Ziel des Kooperationsprojektes Tastino ist es, nachhaltige, regionale Wertschöpfungsketten für Hanfprotein zu etablieren. Im Rahmen des Bioökonomie Innovations- und Investitionsprogramms für den Ländlichen Raum (BIPL BW) fördert das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) das Vorhaben mit rund 1 Mio. Euro. Davon entfallen etwa 365 000 Euro auf die Universität Hohenheim.
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Die wachsende Weltbevölkerung, die zunehmende Verstädterung sowie das steigende Einkommensniveau führen weltweit zu einer verstärkten Nachfrage nach Fleisch und tierischen Lebensmitteln. Mit weitreichenden Folgen für die menschliche Gesundheit sowie Umwelt und Natur. „Abhilfe schaffen kann hier die Umstellung auf eine Ernährung mit überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln. Sie gilt nicht nur als gesünder, sie ist auch deutlich nachhaltiger“, sagt apl. Prof. Dr. Simone Graeff-Hönninger, Leiterin der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung an der Universität Hohenheim.
Gesundes und nachhaltiges Eiweiß aus regional angebautem Hanf
Schon heute verzichten aus gesundheitlichen, ökologischen sowie ethischen Gründen immer mehr Menschen auf den Konsum von tierischem Eiweiß. Sie greifen stattdessen verstärkt auf Produkte zurück, die aus pflanzlichem Protein hergestellt werden. Noch ist der Markt für diese Fleischersatzprodukte relativ klein. Doch Florian Pichlmaier, Managing Director von der Signature Products GmbH, sieht ihn als sehr stark wachsend an: „Derzeit hat der Spitzenreiter Europa einen Anteil von 40 % am weltweiten Gesamtmarkt für Fleischersatzprodukte und Fachleute schätzen, dass er im Jahr 2025 etwa 2,4 Mrd. Euro erreichen wird.“
Es braucht also neue pflanzliche Proteinquellen – und clevere Methoden, um sie zu erschließen. Zunehmend rückt dabei die sehr vielseitig nutzbare Hanfpflanze in den Mittelpunkt des Interesses. Dabei spielt ihre berauschende Wirkung keine Rolle: Nutz- oder Industriehanf ist praktisch frei von der psychoaktiven Substanz THC.
Im Projekt „Schnitzel, Hanftofu, Pasta & Co aus dem Reallabor Hanf – proteinbasierte Lebensmittel aus regionalem Hanfanbau“ (Tastino) möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und das Pforzheimer Unternehmen Signature Products nun Hanfsamen als neue Proteinquelle für die menschliche Ernährung erschließen.
„Die Samen weisen bis zu 25 % Protein auf, dessen Zusammensetzung der von Eiklar gleicht. Es enthält alle essentiellen Aminosäuren und weist damit eine hohe biologische Wertigkeit auf“, beschreibt Dr. Forough Khajehei, Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung, die Vorteile von Hanfprotein. „Es ist zudem leicht verdaulich und hat eine wünschenswerte, zähe, fleischähnliche Textur, die im Mund das Gefühl erzeugt, auf Fleisch zu beißen.“
Doch nicht jede Hanfsorte ist für jedes Produkt geeignet. Insgesamt testen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hohenheim auf den Versuchsflächen des Ihinger Hofs bei Renningen derzeit rund 20 Sorten. Dabei interessieren sie sich beispielsweise dafür, wie die idealen Anbaubedingungen aussehen müssen, ob die Pflanzen für Krankheiten anfällig sind oder wie hoch der Ertrag ist. Ihr spezielles Augenmerk gilt aber den Inhaltsstoffen der Samen, insbesondere der Proteinzusammensetzung und des Öles, und welche Hanfsorten für welche Produkte am besten geeignet sind.
Kooperation mit Hanfzulieferer
Die Wissenschaftlerinnen am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften der Universität Hohenheim kooperieren dabei mit einem der großen Hanfzulieferer in Europa, der zunächst in Form eines sogenannten Reallabors verschiedene Technologien oder Geschäftsmodelle unter realen Bedingungen erproben und zur Marktreife bringen wird.
Signature Products organisiert in Zusammenarbeit mit Landwirten, regionalen Verarbeitern, Vertretern der Gastronomie und des Lebensmitteleinzelhandels in Baden-Württemberg die vollständige regionale Wertschöpfungskette. So kümmert sich das Unternehmen um den gewerbsmäßigen Anbau des Hanfs, die Verarbeitung der Hanfsamen zu Protein und die Lebensmittelentwicklung sowie Abfüllung und Vertrieb.
Bereits jetzt beliefert das Unternehmen Großkunden mit Hanfsamen und Hanfproteinen. Die meisten Produkte, die derzeit noch aus Soja oder Erbsenprotein hergestellt werden, können zukünftig aus nachhaltig und regional hergestellten Hanfproteinen produziert werden. Da mittlerweile auch dessen Preis beispielsweise mit dem von Soja vergleichbar ist, sieht Florian Pichlmaier eine rosige Zukunft für die nachhaltige Pflanze.
Begleitforschung zu verschiedenen Fragestellungen
Letztendlich soll das Projekt helfen, regionale Stoffkreisläufe zu schließen und die starke Nachfrage nach hochwertigen, protein-basierten, regional erzeugten Lebensmitteln zu erfüllen. Ein weiteres Ziel ist es, die Selbstversorgungsfähigkeit der Bevölkerung in Baden-Württemberg zu steigern und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.
Parallel untersuchen die Forschenden auch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sowie die Akzeptanz der Produkte durch den Verbraucher oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Letztendlich sollen ihre Ergebnisse in Empfehlungen für politische Entscheidungsträger münden.