Die Pharmabranche boomt aktuell dank neuer Verfahren, vielerorts entstehen neue Fabriken. Gleichzeitig sieht man sich aber auch mit immer höheren Anforderungen und Qualitätsansprüchen konfrontiert. Im Rahmen der Highlight-Session „Pharmaproduktion der nächsten Generation – Aktuelle Fortschritte in der Zell- und Gentherapie“ zeigte Prof. Ulrike Köhl, Direktorin des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI die aktuelle Herausforderungen auf: „Es fühlt sich nicht gut an, dass funktionierende Therapien aus Kostengründen nicht von Patienten in Anspruch genommen werden können.“ Zell- und Gentherapie sei daher inzwischen keine medizinische Herausforderung mehr, vielmehr brauche die Branche nun Lösungen, mit der sich die entsprechenden Therapeutika kosteneffizient herstellen lassen. Dafür müsse die Industrie viel früher mit den Wissenschaftlern kooperieren.
Das bestätigt auch Andrea Traube, CEO der KyooBe Tech GmbH: Sie sieht vor allem Bedarf für interdisziplinäre Infrastruktur wie Transfercenter, in denen sich verschiedene Bereiche wie Datenspezialisten, Biologen und Produktionsexperten austauschen können.
Nach Ansicht von Sadik H. Kassim, Chief Technology Officer bei Genomic Medicines müsse aber nicht nur der Herstellungsprozess schneller und damit wirtschaftlicher werden, sondern auch die nachfolgende Qualitätssicherung. Dabei verdeutlichte er auch die inzwischen extrem hohe Komplexität der Herstellung: „Der klassische Aspirin-Komplex besteht aus 21 Atomen, ein Arthritis-Antikörper basiert bereits auf über 20 000 Atomen. Geht man nun in die aktuellen Bereiche wie lentivirale Vektoren in der Gentherapie, sind schon bis zu 107 Atome erforderlich. In der Zelltherapie sind es schließlich 1022.“ Dabei sind auch bereits die Rohstoffe wie die zur Zellmutation benötigten Viren sehr teuer, weshalb schon in dieser Vorstufe die Produktion effizienter werden müsse. Automatisierung sei dabei ein wichtiger Hebel, da man die derzeit hohe Qualität unbedingt halten müsse. Außerdem identifiziert Kassim vor allem die hiesige Bürokratie als Hemmschuh: „Was in Asien drei Wochen dauert, braucht in den USA drei Monate – und in Deutschland drei Jahre.“ tm
Highlight Sessions
Halle 4.0, Saal Europa