frage nachgehen, wie die Lebensmittelbranche die Zukunft der Produktion gestalten kann, um unser Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten und die weltweite Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auf der Messe zeigen zahlreiche Aussteller, wie man weniger Energie benötigt, Abwärme nutzen oder Wasser als Prozesswasser mehrfach im Unternehmen verwenden kann. Außerdem finden Sie Lösungen zur Reformulierung, zu Plant Based Food oder zu Cultivated Food, also ganz viele Möglichkeiten, um als Unternehmen künftig unserer gemeinsamen Verantwortung noch mehr gerecht zu werden.
Im Bereich Verpackung sind nachhaltige Verpackungslösungen groß im Trend. Hierzu zählen beispielsweise Konzepte, die Produkte ohne Konservierungsstoffe bei Raumtemperatur haltbar machen und Energieeinsparungen ermöglichen. Auch Lebensmittelsicherheit und Qualitätskontrolle prägen die Branche. Natürlich stehen auch grüne Lösungen und Umweltverantwortung im Fokus.
Welche Aufgabe hat die Automatisierungstechnik für die Zukunft der Lebensmittelindustrie?
Schlüter: Arbeitskräftemangel, die Herausforderungen an den Energiemärkten und strenge Umweltauflagen machen effiziente Produktionsprozesse zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Viele Kernprozesse müssen neu durchdacht werden, um die Nachhaltigkeitsziele mit der zunehmenden Produktvielfalt am Point of Sale zu vereinen. Um besser zu werden, muss ich erstmal meinen eigenen Prozess komplett verstehen. Dafür muss ich viel messen und damit natürlich auch automatisieren. Mit unserem Bereich Automation & Digitalization finden die Besucherinnen und Besucher in der Halle 7 alle Lösungen zu diesem Themenkomplex.
Wie schätzen Sie den Einfluss von künstlicher Intelligenz für die Branche ein? Wo sehen Sie Einsatzfelder?
Schlüter: Der Einfluss künstlicher Intelligenz (KI) auf die Lebensmittelindustrie ist bedeutend und wächst stetig. KI ermöglicht eine Vielzahl von Anwendungen, die von der Optimierung der Produktionslinien über die Verbesserung der Lebensmittelsicherheit bis hin zur Effizienzsteigerung in den logistischen Prozessen reichen. Einsatzfelder sehe ich insbesondere in der vorausschauenden Wartung von Maschinen, der Optimierung der Produktinspektion und der digitalen Transparenz entlang der gesamten Lieferkette, von der Farm bis zum Teller. Diese Technologien können dazu beitragen, Ausfallzeiten zu minimieren, die Qualitätssicherung zu verbessern und den Energieverbrauch zu optimieren.
Zudem eröffnet KI Möglichkeiten zur Automatisierung von Prozessen, die bisher manuell durchgeführt wurden, und unterstützt Mitarbeiter durch fundiertere Entscheidungsfindungen. Trotz der Potenziale sind mit der Implementierung von KI auch Herausforderungen verbunden, insbesondere hinsichtlich der Datenqualität und der Notwendigkeit menschlicher Überwachung. Insgesamt ist der Einfluss von KI auf die Lebensmittelindustrie als revolutionär zu betrachten, mit einem breiten Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten, die es zu erkunden und zu nutzen gilt.
Welche Aufgaben übernehmen Roboter heute und zukünftig in der Lebensmittelindustrie? Was können wir schon heute auf der Messe sehen?
Schlüter: Roboter treiben die digitale Transformation in der Lebensmittelindustrie voran und sind aus einer modernen Lebensmittel- oder Getränkeproduktion nicht mehr weg zu denken. Da sie repetitive und körperlich belastende Arbeit mit erhöhtem Verletzungsrisiko übernehmen, stehen sie nicht nur bei großen, sondern auch bei kleinen und mittelständischen Lebensmittelproduzenten hoch im Kurs.
