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So bewertet die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Fleischersatzprodukte

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So bewertet die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Fleischersatzprodukte

So bewertet die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Fleischersatzprodukte
Dr. Kiran Virmani ist Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) Bild: DGE

Produkte auf der Basis von pflanzlichen Proteinen boomen. Welche Vorteile haben vegane Burger, Sojaschnitzel & Co.? Wo besteht aus ernährungsphysiologischer Sicht noch Verbesserungsbedarf? Und wie werden sich die Erwartungen der Verbraucher in den nächsten Jahren entwickeln? prozesstechnik-online.de hat bei der Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) Dr. Kiran Virmani nachgefragt.

Frau Dr. Virmani, welche ernährungsphysiologischen Vorteile bieten Fleischersatzprodukte aus alternativen Proteinquellen?
Dr. Virmani: Tendenziell haben Fleischersatzprodukte im Vergleich zu den tierischen Pendants eine günstigere Zusammensetzung in Hinblick auf Gesamtenergie-, Fett- und Zuckergehalt sowie gesättigte Fettsäuren. Viele dieser Fleischalternativen werden auf Basis pflanzlicher Proteine wie Soja- oder Erbsenprotein produziert und stellen so eine qualitativ hochwertige Proteinquelle dar. Grundsätzlich kann sich eine Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel positiv auf die Gesundheit auswirken. Wer viel rotes Fleisch und Wurst isst, hat beispielsweise ein höheres Risiko für Darmkrebs, sodass eine Verringerung des Verzehrs positiv zu bewerten ist, wenn Fleischersatzprodukte im Rahmen einer vollwertigen, abwechslungsreichen Ernährung in moderatem Umfang verzehrt werden.

Und welche Nachteile stehen dem gegenüber?
Dr. Virmani: Fleischersatzprodukte sind teilweise hoch verarbeitete Lebensmittel, die oft hohe Gehalte an Zucker, Speisesalz und Fett aufweisen und auch viele Zusatzstoffe enthalten können. Daher kann man sie nicht pauschal als ernährungsphysiologisch günstig einstufen.

Eignen sich Fleischersatzprodukte, um bei einer veganen Ernährung Defizite von einzelnen Nährstoffen auszugleichen?
Dr. Virmani: Kritische Nährstoffe bei einer veganen Ernährung sind Proteine, Omega-3-Fettsäuren, die Vitamine D, B2, B12 sowie die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Am kritischsten ist die Vitamin-B12-Versorgung. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine ausreichende Versorgung bei veganer Ernährung nur durch die Einnahme eines Nährstoffpräparates möglich. Weitere Nährstoffpräparate sollten nur dann verwendet werden, wenn der Bedarf einzelner Nährstoffe über die Ernährung nicht gedeckt werden kann bzw. eine unzureichende Versorgung festgestellt wurde. Fleischersatzprodukte können vor allem zur Proteinversorgung beitragen. Der Proteingehalt liegt teilweise etwas über oder unter dem der vergleichbaren tierischen Produkte. Dagegen ist der Beitrag an weiteren kritischen Nährstoffen eher gering, da Öle mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren wie Lein-, Walnuss- oder Rapsöl bei der Herstellung dieser Produkte kaum eingesetzt werden. Die langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäure Docosahexaensäure wird bislang gar nicht in Fleischersatzprodukten verwendet. Auch Zutaten, die Vitamin D, Calzium und Eisen enthalten, werden kaum eingesetzt. Jod- und Meersalz werden dagegen häufiger in Fleischersatzprodukten eingesetzt und können so einen Beitrag zur Jodversorgung leisten. Insofern tragen Fleischersatzprodukte – mit Ausnahme von Protein und Jod – eher in geringem Umfang zu einer Versorgung mit kritischen Nährstoffen bei.

Gibt es auch Fleischersatzprodukte, denen Nährstoffe zugesetzt werden?
Dr. Virmani: Teilweise sind vegane Fertig- oder Ersatzprodukte mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert und können dadurch einen Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Die zugesetzte Verbindung sowie die Bioverfügbarkeit der Nährstoffe sind aber vielfach unklar und die zugesetzte Menge innerhalb einer Produktgruppe kann stark variieren.

Welchen Verbesserungsbedarf sehen Sie bei den Rezepturen?
Dr. Virmani: Mit optimierten Rezepturen könnten Ersatzprodukte mehr gesundheitliche Vorzüge gegenüber Fleischerzeugnissen entfalten. Das gilt insbesondere für den hohen Salzgehalt, bei konventionellen Fleischersatzprodukten auch für den Einsatz von Aroma- und Zusatzstoffen. Eine Rezepturverbesserung im Hinblick darauf, dass Fleischersatzprodukte stärker zur Versorgung mit kritischen Nährstoffen bei einer veganen Ernährung beitragen, wäre sinnvoll.

Wie bewerten Sie Fleischersatzprodukte hinsichtlich Ressourcenverbrauch und klimaschädlicher Emissionen?
Dr. Virmani: Die DGE empfiehlt eine überwiegend pflanzliche Ernährungsweise – diese belastet die Umwelt und das Klima weniger als die in Deutschland durchschnittlich übliche Ernährungsweise. Bei der Produktion pflanzlicher Lebensmittel ist der Verbrauch von Ressourcen und der Ausstoß schädlicher Treibhausgase niedriger als bei der Produktion tierischer Lebensmittel. So kann eine abwechslungsreiche Ernährung mit überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln einen großen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten.

Schneiden Fleischersatzprodukte in Bio-Qualität hinsichtlich der Inhaltsstoffe und der Umweltbilanz besser ab?
Dr. Virmani: Bio-Produkte sind günstiger zusammengesetzt, denn sie enthalten meist weniger Zusatzstoffe. Außerdem berücksichtigt der Bio-Landbau stärker die Aspekte des Umweltschutzes. Nach EG-Öko-Verordnung werden Bio-Lebensmittel z. B. ohne chemisch-synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel angebaut. Die Umweltbilanz fällt insgesamt besser aus, wenn z. B. Soja aus Europa zum Einsatz kommt.

Wie werden sich die Erwartungen der Verbraucher an Fleischersatzprodukte in den nächsten Jahren entwickeln?
Dr. Virmani: Da vegetarische und vegane Ernährung im Trend sind, wird die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten vermutlich auch in den nächsten Jahren weiter stark steigen. Laut Statistischem Bundesamt produzierten die Unternehmen in Deutschland 2020 gegenüber dem Vorjahr 39 % mehr Fleischersatzprodukte. Daher steigen sicher auch die Erwartungen der Verbraucher in Bezug auf die geschmackliche Qualität und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen.

Welche Trends erwarten Sie in den nächsten Jahren in dem Segment?
Dr. Virmani: Ich gehe davon aus, dass das Segment nicht nur wachsen, sondern auch vielfältiger werden wird. Auch sehe ich die pflanzenbasierte Ernährung, wie wir sie in unseren 10 Regeln der DGE empfehlen, als eine der wichtigsten Entwicklungen. Ich hoffe, dass der Salzgehalt reduziert und auf Zusatzstoffe weitgehend verzichtet wird. Nährstoffe, die bei veganer Ernährung oft unzureichend aufgenommen werden, werden hoffentlich stärker zugesetzt.


Das Interview führte für Sie Claudia Bär

Redakteurin

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