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Lieferantenbewertung

Lexikon Pharmatechnologie
Lieferantenbewertung

Für die Gute Herstellungspraxis ist vonseiten des Auftraggebers – unabhängig davon, welche Dienst- oder Werkleistung in Anspruch genommen wird – nachzuweisen, dass der jeweilige externe Dienstleister geeignet und in der Lage ist, die gewünschte Dienstleistung zuverlässig zu erbringen. Dies geschieht mindestens durch eine Lieferantenbewertung auf Basis eines Firmenprofils, eines Qualifikationsprofils oder einer Selbsteinschätzung durch den jeweiligen Lieferanten (z. B. durch Beantwortung eines Fragebogens), bei Herstellern kritischer Ausgangsmaterialien grundsätzlich durch die Bewertung des Lieferanten in einem Lieferantenaudit (gem. § 11 Abs. 2 AMWHV).

Aufbauend auf der Klassifizierung externer Dienstleister im Bereich computergestützter Systeme wird ein Baukastensystem von Prüfpunkten für die Durchführung von Lieferantenbewertungen und -audits erarbeitet, das dazu dient, lieferantenbezogene Fragebögen bzw. Auditchecklisten zu erstellen:

  • Die Prüfung allgemeiner Unternehmensinformationen umfasst die Bewertung der finanziellen Situation des Unternehmens, die Prüfung, ob das Unternehmen mit ausreichenden Mitarbeitern ausgestattet ist und ob das Unternehmen einschlägige Branchenerfahrung hat.

  • Die Prüfung von Produktinformationen umfasst die Bewertung der historischen Entwicklung des Produkts sowie der geplanten Weiterentwicklungen. Daneben wird erwartet, dass sich das Produkt durch eine angemessene Stabilität auszeichnet, was als Indikator für die Ausgereiftheit des jeweiligen Produkts gewertet wird. Zusätzlich ist die Verbreitung des Produkts in der GMP-regulierten Industrie von Bedeutung.

  • Zur Prüfung der Qualifikation wird von jedem externen Dienstleister erwartet, dass für die beim Auftraggeber zum Einsatz kommenden Mitarbeiter Qualifikationsprofile vorgelegt werden. Diese Qualifikationsprofile sollten Informationen zur Ausbildung des jeweiligen Mitarbeiters, zu Weiterbildungsmaßnahmen und zu Erfahrungen aus dem bisherigen Berufsleben (Mitarbeit bei Projekten, bisherige Aufgaben) beinhalten.

  • Der Prüfbereich Qualitätssicherungssystem beinhaltet die Bewertung der Effektivität des Qualitätssicherungssystems. Idealerweise verfügt der externe Lieferant über Berichte zu Qualitätsaudits bzw. über eine Qualitätszertifizierung.

  • Im Prüfbereich Projektmanagement werden die Projektsteuerungs-, Projektkontroll- und Projektqualitätssicherungsfähigkeiten des externen Dienstleisters überprüft. Erwartet wird eine auf das jeweilige Projekt abgestimmte Projektmethodik.

  • Für den Prüfbereich Lebenszyklus wird erwartet, dass der externe Dienstleister seiner Entwicklungs- und Weiterentwicklungsmitarbeit ein Lebenszyklusmodell zugrunde legt. Dabei wird die Software in getrennten Phasen entwickelt, wobei der Übergang von einer Phase in die andere an eindeutig messbare Ergebnisse gebunden ist.

  • Bei der Prüfung des Konfigurationsmanagements wird bewertet, ob der externe Dienstleister systematisch mit Software- und Dokumentationsänderungen umgeht. Es wird erwartet, dass es eine Releasestrategie gibt, dass Änderungsnachweise verfügbar sind und dass für jede Version des Softwareprodukts sowohl der Softwarequellcode als auch die zugehörige Dokumentation verfügbar ist bzw. wiederhergestellt werden kann.

  • Der Prüfbereich Dokumentation umfasst die Bewertung der Dokumentationsstrategie des externen Dienstleisters. Es wird geprüft, welche Dokumente der externe Lieferant erstellt, welchen Inhalt diese Dokumente haben, wie die Dokumente beim Dienstleister verwaltet, versioniert und archiviert werden. Schließlich wird ermittelt, welche Dokumente der Auftraggeber übergeben bekommt. Daneben wird erwartet, dass im Rahmen eines Audits dem Auftraggeber die gesamte Dokumentation zur Einsicht vorgelegt werden kann.

  • Im Bereich der Sicherung des laufenden Betriebs geht es um die Prüfung der Installation von Rechnersystemen, der geforderten Verfahren für den laufenden technischen Betrieb sowie um die Prüfung der Räumlichkeiten, die für die Durchführung eines Rechenzentrumsbetriebs verwendet werden. Da bei der Abwicklung des laufenden Systembetriebs die extern betreuten Rechnersysteme häufig nicht mehr im unternehmensinternen Netzwerk integriert sind, sondern der Zugriff über externe Netzwerkverbindungen erfolgt, werden zusätzlich Datensicherheitsmechanismen bewertet.

  • Im Bereich Kundenunterstützung / Reklamationsabwicklung schließlich wird geprüft, ob der Dienstleister in der Lage ist, aktive Kundenunterstützung anzubieten, wie der ggf. notwendige Transfer von Know-how und Arbeitsergebnissen vom Dienstleister auf den Kunden erfolgt und ob der Dienstleister über ein systematisches Vorgehen zur Behandlung von Kundenreklamationen verfügt.

Aus den oben beschriebenen Baukastenbestandteilen kann unter Zuhilfenahme der Bewertungsmatrix ein Fragebogen zusammengestellt werden, der dem externen Lieferanten zur Beantwortung zugesendet wird bzw. der die Checkliste für ein Lieferantenaudit darstellt. Selbstverständlich sind dabei — spezifisch für die jeweilige Dienstleistung — Schwerpunkte zu setzen und Akzeptanzkriterien zu definieren.

Ist der Lieferant schließlich ausgewählt, geht es darum, mit dem Lieferanten die zu erbringende Dienstleistung zu vereinbaren. Dazu wird eine schriftliche Vereinbarung, in der Regel ein Dienst- (§§ 611 ff. BGB), Werk- (§§ 631 ff. BGB) oder Lieferungsvertrag (§§ 651 BGB) abgeschlossen. Im Rahmen der Vertragsgestaltung gilt es nun zu beachten, dass die Verantwortlichkeiten und beiderseitig zu erbringenden Leistungen eindeutig und unmissverständlich definiert werden. Leider werden trotz ausgeklügelter Lieferantenbewertungssysteme und klarer Absprachen vor Vertragsabschluss die qualitativen Aussagen im Vertrag häufig unklar formuliert, was ggf. zu Missverständnissen und letztendlich zu vermeidbaren Vertragsstreitigkeiten führen kann.

Die beiderseitig zu erbringenden Leistungen sind im Vertrag nicht nur zu benennen, sondern auch qualitativ zu beschreiben. Insbesondere bei der Lieferung von Dokumentation kann es sonst nach Vertragsabschluss zu Unstimmigkeiten über den Inhalt und den Umfang einzelner Dokumente kommen. Es ist empfehlenswert, die Detailergebnisse einer Lieferantenbewertung oder eines Lieferantenaudits bzw. die im Rahmen der Lieferantenbewertung erfolgten Vereinbarung vertraglich festzuschreiben.

© 2013 – ECV – Lexikon der Pharmatechnologie

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