Ging es in der Vergangenheit vor allem um das Palettieren und Depalettieren sowie die Sekundärverpackung, kommen Roboter heute entlang der gesamten Wertschöpfungskette zum Einsatz. Dabei zählen bildverarbeitungsgesteuerte Pick-and-Place-Roboter zu den am stärksten wachsenden Robotik-Segmenten in der Lebensmittelindustrie. Und dank Edelstahlausführungen oder spezielle Lackierungen, die Verwendung FDA-zertifizierter Bauteile, innenliegende Medien- und Versorgungsleitungen sowie der Schutzklasse IP 69 kommen die Roboter selbst unter starker Feuchtigkeitsbeaufschlagung ohne zusätzlichen Schutzanzug aus. Abstrahlen mit heißem Wasser, Einschäumen mit Reinigungschemikalien und manuelles Bürsten stellen für sie kein Problem dar. Ihre Leserschaft kann sich also auf eine Vielzahl an Robotern freuen, die auf der Anuga Foodtec gezeigt werden. Viele von ihnen werden natürlich auch in Betrieb sein.
Produkte und Lösungen der Aussteller auf der Prozesstechnik-online-Anuga-Foodtec-Seite
Was hat sie dazu bewogen die Herstellung von Pet-Food ins Programm mit aufzunehmen?
Schlüter: Die Pet-Food-Branche hat nahezu die gleichen Anforderungen an ihre Zulieferer wie die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Viele Vertreter besuchen die Anuga Foodtec daher schon seit vielen Jahren. Auf der anderen Seite bieten viele Aussteller der Anuga Foodtec bereits jetzt eine breite Palette von Lösungen an, die gleichermaßen auf die Heimtierfutterbranche angewendet werden können. Die Unternehmen, die sich diesem Thema besonders verschrieben haben, präsentieren sich auf der Pet Food Zone. In Summe präsentieren knapp 400 Aussteller Lösungen für die Pet Food Branche.
Welches Rahmenprogramm erwartet die Besucher neben der Ausstellung?
Schlüter: Wir bieten dieses Mal nicht nur klassische Vorträge an, unsere Formate regen vielmehr zum aktiven Mitmachen an. Insgesamt steht das Veranstaltungsprogramm auch unter dem Leitthema Verantwortung.
Wenn ich aus der Vielzahl an Angeboten zwei herauspicken soll, dann lade ich Ihre weiblichen Leserinnen sehr herzlich zum Female Leadership Event am Mittwoch um 16:20 Uhr ein. Hier treffen sich Frauen, um über ihre Karrieren zu sprechen, sich über Herausforderungen auszutauschen und um wertvolle Tipps zu geben oder zu erhalten. Mit dabei sind u. a. die neugewählte Präsidentin der World Packaging Organisation Luciana Pellegrino aus Brasilien, Cheryl Rock von der California State University oder Rosemarie Oberschätzl-Kopp von Baywa.
Außerdem freue ich mich, dass es wieder ein umfangreiches Programm zum Thema Planted Based Food gibt. Alternative Proteine leisten einen wichtigen Beitrag zur Innovationslandschaft der Lebensmittel- und Getränke -Industrie und die Nachfrage nach ihnen ist ungebrochen. Ob Präzisionsfermentierung, Cultivated Food oder alternative Proteine in der Getränkeindustrie: das Thema wird aus allen Perspektiven beleuchtet. In Summe bieten wir an allen vier Tagen auf drei Bühnen ein spannendes Programm. Da ist für alle etwas dabei. Die Details finden Sie auf www.anugafoodtec.de
DAS INTERVIEW FÜHRTE FÜR SIE Daniela Held
Redakteurin
„Gemeinsam wollen wir der Frage nachgehen, wie die Lebensmittelbranche die Zukunft der Produktion gestalten kann, um unser Ernährungssystem nachhaltiger zu machen.“