Evonik Industries verfolgt in dem im Herbst gemeinsam mit acht Partnern gestarteten Forschungsprojekt Romeo (Reactor Optimisation by Membrane Enhanced Operation – Reaktoroptimierung durch membranbasierte Prozessführung) ein ehrgeiziges Ziel: Romeo soll bei industriell bedeutenden katalytischen Reaktionen in der Gasphase bis zu 80 % Energie und bis zu 90 % Emissionen einsparen. Romeo steht für ein neues Reaktorkonzept, das Herstellung und Aufarbeitung durch den Einsatz von Membranen in einem Schritt erledigen soll – eine Art 2-in-1-Reaktor, bei dem sich bildendes Produkt kontinuierlich aus dem Reaktionsgemisch ausgeschleust wird. Die EU fördert das Projekt im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon 2020 mit sechs Millionen Euro.
In den kommenden vier Jahren wollen die neun Partner anhand von zwei industriellen Prozessen in der Gasphase – der Hydroformylierung und der Wassergas-Shift-Reaktion – die technische Machbarkeit des Reaktorkonzepts in entsprechenden Anlagen demonstrieren. „Wenn uns das gelingt, ist es eine kleine Revolution für die chemische Verfahrenstechnik und ein großer Schritt hin zu nachhaltigeren Prozessen“, sagt Prof. Robert Franke, bei Evonik im Segment Performance Materials verantwortlich für das Innovationsmanagement Hydroformylierung. „Dementsprechend schaffte das Projekt es auf Anhieb unter die Top 15 Prozent aller eingereichten Projekte“, so Dr. Frank Stenger vom Evonik-Geschäftsgebiet Verfahrenstechnik, das die Arbeiten auf Seiten Evonik durchführen wird.
Üblicherweise erfolgt die chemische Produktion in zwei Schritten: Auf die Herstellung in einem Reaktor folgt die Aufarbeitung des Produkts zum Beispiel in einer Destillationskolonne. Dieser Schritt ist in der Regel sehr energieintensiv. Weil er beim 2-in-1-Reaktor entfallen würde, ließen sich Energieverbrauch und die damit verbundenen Emissionen drastisch senken.
Demonstrationsanlage für Hydroformylierung und Wassergas-Shift-Reaktion
Mit zwei sehr unterschiedlichen Modellreaktionen wollen die Partner zeigen, dass das Reaktorkonzept breit anwendbar ist. Evonik wird eine Demonstrationsanlage für die Hydroformylierung aufbauen. Sie verwandelt Olefine und Synthesegas in Aldehyde. Diese sind unter anderem Vorprodukte für Weichmacheralkohole; Evonik ist ein führender Hersteller von C9-/C10-Weichmacheralkoholen in Europa. Linde dagegen will die Machbarkeit anhand der Wassergas-Shift-Reaktion zeigen, bei der Kohlenmonoxid (CO) und Wasser zu Wasserstoff (H2) reagieren. Wird für diese Reaktion CO beziehungsweise CO-haltiges Synthesegas aus Biomasse eingesetzt, wäre mit dem neuen Reaktorkonzept ein Weg gefunden, um zum Beispiel aus Holzabfällen Wasserstoff zu erzeugen.
Kern des neuen Konzepts ist ein Hohlfaserrohrbündel-Reaktor: Auf einem speziellen Trägermaterial soll ein homogener Katalysator fixiert und auf dessen Außenseite eine Membran aufgebracht werden. Nachdem am Katalysator die Reaktion stattgefunden hat, können je nach Beschaffenheit der Membran entweder das Produkt oder Nebenprodukte die Membran passieren.
Kompetenzen entlang der gesamten Prozesskette
Das Prinzip ist bestechend einfach, birgt aber zahlreiche technische Herausforderungen, angefangen bei der Beschaffenheit von Träger, Katalysator und Membran bis hin zum modularen Aufbau des Reaktors, der das spätere Up-Scaling erleichtern soll. Die Forschungspartner decken die gesamte Prozesskette für die Umsetzung des Konzepts ab mit Kompetenzen an allen Schlüsselpositionen.
Zum Konsortium gehören neben Evonik die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die RWTH Aachen, die Technical University of Denmark, die BioEnergy2020+ GmbH (Österreich), die LiqTech International A/S (Dänemark), das European Membrane House (Belgien), die Agencia Estatal Consejo Superior de Investigaciones Científicas (Spanien) und die Linde AG.
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