Darstellung der physikalischen Eigenschaften von thermoplastischen Kunststoffen in Abhängigkeit von der Temperatur.
Folgende Zustandsformen können die verschiedenen Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur annehmen:
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Hartelastischer Zustand mit glasig, amorphem und häufig sprödem Verhalten bzw. teilkristalliner Zustand
Speziell glasartige, amorphe Polymere (z. B. Polystyrol, PS) besitzen keine kristallähnliche Ordnung, sind unvernetzt und zeigen eine Filz- oder Verknäuelungsstruktur mit Verschlaufungen.
Kristallitartig geordnete Strukturen in teilkristallinen Kunststoffen können sein:
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Fransenmizellen oder Fibrillen,
Teilkristalline oder teilorientierte Molekülkettenstrukturen sind hartelastisch-zäh, wobei hohe zwischenmolekulare Sekundärkräfte zwischen den Makromolekülketten vorliegen.
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Einfrierbereich bzw. Erweichungs- oder Glasbereich
Der Einfrierbereich der Thermoplaste bei Temperaturerhöhung (Umwandlungsbereich 2. Ordnung) ist gekennzeichnet durch den Übergang vom glasig spröden oder hartelastischen Zustand in einen weichelastischen Zustand mit deutlicher Abnahme aller mechanischen Eigenschaften (σ, τ–, E, G etc.).
Beim Erwärmen eines Kunststoffes werden von einer bestimmten Temperatur an die zwischenmolekularen Kräfte zuerst in den amorphen Bereichen durch die Wärmebewegung überwunden. In einem Temperaturintervall von 30–60 °C werden nacheinander alle ungeordneten Kettensegmente frei beweglich – sie „tauen” auf. Im Ganzen bleiben die Molekülketten aber aneinander verankert. Die thermisch verursachte Bewegung der Molekülsegmente zwischen den Haftpunkten wird Mikrobrownsche Bewegung genannt.
Von Bedeutung ist der sogenannte Sprödigkeitspunkt, der bei amorphen Polymeren bzw. in den amorphen Bereichen von teilkristallinen Polymeren bei weiterer Temperaturerhöhung unmittelbar nach dem Einfrierbereich liegt.
Diese Versprödung erklärt sich dadurch, dass der Zusammenhalt der Makromoleküle durch Temperatur (Wärmebewegung) zwar schon gelockert ist, aber die Ketten doch noch nicht so weit beweglich sind, dass sie einer rasch wirkenden Kraft (Schlagbeanspruchung) ausweichen können. So kann ein Werkstoff, der bei langsamer Verformungsgeschwindigkeit weich erscheint, bei Schlagwirkung plötzlich brechen.
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Weichelastischer Zustand
Der weichelastische Zustand, der vom Erweichungsbereich einerseits und vom Fließ- (Schmelz-)bereich andererseits begrenzt wird ist nur bei hochmolekularen Stoffen typisch.
Voraussetzung für das weichelastische Verhalten ist die sehr weitmaschige Verknüpfung der Molekülketten. Bei Thermoplasten entsteht dies durch intensive Verfilzung bzw. durch kristalline Ordnungsbereiche; bei Elastomeren durch minimale (räumliche) Quervernetzung.
Im weichelastischen Zustand ist die Mikrobrownsche Bewegung voll entfaltet. Die Beweglichkeit der Kettenabschnitte beruht auf der gegenseitigen Drehbarkeit der C-Atome um die Bindungsachse.
Die Kettensegmente befinden sich in den amorphen Bereichen aufgrund der Wärmebewegung in größtmöglicher Unordnung (maximale Entropie). Unter Einwirkung äußerer mechanischer Spannungen wird die Wärmebewegung stark eingeschränkt und die Makromoleküle orientieren (ordnen) sich entsprechend der äußeren mechanischen Spannung: dU = TdS (Energie- / Entropieausgleich).
Bei Entspannung retardieren bzw. relaxieren die Makromoleküle wieder in den Zustand größter Unordnung, sofern nicht vorher abgekühlt wird, wobei die jeweiligen Ordnungszustände eingefroren werden.
Zu erwähnen ist hierzu noch die Relaxation, bei der die elastische Verformung infolge mechanischer Spannung bei Thermoplasten von einer plastischen Verformung durch Abgleiten der Molekülketten an den Haftpunkten überlagert wird, der Kalandereffekt, bei dem eine elastische Rückfederung der plastischen Deformation infolge Umordnung von Makromolekülketten auftritt, und die Kristallisation durch verformungsbedingte Ordnung (Texturierung), wie z. B. die Parallelordnung von Makromolekülketten bei der Fadenextrusion.
