Wie für das Recycling gemacht: PET ist der einzige Kunststoff, der wiederaufbereitet den gesetzlichen Anforderungen an Lebensmitteltauglichkeit entspricht. Und während bei anderen Werkstoffen wie Polypropylen, Polyethylen oder Polystyrol der mit den üblichen Recyclingverfahren einhergehende Qualitätsverlust unumkehrbar ist, kann recyceltes PET immer wieder auf den Standard von Neumaterial gebracht werden.
Verluste im Wertstoffkreislauf
Es ist daher keine Überraschung, dass von den rund 477 000 t PET, die allein in Deutschland jährlich in die Produktion von Flaschen fließen, rund 93 % stofflich verwertet werden. Allerdings wird nur etwa ein Drittel davon erneut für Flaschen genutzt – der Rest wird für die Herstellung von Folien und vor allem Textilfasern verwendet. Das führt dazu, dass ein erheblicher Teil der Rohstoffe dem geschlossenen Flasche-zu-Flasche-Wertstoffkreislauf entzogen wird.
Recyceltes PET zu teuer
Hinzu kommt die Preisentwicklung: Während sich der Preis für sogenanntes virgines PET an den Kosten von Rohöl orientiert und von dessen derzeit niedrigem Marktpreis profitiert, sind die Kosten für recyceltes PET in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich gestiegen: Für rPET muss heute rund 20 % mehr gezahlt werden als für das Ursprungsmaterial
Furcht vor Qualitätseinbußen
Immer wieder taucht die Frage auf, ob das Mehrfachrecycling möglicherweise mit Qualitätseinbußen verbunden sei. Das ist nicht der Fall. Dank des Wiederaufbaus der Polymerketten müssen keine Abstriche bei der Materialqualität gemacht werden, sofern Additive vollständig abgetrennt werden können. Für hohe Qualitätsstandards sorgt hier unter anderem die European PET Bottle Platform (EPBP) mit ihren klaren Vorgaben und Zertifizierungen.
Flächendeckender Einsatz von rPET
Heute steht aus technischer Sicht einem flächendeckenden Einsatz hoher Anteile von wiederverwertetem PET nichts mehr im Wege. Eine immer größere Anzahl an Getränkeherstellern und Marken setzt sogar auf Flaschen aus 100 % Rezyklat. Wo das noch nicht der Fall ist, werden Selbstverpflichtungen veröffentlicht: Poland Spring, eine der größten Wassermarken in den USA, sowie Evian wollen bis 2025 100 % rPET verwenden. Die übrigen Marken von Danone Waters, Pepsi und Coca-Cola planen bis zu diesem Zeitpunkt die Einführung einer weltweiten Quote von 50 %.
Grauschleier als Qualitätsmerkmal
Ihr Ziel: Sie möchten, dass der leichte Grauschleier, der beim Mehrfachrecycling von PET-Flaschen auftreten kann, vom Konsumenten als Qualitätsmerkmal für eine nachhaltige Verpackung erkannt wird.
KHS beschäftigt sich seit 2012 mit rPET
Auch die KHS-Gruppe beschäftigt sich mit dem Einsatz von Rezyklat. Im Fokus des Serviceprogramms Bottles & Shapes steht dabei die praktische Anwendung auf den Streckblasmaschinen sowie auf allen Abfüll- und Verpackungslinien des Dortmunder Systemanbieters.
„Wir führen Untersuchungen durch, um recyceltes PET zu qualifizieren, damit wir den Kunden vorab sagen können, welchen Einfluss das Material auf die Blasmaschine und die Flaschenqualität hat“, erklärt Arne Wiese, Product Manager Bottles & Shapes bei KHS Corpoplast. Ziel sei es, die unterschiedlichen Qualitäten quantifizieren zu können.
Zusammenarbeit mit Preform-Herstellern
Dazu bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit den Preform-Herstellern. Schließlich sind sie häufig zugleich diejenigen, die die gewaschenen PET-Flakes oder rPET-Granulate thermomechanisch weiterverarbeiten und für den Spritzguss aufbereiten. „In Europa stehen wir diesbezüglich mit allen großen Kunststoffverarbeitern im Dialog“, betont Wiese. Und nicht nur das: Auch mit den Maschinenbauern für die Preform-Herstellung kooperiert KHS.
Anpassungen erforderlich
„Bei Rezyklat kann es von Charge zu Charge zum Beispiel zu Schwankungen in der Färbung kommen“, beschreibt Wiese eine der Herausforderungen. „Dunkleres Material nimmt Wärme besser auf. Für die geringere Heizleistung wird weniger Energie aufgewendet. Das macht zwar die Produktion effizienter, erfordert aber auch Anpassungen im Blasprogramm der Streckblasmaschine.“ Dafür sei eine Quantifizierung der Effekte unerlässlich, meint Wiese.
Intrinsische Viskosität steigt
Ein weiteres Beispiel ist die intrinsische Viskosität: „Je länger das Rezyklat unter Vakuum gekocht wird, desto länger werden die Polymerketten. Das heißt, dass die intrinsische Viskosität ansteigt und die Qualität sich verbessert. Dadurch entstehen Mehrkosten, die nicht jeder bereit ist auszugeben“, sagt Wiese. „In diesem Fall müssen wir Lösungen finden, das Material von unkritischen Stellen – wie im Fall von stillem Wasser dem Flaschenboden – zu kritischeren Zonen umzuverteilen.“
Materialverteilung präzise kontrollieren
In diesem Kontext punktet eine von KHS in Zusammenarbeit mit dem Inspektionstechnikhersteller Agr International entwickelte Technologie: Die Unit Mold Control, ein digitales und automatisiertes Regelungssystem, das die Blasstationen der InnoPET Blomax einzeln ansteuert. Es hilft, die Materialverteilung präziser zu kontrollieren, reduziert Variationen der Wandstärke um bis zu 30 % und verringert Qualitätsschwankungen im Streckblasprozess.
„Das ist gerade für den Einsatz von recyceltem PET relevant“, erklärt Frank Haesendonckx, Head of Technology bei KHS Corpoplast. „Hier kann die Materialqualität schwanken, was dazu führt, dass die Flasche bei abnehmendem Preformgewicht immer stärkere Materialschwankungen aufweist und instabiler wird.“ Das Unit-Mold-Control-System deckt im Rahmen einer kontinuierlichen Wanddickenmessung unerwünschte Materialverschiebungen auf und steuert automatisch dagegen.
Keine Argumente gegen rPET
„Es gibt es keine überzeugenden Argumente, die gegen eine Verwendung von recyceltem PET für Getränkeflaschen sprechen“, betont Wiese. Als einzig relevanten Unterschied zwischen virginem und wiederverwertetem Material lässt er die etwas dunklere Farbe gelten. Aber auch das sei eine Frage der Sortierung – und nur bei Wasserflaschen wirklich sichtbar. Bei der von KHS entwickelten Beyond-Juice-Saftflasche aus 100 % Rezyklat würde der Verbraucher den Unterschied im gefüllten Zustand weder optisch noch mechanisch merken.
KHS AG, Dortmund