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GMP-Regeln (Good Manufacturing Practices) für die pharmazeutische Industrie finden sich in zahlreichen Gesetzen, Verordnungen, Leitfäden und Normen – in international unterschiedlichster Ausprägung. Die Vereinheitlichung ist zwar im Gang, ein nationales GMP-Zertifikat bietet jedoch keine Garantie für das Bestehen einer Inspektion durch ausländische Inspektoren. Internationale und nationale Gesundheitsbehörden bzw. deren Inspektoren interpretieren GMP nach wie vor unterschiedlich. Zudem gibt es etwa für bestimmte Produkte spezifische nationale Regelungen.
Die angestrebte Harmonisierung jedoch verleitet viele Organisationen dazu, die existierenden Unterschiede zu unterschätzen oder gar zu ignorieren. So gerieten europäische Pharmaunternehmen in Schwierigkeiten mit der amerikanischen Überwachungsbehörde FDA, die Inspektionen zur Einhaltung der cGMPs – current GMPs – durchführte. Was current bzw. aktuell bedeutet, entscheiden in diesem Fall die Inspektoren und deren fachlicher Hintergrund kann diese Interpretation beeinflussen. Die Nichteinhaltung der cGMPs kann für ein Unternehmen weitreichende Konsequenzen haben, etwa die Verweigerung oder Verzögerung der Zulassung, ein Importverbot bis hin zu einem Warning Letter. Letzterer wird durch den „Freedom of Information Act“ öffentlich gemacht – ein finanzielles wie auch die Reputation betreffendes, schmerzliches Erlebnis.
Dass der „EU-US Sectoral Annex for Pharmaceutical GMP“ des 1998 unterzeichneten MRA (Mutal Recognition Agreement) zwischen der EU und den USA seit dem 11. Juli 2019 in Kraft ist, bedeutet auch nicht unbedingt, dass jetzt keine Inspektionen durch die FDA in der EU mehr stattfinden. Zum einen fallen nicht alle Produkte unter die Regelungen des MRA. Ausgenommen sind Impfstoffe, Blut und Plasmaprodukte, Gewebe und Organe, veterinärmedizinische Produkte und Prüfpräparate. Zum anderen gilt das MRA nicht für Pre-Approval-Inspections. Und es gibt Ausnahmen, wenn es die Behörde für nötig erachtet. Die Erfahrung zeigt, dass:
- Inspektionen weiterhin stattfinden, zum Teil mit relativ kurzer Vorankündigung
- Schwerpunkte bei risikobasiert ausgewählten Inspektionen und bei PAIs liegen
- Erstinspektionen bei bislang nicht bekannten Herstellern oder Standorten (auch Low-risk-Produkte) ebenfalls stattfinden
Man muss also auch mit dem Inkrafttreten des MRA auf Inspektionen durch die FDA vorbereitet sein und länderspezifische GMP-Regelungen genau kennen. Gerade bei internationalen Inspektionen ist neben sprachlichen Aspekten auch der kulturelle Hintergrund zu beachten. Diese kulturellen Unterschiede lassen sich einfach deutlich machen. Ein Vertreter der FDA wird als Investigator (Ermittler) bezeichnet und nicht als Inspector (Kontrolleur). Eine Inspektion ist also eine Ermittlung. Hierauf sollte man sich strukturiert vorbereiten und alle notwendigen Aspekte berücksichtigen. Dazu gehört neben den klassischen Bereichen wie Anlagen und QM-Systeme auch der Faktor Mensch – die eigenen Mitarbeiter und der Inspektor selbst.
Fazit: GMP-Regeln sind also nur zum Teil harmonisiert, US FDA-Inspektionen finden trotz MRA statt. Intensive Planungen, Kenntnisse der länderspezifischen GMP-Regelungen und Beachtung kultureller Besonderheiten – das sind die Faktoren für erfolgreiche Inspektionen.
„GMP-Anforderungen sind heute im Großen und Ganzen harmonisiert und es gibt keine Unterschiede – kann man sich auf diese Aussage verlassen?“