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Roboter im Einsatz im Isolator

Neue Möglichkeiten in der Anlagengestaltung
Roboter im Isolator

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Philipp Wimberger arbeitet als Entwicklungsingenieur Automatisierungstechnik bei Bausch+Ströbel. Er sieht großes Potenzial für Verbesserungen von aseptischen Abfüll- und Verpackungsmaschinen durch den Einsatz von hygienischen Robotern.

 

Herr Wimberger, der Automatisierungsgrad von aseptischen Abfüll- und Verpackungsanlagen für die Herstellung von Medikamenten ist bekanntlich sehr hoch. Geht das überhaupt noch besser?

Philipp Wimberger: Ja, ich denke schon. Um Arzneimittel in großer Stückzahl schnell, sicher und zu erschwinglichen Preisen herzustellen, bedarf es eines hohen Automatisierungsgrades. Neue Technologien wie die Robotik bieten für die Zukunft noch viel Potenzial, Prozesse sicherer, schneller und effizienter zu gestalten. Dies gilt sowohl für Hochleistungsanlagen als auch die Kleinchargenproduktion – wobei sich die Herausforderungen in beiden Bereichen zum Teil unterscheiden.

Wie meinen Sie das?

Wimberger: Nehmen Sie zum Beispiel biotechnologisch hergestellte Medikamente wie Arzneimittel aus der Gen- und Zelltherapie. Sie erfordern für ihre Herstellung ganz andere Rahmenbedingungen als klassische Präparate. Vor allem die kleinen Produktionsmengen und die daraus resultierenden häufigen Chargenwechsel sind hier zu nennen. Dazu kommt, dass in der Forschung ein klarer Trend zu individualisierten Produkten zu beobachten ist. Dabei geht die Chargengröße im Extremfall bis auf Losgröße 1 herunter. Momentan sind bei der Herstellung bzw. der Abfüllung dieser Medikamente noch vorwiegend manuelle oder halbautomatische Lösungen vorherrschend.

Im Kleinchargenbereich gibt es also noch viel Handarbeit. Was muss sich hier ändern?

Wimberger: Zunächst einmal sind hier die Anlagenbauer gefragt. Zusammen mit Experten wird aktuell branchenübergreifend daran gearbeitet, den Automatisierungsgrad bei der Kleinchargenabfüllung zu erhöhen und technische Antworten auf die speziellen Anforderungen zu finden. So werden derzeit verschiedene Plattformen entwickelt, um auch im Kleinchargenbereich die Verarbeitung der Medikamente sicherer, schneller und kostengünstiger zu machen. Wobei Schnelligkeit in diesem Fall heißt, dass das dem Patienten entnommene und zum Medikament verarbeitete Material schnellstmöglich für die Therapie zum Einsatz kommen kann.

Schnelligkeit ist aber nur ein Aspekt, oder?

Wimberger: Natürlich. Vor Effizienz und Schnelligkeit kommt bei der Arzneimittelproduktion immer die Prozesssicherheit, egal ob es sich um die Herstellung großer Mengen – etwa Impfstoffe oder Insulin – oder Kleinchargen handelt. Denn die Herstellung von Arzneimitteln unterliegt besonders strengen Vorgaben. Fehler, sei das nun die Kontamination von Arzneimitteln oder falsche Füllmengen – selbst ein falsch aufgebrachtes Etikett – können gravierende Folgen für die Gesundheit der Patienten haben und unter Umständen auch zum Tod führen.

Das klingt ziemlich drastisch. Wie verhindert man üblicherweise solche Fehler?

Wimberger: Bei aseptischen Produktionsverfahren sind pharmazeutische Anlagen meist durch Containment-Systeme wie zum Beispiel Isolatoren vom Bedienpersonal getrennt. Kommt es zu einem Fehler, ist mithilfe von integrierten Handschuheingriffen oder durch das Öffnen des Containments ein Eingriff in den aseptischen Produktionsprozess möglich. Allerdings wird versucht, diese Eingriffe so gering wie möglich zu halten. Denn dies verlangsamt nicht nur den Produktionsprozess – etwa, weil die Anlage vor erneutem Anfahren erst wieder gereinigt und sterilisiert werden muss –, es führt unter Umständen dazu, dass Objekte, die noch nicht verschlossen waren, verworfen werden müssen, beispielsweise wenn Beschädigungen am Glas aufgetreten sind oder der Bediener über die geöffneten Vials greifen musste. Jeder Eingriff erhöht das Kontaminationsrisiko.

