Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) wurde 2011 in Deutschland ein Verfahren der nutzenbasierten Preisbildung eingeführt. Alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen durchlaufen seitdem das AMNOG-Verfahren mit Nutzenbewertung und Preisverhandlung. Der medizinische Fortschritt schreitet jedoch rasant voran und erfordert eine Modernisierung der Nutzenbewertungs- und Erstattungsregeln. Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) legt hierfür ein Reformkonzept auf den Tisch.
Was ist AMNOG?
Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (kurz: AMNOG) wurde 2011 in Deutschland ein Verfahren der nutzenbasierten Preisbildung eingeführt. Alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen durchlaufen seitdem das Verfahren. Pharmazeutische Hersteller vereinbaren dabei mit dem GKV-Spitzenverband Erstattungsbeträge für die neuen Arzneimittel auf Basis einer detaillierten Zusatznutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesaus- schusses (G-BA). Dabei galt bislang der Leitsatz: Die gesetzlichen Krankenkassen sollten nur dann mehr zahlen, wenn der G-BA eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Standardtherapie festgestellt hat. Wenn dies nicht der Fall war, galt die vom G-BA festgelegte Vergleichstherapie in der Regel als Preisobergrenze. In den seltenen Fällen, in denen sich die Verhandlungspartner nicht auf einen Erstattungsbetrag einigen konnten, setzte diesen die AMNOG-Schiedsstelle fest.
Das AMNOG sorgt so für Milliardeneinsparungen für die Solidargemeinschaft der Versicherten und setzt zugleich Anreize für eine schnelle Markteinführung und hohe Verfügbarkeit von innovativen Arzneimitteln für die Patient:innen. Hier war Deutschland bis zuletzt führend in Europa. Der medizinische Fortschritt erfordert nun aber eine Anpassung des Gesetzes. Der vfa legt hierfür das Reformkonzept „AMNOG 2025“ vor.
Kernpunkte von “AMNOG 2025“
Gen- und Zelltherapien, zielgerichtet bei kleinen, spezifischen Patientenpopulationen wirkende Arzneimittel und die mRNA-Technologie stehen für eine neue Ära der Präzisionsmedizin, bei der die klassischen Pfade der Evidenzgenerierung an Grenzen stoßen. Dies stellt Deutschland vor die Herausforderung, das AMNOG-Regelwerk der Nutzenbewertung und Preisverhandlung an die Weiterentwicklung in der Medizin anzupassen. Für solche neuartigen Therapien braucht es ein offeneres und flexibleres AMNOG.
Hinzu kommt der Anpassungsbedarf, den die Umsetzung der europäischen Health Technology Assessment (HTA)-Verordnung für das AMNOG mit sich bringt. Ab 2025 sollen neue Arzneimittel in einem Mehrstufenmodell ein europäisches klinisches Bewertungsverfahren durchlaufen. Die in Deutschland geltenden Prozesse und Methoden müssen dementsprechend „europatauglich“ gemacht werden.
Positionspapier des vfa zu AMNOG 2025
Was ist die Europäische Nutzenbewertung?
Die Nutzenbewertung für neue Arzneimittel auf europäischer Ebene soll parallel zur europäischen Zulassung stattfinden und ab Januar 2025 für die ersten Medikamente starten. Hintergrund für die neue Regelung war, dass vielen oft sehr unterschielichen staatlichen Nutzenbewertungen zu immenser Doppelarbeit und einer Behinderung des Marktzugangs führen. Ziele sind nun der schnellere Zugang zu neuen Therapien, die Verringerung von Doppelarbeit und die Harmonisierung der klinischen Bewertung. Eine entsprechende EU-Verordnung regelt die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten bei den klinischen Aspekten des sog. Health Technology Assessments (HTA), insbesondere bei gemeinsamen klinischen Bewertungen sowie den dazugehörigen wissenschaftlichen Beratungen. Für Deutschland bedeutet das: Die klinische Bewertung der Studien wird künftig auf europäischer Ebene erfolgen. Die Beurteilung des Zusatznutzens und die Preisgestaltung verbleiben aber wie bisher in der nationalen Zuständigkeit.
Die europäische Nutzenbewertung wird ab dem 12. Januar 2025 für die ersten Produkte starten, darunter Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) und onkologische Arzneimittel. Der vfa schlägt vor, eine verpflichtende Berücksichtigung der gemeinsamen europäischen Arbeitsergebnisse im nationalen Prozess festzulegen.
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