Gummiartige Kunststoffe (Elastomere) müssen dabei folgende Bedingungen erfüllen:
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weitmaschige Vernetzung (gegen plastisches Fließen),
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schwache Sekundärbindung (Kettenbeweglichkeit),
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reversible Kristallisation.
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Fließbereich
Bei einem Thermoplast erfolgt der Übergang vom weichelastischen in den plastischen (viskosen) Zustand. Dabei werden die Kettenmoleküle infolge Wärmebewegung gegeneinander frei beweglich. Die Wirkung der Dipol- und H-Brücken-Kräfte ist durch die Wärmebewegung weitgehend aufgehoben.
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Plastischer Zustand
Der plastische Zustand liegt zwischen Fließbereich und thermischem Zersetzungsbereich und wird v. a. bei Thermoplasten zur technischen Verarbeitung (Formgebung) genutzt.
Einzelne hochviskose (hochmolekulare) Kunststoffe eignen sich v. a. zum Kalandrieren und Extrudieren; andere zum Spritzgießen.
Liegen sehr hohe (sekundäre) Gitterkräfte in den Kristalliten eines teilkristallinen Kunststoffs vor, so wird der Fließbereich in die Nähe der Zersetzungstemperatur verschoben. Dies ist etwa bei PTFE und bei Zellulose der Fall, weshalb diese Stoffe nicht thermoplastisch verarbeitbar sind.
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Gequollener oder gelöster Zustand
Der gequollene bzw. gelöste Zustand durch Eindringen einer niedermolekularen Substanz in das Molekulargefüge eines Kunststoffes ist v. a. bei Thermoplasten, aber auch bei Elastomeren bekannt. Die Moleküle eines Quell- bzw. eines Lösungsmittels (oder auch eines Weichmachers) haben eine ähnliche Wirkung wie die Wärmebewegung, indem der Molekülzusammenhalt der Makromoleküle gelockert wird („zwischenmolekulares” Schmiermittel).
Bei der Quellung bleibt der Zusammenhang der Moleküle an einigen Stellen gewahrt; bei der Lösung werden die Makromoleküle voneinander abgehoben und getrennt. Dabei ist zu beachten, dass vernetzte Kunststoffe nur gequollen (nicht gelöst) werden können, wobei die Quellbarkeit mit dem Vernetzungsgrad abnimmt.
Thermoplastische Polymere mit linearen Kettenmolekülen können gequollen und gelöst werden, wobei sich niedermolekulare Stoffe leichter im Polymer lösen als hochmolekulare. Des Weiteren lösen sich teilkristalline Polymere schlechter als etwa amorphe, wobei das Lösungsmittel zuerst in die amorphen Bereiche eindringt. In die kristallinen Bereiche kann das Lösemittel nur eindringen, wenn die Sekundärkräfte zwischen Makromolekülen und Lösemittel größer sind als die kristallinen Gitterkräfte.
Teilkristalline Stoffe werden deshalb häufig nur im amorphen Bereich angequollen.
Das geeignete Lösemittel muss eine hohe Sekundärbindung zum Makromolekül haben – d. h. es muss chemisch ähnlich sein (siehe Kohäsionsenergiedichte):
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polare Lösemittel zu Makromolekülen mit polaren Gruppen,
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unpolare Lösemittel zu Makromolekülen mit unpolarem Charakter.
Die Permeation ist ein Sonderfall der Quellung und unterliegt den gleichen Gesetzmäßigkeiten. Die physikalische Eigenschaft der Permeabilität als Durchlässigkeit von Kunststoffolien gegenüber Gasen und Dämpfen ist auf Diffusionsvorgänge zurückzuführen.
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Kristallisationsbereich
Der Kristallisationsbereich eines Thermoplasts beschreibt den Bereich, in dem Kristallite schmelzen bzw. entstehen, d. h. Ordnungsbereiche aufgegeben bzw. eingerichtet werden.
Die Kristallisation entspricht dem Ordnungszustand der Makromoleküle – meist einer parallelen Kettenlage in Fibrillen, Lamellen oder Sphärolithen.
Die Kristallisationsneigung wird v. a. behindert durch:
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schwache Sekundärkräfte,
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ataktischen oder asymmetrischen Molekülaufbau,
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sperrige Seitenketten,
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hohes Monomergewicht,
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starke Verzweigungen,
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Kettenverschlingungen,
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Fremdmoleküle bzw. starke Polymerisationsgradverteilungen,
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Vernetzungen.
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© 2013 – ECV – Lexikon der Pharmatechnologie