Ok, Eingriffe von Hand sind schlecht, weil Sie zulasten der Effektivität und Sicherheit gehen. Das habe ich verstanden. Wie lassen sich diese zum Teil notwendigen Eingriffe also umgehen?

Wimberger: Hier kommen jetzt neue Technologien wie die eingangs erwähnte Robotik ins Spiel. Derzeit beschränkt sich der Einsatz von Reinraumrobotern weitgehend auf das Handling und das Bereitstellen bzw. den Transport von Packmitteln. Spezielle Reinraumroboter bieten künftig aber noch weit größere Einsatzmöglichkeiten. Denkbar ist deren Einsatz zum Beispiel für das Biomonitoring, für die Reinigung oder den Formatwechsel. Eine besondere Herausforderung stellt auch die Behebung von Störungen dar, wenn sich beispielsweise ein Objekt verklemmt hat. Diese Störungen werden heute noch ausschließlich vom Bedienpersonal behoben, da sie in den meisten Fällen nicht vorhersehbar sind. Doch auch hier wird bereits an Lösungen gearbeitet.

Welche Voraussetzungen müssen die Roboter erfüllen, um sie direkt im Isolator einsetzen zu können?

Wimberger: Bevor ein Roboter in einer pharmazeutischen Abfüllanlage eingesetzt werden kann, müssen zahlreiche zusätzliche Vorgaben erfüllt sein. Dies reicht beispielsweise von der passenden Oberflächenbeschichtung bis hin zur Entwicklung passender Greifer oder der Abdichtung bestimmter Bereiche. Selbst auf die Programmierung haben diese Vorgaben Einfluss, müssen doch auch die Bewegungen der Roboter so erfolgen, dass möglichst keine Partikel freigesetzt werden und vor allem nicht in die zu befüllenden Objekte gelangen.

Welche Auswirkungen hat der Einsatz von solchen Robotern auf das Maschinendesign?

Wimberger: Der Einsatz von Robotern wird in naher Zukunft sicher einiges bei der Produktion von Arzneimitteln verändern – nicht zuletzt bieten sie ganz neue Möglichkeiten der Anlagengestaltung. So können Handschuheingriffe, deren Reinigung und Prüfung ebenfalls mit Aufwand verbunden sind, ganz wegfallen. Die Folge: Da die Erreichbarkeit einzelner Stationen über die Handschuheingriffe nicht mehr beachtet werden muss, kann bei der Anordnung einzelner Stationen noch mehr auf Hygienic Design, also optimale Luftströmung und Reinigbarkeit der Anlage, geachtet werden.

Wie können für Sie die Lösungen im Umfeld von Isolatoren
aussehen?

Wimberger: Es werden autonome mobile Plattformen für Sterilisations-, Transport-, Beschickungs- oder Prüfaufgaben eingesetzt. Konkret können z. B. mobile Plattformen mit UV-Licht zur Sterilisation von Außenflächen der Isolatoren eingesetzt werden. Außerdem können leere Tubs oder Trays nach der Entnahme der Objekte um den Füll- und Verschließprozess zum Rücksetzen der Objekte transportiert und Produktionsmaterial über Ports in die Isolatoren zugeführt werden. Auch SWAP bzw. Rodac-Proben können im Umfeld des Isolators genommen oder Dichtigkeitsprüfungen an Handschuhen durchgeführt werden. Die angesprochene dezentrale Lösung besteht aus mehreren getrennten Produktionslinien oder Maschinen mit nur einem Prozessschritt. Durch übergeordnete Systeme wird der Prozess zwischen den einzelnen Maschinen definiert und der Transport mit mobilen Systemen realisiert. Für den Transport unverschlossener Objekte wird hierzu ein geeigneter Reinraum benötigt oder ein Isolator auf der mobilen Plattform integriert. Durch die zahlreichen Möglichkeiten, die voranschreitende Technik und die Anzahl der Kombinationen bieten sich viele Möglichkeiten für innovative Konzepte.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: Bausch+Ströbel


Das Interview führte für Sie: Dr. Bernd Rademacher

Redakteur

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