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Was Hersteller beim Inverkehrbringen von Verpackungen beachten müssen

Novellierung des Verpackungsgesetzes
Was Hersteller beim Inverkehrbringen von Verpackungen beachten müssen

Was Hersteller beim Inverkehrbringen von Verpackungen beachten müssen
Gunda Rachut ist Vorstand der Zentralen Stelle Verpackungsregister Bild: Zentrale Stelle Verpackungsregister
Wer Verpackungen in Verkehr bringt, übernimmt damit eine Verantwortung für das Produkt. Was dabei beachtet werden muss und welche Regelungen 2022 durch die Novellierung des Verpackungsgesetzes hinzugekommen sind, erklärt Gunda Rachut, Vorstand der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR), im Interview.

Frau Rachut, welches Resümee lässt sich drei Jahre nach der Novellierung des Verpackungsgesetzes ziehen?

Die Bilanz nach drei Jahren ist sehr positiv. Das Verpackungsgesetz hat bei der Erfüllung der Produktverantwortung eine Trendwende eingeleitet und gleichzeitig deutliche Impulse im Bereich Recycling gesetzt: Mehr als viermal so viele Unternehmen wie 2018 verhalten sich produktverantwortlich. Die Systembeteiligungsmengen sind in allen Materialfraktionen deutlich gestiegen. Anspruchsvolle Recyclingquoten, der Mindeststandard zum recyclinggerechten Design und das transparente Verpackungsregister LUCID sind nur einige der positiven Aspekte, die mit der Wirkung des Verpackungsgesetzes verbunden sind.

Wie hat sich das Verpackungsaufkommen und die Recyclingfähigkeit von Verpackungen seither verändert?

Die Zahlen des Umweltbundesamtes zeigen für 2019 eine Steigerung des Verpackungsverbrauchs. Die Pandemie, mit einem deutlich gestiegenen Aufkommen im Versandhandel und im To-go-Verzehr, könnte diesen Trend noch einmal gesteigert haben. Bei der Recyclingfähigkeit von Verpackungen zeigen sich zwei Trends: Einerseits wirkt der Mindeststandard der ZSVR, immer mehr Kunststoffverpackungen sind recyclingfähig. Auf der anderen Seite zeigen Plasticbashing und die Diskussion um eine Plastictax eine ungünstige Wirkung: Immer mehr schwer recyclingfähige Verbundverpackungen ersetzen Mono-Verpackungen. Grundsätzlich ist jedoch positiv zu bewerten, dass die Recyclingmengen aus dem Dualen System im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr erneut um 8,4 % gestiegen sind.

Welche Neuerungen kommen auf die Hersteller im Jahr 2022 zu?

Die Novelle des Verpackungsgesetzes bringt in diesem Jahr einige bedeutende Änderungen für Inverkehrbringer von Verpackungen mit sich. Bereits seit dem 1. Januar 2022 unterliegen bestimmte Einweggetränkeverpackungen der Pfandpflicht. Zum 1. Juli 2022 tritt eine erweiterte Registrierungspflicht für alle Unternehmen, die mit Ware befüllte Verpackungen in Verkehr bringen, in Kraft. Mussten sich bislang nur Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen im Verpackungsregister LUCID registrieren, so betrifft diese Pflicht nun alle Verpackungsarten, also auch Transportverpackungen, industrielle Verpackungen oder Mehrwegverpackungen.

Welche Branchen müssen in diesem Jahr besonders aktiv werden?

Ab Juli 2022 sind auch Letztvertreiber systembeteiligungspflichtiger Serviceverpackungen dazu verpflichtet, sich im Verpackungsregister LUCID zu registrieren, wenn sie ihre Pflichten vollumfänglich an einen Vorvertreiber delegiert haben. Das sind Unternehmen, die ihre Serviceverpackungen bei ihrem Lieferanten gesamthaft vorbeteiligt kaufen und damit das Recycling ihrer Verpackungen bereits bezahlt haben. Ebenfalls ab Juli 2022 sind die Betreiber elektronischer Marktplätze in der Pflicht. Sie dürfen das Anbieten systembeteiligungspflichtiger Verpackungen zum Verkauf nur noch dann ermöglichen, wenn die entsprechenden Verkäufer die Registrierungspflichten und die Systembeteiligung umgesetzt haben. Gleiches gilt für Fulfillment-Dienstleister, die nur noch dann tätig werden dürfen, wenn die Auftraggeber ihrer Produktverantwortung (Registrierung, Systembeteiligung) nachgekommen sind.

Gab es Fehlentwicklungen auf Seiten der Hersteller? Wo sehen Sie besonderen Handlungsbedarf bei den Herstellern?

