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Oberflächenspannung

Lexikon Pharmatechnologie
Oberflächenspannung

Siehe auch: Energieniveau, Oberflächenenergie, Lotuseffekt.

Materialkonstante, die die Energie in N/m angibt, die bei einer Oberflächenvergrößerung einer Flüssigkeit um z. B. 1 cm2 aufgewendet werden muss. Das Auftreten der Oberflächenspannung beruht darauf, dass die Flüssigkeitsmoleküle sich anziehen. Im Innern der Flüssigkeit heben sich diese Kräfte gegenseitig auf; an der Oberfläche aber sind sie nach innen gerichtet und bestrebt, die Oberfläche möglichst klein zu halten. Im Grenzschichtbereich zwischen einer Flüssigkeit und einer festen Substanz wirkt auf ein Flüssigkeitsmolekül zum einen die Kraft in die eigene Flüssigkeit hinein (Kohäsionsspannung) und zum andern eine Kraft in Richtung der festen Substanz (Adhäsionsspannung). Die resultierende Kraft ist die Haftspannung. Aus diesem Prinzip ergibt sich z. B. bei dünnen Röhrchen die Kapillarwirkung.

Oberflächen von festen Körpern — also auch von Oberflächen aus austenitischen Edelstahllegierungen — und Flüssigkeiten weisen insofern spezifische mechanische Spannungszustände auf, die vom jeweiligen Stoff abhängen und speziell bei festen Körpern durch das finale Oberflächenbearbeitungsverfahren entsprechend verändert (durch mechanische Bearbeitung erhöht, durch elektrochemisches Polieren reduziert) werden.

Die Oberflächenspannung ist eine flächenbezogene Energie bzw. eine längenbezogene Kraft (Dimension N/m), die an Grenzflächen zwischen verschiedenen Stoffen – speziell an Flüssigkeitsoberflächen bzw. zwischen Flüssigkeiten und Feststoffoberflächen – wirkt, und zwar in der Richtung, dass die Oberfläche der Flüssigkeit möglichst klein wird.

Speziell Flüssigkeiten, wie Wasser, bei denen die zwischenmolekularen Kräfte besonders groß sind (neben üblichen Van-der-Waals-Kräften zusätzlich starke Wasserstoffbrücken), zeigen auch erhöhte Oberflächenspannungen.

Aus physikalischer Sicht ist die Oberflächenspannung die völlig analoge Größe zur spezifischen Oberflächenenergie und definiert sich als notwendige Energiezunahme, bezogen auf die dadurch erzielbare Vergrößerung der Oberfläche. Moleküle / Atome an der Oberfläche haben gegenüber einem Molekül / Atom im Inneren also eine erhöhte potenzielle Energie.

Austenitische Edelstahloberflächen haben nun eine Oberflächenspannung bzw. eine spezifische Oberflächenenergie, die eine werkstoffspezifische Legierungsgröße — z. B. 0,05 N/m — und ein Maß für eine entsprechende Oberflächenvergrößerung, etwa bei der freien Umformung (Kaltumformbereich), darstellt. Diese spezifische Größe ist bestimmt von den Elementen der Legierung und deren Ordnungssystem (z. B. kubisch-flächenzentriertes Kristallgitter, Metallgitter) bzw. entsprechenden Gitterfehlern.

Die mechanische Bearbeitung der Edelstahloberfläche etwa durch Schleifen oder Walzen verursacht zum einen eine entsprechende Oberflächenvergrößerung (und damit eine Energieerhöhung), zum anderen aber eine erhebliche Speicherung von Verspannungsenergie (potenzielle Energie) infolge lokaler plastischer Verformung. Dadurch wird die Oberflächenspannung um 50–100 % auf 0,07-0,1 N/m erhöht.

Diese Erhöhung der Oberflächenspannung ist vor allem hinsichtlich entsprechend erhöhter Adhäsionskräfte (Adhäsion) (Van-der-Waals-Kräfte) von Relevanz und äußert sich in der verstärkten Anlagerungsfähigkeit, etwa auch von Flüssigkeiten.

Eine Flüssigkeit definierter Oberflächenspannung σ zeigt folgendes Benetzungs-(Adhäsions-)verhalten zur Edelstahloberfläche:

σFlüssigkeit > σEdelstahloberfläche:

Perlbildung (elektropolierte Oberfläche),

σFlüssigkeit ≤ σEdelstahloberfläche:

Benetzung bzw. Auseinanderfließen (mechanisch geschliffene Oberfläche).

Durch Benetzungsmessungen der festen Oberfläche mit Flüssigkeiten bekannter Oberflächenspannung (polarer Wert σpol und apolarer Wert σapol) kann durch entsprechende Randwinkelbestimmungen (Tropfenrandwinkelmessung) des Flüssigkeitsbenetzungstropfens auf der Prüfoberfläche die Oberflächenspannung σ = σpol + σapol der festen Oberfläche bestimmt werden.

Oberflächenspannungen von festen Oberflächen können inzwischen auch schon mit speziellen Testtinten verschiedener Oberflächenspannungen effektiv und schnell bestimmt werden.

Durch die elektrochemische Polierung werden die Störschichten auf der Edelstahloberfläche – entstanden durch mechanische Bearbeitung (Beilby-Schicht) – völlig entfernt und insofern wird ein Minimum der spezifischen Oberflächenenergie (= Oberflächenspannung) erreicht, wodurch speziell Kontaminationen reduziert und Reinigungsprozesse wesentlich erleichtert werden.

Die Oberflächenspannung von Polymerwerkstoffen ist aufgrund des makromolekularen Aufbaus und der deutlich energieärmeren atomaren bzw. molekularen Ordnung der Stoffe im Vergleich zu Metallen / Metalllegierungen deutlich geringer als bei den metallischen Werkstoffen.

© 2013 – ECV – Lexikon der Pharmatechnologie

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