Dass Windpocken heute kaum noch eine Bedrohung für Kinder und Erwachsene darstellen, ist einem Impfstoff zu verdanken, der weltweit eingesetzt wird und aus abgeschwächten Varizellen-Lebendviren besteht. Diese Art von Impfstoff regt den Körper zur Bildung von Antikörpern und Gedächtnisimmunzellen an und stimuliert so eine starke, wirksame und langanhaltende Immunreaktion. Das verhindert nicht nur, dass Kinder mit Windpocken infiziert werden. Es minimiert darüber hinaus das Risiko von schwerwiegenderen Komplikationen wie Meningitis, Lungenentzündung und – im Verlauf des weiteren Lebens – Gürtelrose (Herpes Zoster).
Der größte Hersteller dieser Impfstoffe in China, Changchun Keygen Biological Products (CKBP) in Changchun, wurde im Jahr 2003 gegründet. Mit einer jährlichen Produktionskapazität von acht Millionen Dosen Windpockenimpfstoff beliefert das Unternehmen nicht nur den heimischen Markt, sondern exportiert den Lebendimpfstoff auch in verschiedene Länder wie Südkorea und Indien.
Automatisierte Produktion
CKBP gehört zu den ersten chinesischen Unternehmen, die Roboter in der Impfstoffproduktion einsetzen. Die Entscheidung für einen hohen Automatisierungsgrad wurde auch deshalb getroffen, um Kontaminationsrisiken durch das Personal so weit wie möglich zu verhindern und eine sterile Produktionsumgebung zu gewährleisten. Anders ausgedrückt: Ein hoher Automatisierungsgrad ist eine zentrale Voraussetzung für die sichere Produktion von hochwertigen Impfstoffen.
Mit der Umsetzung dieser Anforderung hat der Impfstoffhersteller den Systemintegrator Shenyang Great Elites Intelligent Equipment beauftragt, der große Erfahrung in der Automatisierung von kritischen Prozessen in der biopharmazeutischen Produktion mitbringt. Great Elites entwickelte ein Konzept, das CKBP in die Lage versetzt hat, seine Produktion von Varizellen-Lebendimpfstoffen von traditionellen manuellen auf automatisierte Abläufe umzustellen.
Zwölf Roboter in der Impfstofffabrik
Abgesehen vom Roboter-Einsatz bei der Varizellen-Impfstoffproduktion haben CKBP und Great Elites gemeinsam unter anderem auch ein Mischsystem, einsatzspezifische peristaltische Pumpen und ein automatisiertes Rohrleitungsnetz entwickelt. Die gesamte Produktionsanlage ist deshalb hoch automatisiert.
Zu den Kernprozessen der Produktion von Lebendimpfstoff gehören der Durchlauf durch die Zellfabrik mit Zugabe von Wirkstoffen wie Trypsin und einem Wachstumsmedium sowie der Inokulationsprozess, bei der die mit der flüssigen Grundsubstanz gefüllten Behälter mit dem Varizellenvirus und anderen Inhaltsstoffen befüllt werden. Im Anschluss daran müssen die Behälter ein definiertes Bewegungsprofil mit Schütteln, Kippen und Oszillieren nacheinander durchlaufen.
Am ersten Prozess, dem Durchlauf des zukünftigen Impfstoffs durch die Zellfabrik, sind vier Roboter beteiligt. Bei den Folgeschritten Inokulation und Kultivierung übernehmen acht Roboter verschiedene Aufgaben, einschließlich der “Ernte” und der anschließenden Reinigung der Zellfabriken. Ein Werkzeugwechselsystem ermöglicht das automatische Befüllen und Entleeren der flüssigen Impfstoffe und den Wechsel der Zellfabriken. Die Roboter sind dabei relativ flexibel, jeder kann Zellfabriken an zwei Arbeitsplätzen handhaben. Schnellwechselsysteme aus dem Stäubli-Portfolio ermöglichen das automatisierte Wechseln der Zellfabriken.
Roboter für sterile Umgebungen
Die Automatisierungsexperten von Shenyang Great Elites entschieden sich für zwölf identische Roboter für alle Aufgaben – aus guten Gründen. Die sechsachsigen Stäubli TX200 in der Stericlean-Version sind bestens geeignet für die sehr spezielle Umgebung, in der sie arbeiten: In kritischen Anwendungen und in aseptischen Produktionsbereichen der GMP-Klasse A haben sich diese Roboter schon tausendfach bewährt.
Die Stericlean-Roboter sind vollständig und dicht gekapselt, alle Leitungen werden im Inneren des Roboterarms geführt. Es gibt keine Toträume, nur glatte Oberflächen, auf denen sich keine Verunreinigungen absetzen und vermehren können. Mit diesem Eigenschaftsprofil sind die „Pharma-Roboter“ widerstandsfähig gegen die härtesten Sterilisations-, Desinfektions- und Dekontaminationsverfahren. Dazu gehört auch die VHP-Reinigung mit dampfförmigem Wasserstoffperoxid. Dieses Verfahren wird in der Impfstoffproduktion von CKBP eingesetzt.
Präzise und effizient
Neben den hohen hygienischen Anforderungen gab es noch weitere Gründe für die Wahl der Stäubli TX-Serie. Cai Yan, General Manager von CKBP: „Die Roboter erledigen ihre Aufgaben mit hoher Präzision, hoher Produktivität und Verfügbarkeit sowie mit minimalem Wartungsaufwand.“ Ihre ebenso robuste wie präzise Antriebstechnik waren, so Cai, ebenfalls ein wichtiges Kriterium: „Die Zellfabriken werden mit hoher Geschwindigkeit geschüttelt. Das erfordert eine extrem hohe Steifigkeit des Roboterarms.“ Ein weiterer Punkt ist die Konnektivität der Roboter. Ihre Steuerung ist in das Pipeline-Automatisierungssystem integriert, was ein vollautomatisches Management der Impfstoffproduktion ermöglicht.
Im Vergleich zur bisherigen manuellen Arbeit in und mit den Zellfabriken sind die Roboter eine große Verbesserung nicht nur in Sachen Hygiene und Produktivität, sondern auch im Hinblick auf die Gesundheit und Sicherheit der Fachkräfte. Cai Yan: „Wegen der körperlichen Anstrengung brauchten wir oft zwei Gruppen von Arbeitern, und es kam zu Gelenkverletzungen. Jetzt entlasten die Roboter unsere Mitarbeiter von schwerer Arbeit, und sie liefern in allen Schichten höchste Qualität.“
Stäubli Tec-Systems GmbH Robotics, Bayreuth