Es gibt immer mehr Hersteller, die den Marketingeffekt für ökologisches Verpackungsdesign nutzen. Das sind Trends zum Wiederbefüllen, Pool-Lösungen im To-go-Bereich und auch der Einsatz von Rezyklaten in Verpackungen. Verbraucherinnen und Verbraucher tun sich nach wie vor schwer, ökologisch gute Verpackungen zu erkennen. Zwar wird immer mehr braunes Papier in Verpackungen eingesetzt, das ist jedoch nicht das Erkennungsmerkmal für recyclinggerechte Verpackungen. Oft ist das Gegenteil der Fall: Eine Vielzahl von Verbundmaterialien erschwert das Recycling. Die Fasern werden oft nur ungenügend von Kunststoffschichten abgelöst, nur ein geringer Anteil wird so zu neuen Verpackungen.

Welche Veränderungen könnten auf europäischer Ebene beim Inverkehrbringen von Verpackungen auf die Hersteller zukommen?

Für Mitte des Jahres hat die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission den Entwurf einer überarbeiteten Verpackungsrichtlinie angekündigt. Verpackungen sollen möglichst mehrfach genutzt, sie sollen aus ganz wenig Material hergestellt werden und das soll recyclebar sein. Dazu wurde der Mindeststandard der ZSVR zur Bemessung des recyclinggerechten Designs von Verpackungen von der Generaldirektion Umwelt sehr interessiert verfolgt. Als unterstützende Maßnahme wurde die Idee diskutiert, dass ökologisch schlechtere Verpackungen mehr Geld im Rahmen der Produktverantwortung kosten sollen. Natürlich müssen die hergestellten Rezyklate auch wieder eingesetzt werden, auch dazu gibt es Überlegungen.

Wie hat sich die Anzahl der Einträge im Verpackungsregister LUCID seit 2019 verändert?

Mehr als 250 000 Hersteller sind aktuell im Verpackungsregister LUCID registriert. Die Pandemie lässt den Versandhandel boomen und damit wächst auch der Berg der Versandverpackungen, Papiertonnen quellen über. Gleichzeitig ignorieren viele Versandhändler, dass sie das Recycling ihrer Verpackungen bezahlen müssen – das nennt sich Produktverantwortung. Diesen Missstand geht der Gesetzgeber mit der Novelle des Verpackungsgesetzes konsequent an, in dem er die Online-Plattformen in die Pflicht nimmt. Sie müssen abgleichen, ob die Versandhändler im Verpackungsregister LUCID zu finden sind. Dazu bauen wir eine Schnittstelle. Doch schon im Vorfeld haben die großen Plattformen begonnen, ihre Händler umfassend zu informieren. Seitdem gehen die Registrierungszahlen in LUCID steil bergauf. Im Jahr 2021 haben sich fast gleich viele Hersteller aus China und aus Deutschland registriert, das sagt schon fast alles.

Welche besonderen Fälle von Fehlverhalten oder Trittbrettfahrern konnten damit verhindert werden?

Die örtlichen Behörden der Städte und Kreise vollziehen das Verpackungsgesetz. Die ZSVR hat ein Online-Portal für die Vollzugsbehörden errichtet, sodass diese fast in Echtzeit sehen können, ob die Hersteller in ihrem Gebiet sich registrieren und die Daten zu den Verpackungen melden. An unserem Behördenpostfach können wir erkennen, ob Vollzug stattfindet, die Behörden sind aber nicht verpflichtet, uns zu informieren. Gerade die größeren Firmen, die ihre Datenmeldungen nicht ordnungsgemäß testieren lassen (so genannte Vollständigkeitserklärung), stehen im Fokus des Vollzugs. Dort werden empfindliche Bußgelder verhängt.

Hat sich das Wissen über die Grundpflicht der Systembeteiligung inzwischen in den Unternehmen besser verbreitet?

Die Idee des Gesetzgebers zu einer zentralen Stelle war ja auch mit den Vorteilen einer zentralen Informationsplattform verknüpft. Unsere Webseite www.verpackungsregister.org informiert nicht nur, sie erklärt, Pflichten werden in Checklisten aufbereitet, die komplexen Vorschriften werden in Pakete für die einzelnen Nutzergruppen aufgeteilt und vermittelt. Es ist mittlerweile wohl eine der größten Sammlungen mit Fakten und Daten, die über Filme, Info-Pakete, Listen vermittelt werden, rund um die Verpackungen. Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes sind wir wieder herausgefordert, neue Hersteller anzusprechen und damit auch neue Inhalte gut zu erklären. Dabei helfen uns die Firmen, die wir über Expertenkreise einbeziehen, sodass wir hoffentlich genau das erklären, was die Nutzer wissen müssen. Wir haben seit Beginn insgesamt über 130 000 Anfragen beantwortet, sodass wir guten Mutes sind, dass sich zumindest die Grundpflichten einigermaßen herumgesprochen haben.


Das Interview führte für Sie Katja Feeß

Director Marketing,

Nürnbergmesse

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