Die Herstellung hochaktiver oder hochgefährlicher Substanzen beschäftigt die pharmazeutische Industrie seit vielen Jahren. Betrachtet man Containment in der Anfangszeit, wurde in diesem Zusammenhang über geschlossene Prozesse und Produkttransfers gesprochen, ohne hierzu einen definierten Arbeitsplatzgrenzwert zu benennen. In der Ausführung der geschlossenen Produkttransfers gab es demzufolge auch viel Spielraum für Interpretationen. Über pharmazeutische Arbeitsplatzgrenzwerte spricht man innerhalb der DACH-Region erst seit ca. 15 Jahren. Dies war auch die Zeit, in der von mir die Containmentpyramide eingeführt und die Begriffe OEL/OEB (Occupational Exposure Limit/Occupational Exposure Band) im deutschsprachigen Raum bekannt gemacht wurden. Eine ähnliche Entwicklung gab es auch bei den Begriffen im EU-GMP-Leitfaden. In den damaligen Kapiteln 3.6 und 5.18 dieses Leitfadens wurde über „Certain Products like Hormons, Antibiotics, Cytotoxic“ gesprochen, die ggf. in einer Vielzweckanlage hergestellt werden können.
Diese Kapitel wurden nun durch die “Guideline on setting health based exposure limits for use in risk identification in the manufacture of different medicinal products in shared facilities (20. November 2014) EMA/CHMP/ CVMP/ SWP/169430/2012” ersetzt. In dieser Guideline werden für jedes Produkt sogenannte PDEs (Permitted Daily Exposures) erwartet. Auch wird nun genau definiert, welche Produkte in einer Vielzweckanlage hergestellt werden dürfen und für welche eine Monoproduktion erforderlich ist.
Den Zusammenhang vom PDE zum OEL erkennt man auch an der Containmentpyramide. Neben dem abgeleiteten Luftgrenzwert OEL werden aus dem PDE auch die Grenzwerte für Reinigungsrückstände sowie die Grenzwerte der Produkt-Carry-Over von einer Substanz zur nächsten berechnet. Die Berechnung der Grenzwerte aus dem PDE ersetzen auch das 10-ppm- sowie das 1/1000-der-Tagesdosis-Kriterium, das bislang in der Europäischen Union angewendet wurde.
Die Umsetzung des PDE in eine geeignete Produktionsanlage ist eine Herausforderung, der sich mittlerweile viele Herstellbetriebe in allen pharmazeutischen Bereichen stellen müssen. Anfänglich waren es vorrangig Produkte aus der Wirkstoffherstellung und pharmazeutischen Produktion. Mittlerweile gibt es auch eine Vielzahl hochaktiver oder hochgefährlicher Biotech-Produkte. Speziell entwickelte Medikamente, beispielsweise zur Behandlung von Krebs, fordern auch immer niedrigere Occupational Exposure Limits. Sprach man vor einigen Jahren über einen herausfordernden OEL von 1 μg/m3, sind es nun Werte im ein- und zweistelligen Nanogrammbereich. Um diese Grenzwerte einhalten zu können, bedarf es spezieller Technologien, die über mehrfache Barrieresysteme verfügen. Hierzu gehört beispielsweise das Einschleusen des Wirkstoffes in einen Isolator über doppelte Schleusensysteme.
Um das Thema Containment ganzheitlich betrachten zu können, hat die ISPE CoP (Community of Practice) der DACH-Region das Containment-Handbuch unter meiner Leitung publiziert. Auf fast 170 Seiten werden die Themen Grenzwertberechnung, Risikobetrachtung, Lebenszyklus, Prozessanforderungen, Technische Containmentsysteme, Räume, Schleusen, Filtertechnologien, arbeitshygienische Validierung, Reinigung, Abfall sowie auch die Schulung des Personals im Detail beschrieben. Mit fast 500 auf dem Markt befindlichen Containment-Handbüchern, ist es bereits eines der erfolgreichsten ISPE-Dokumente und seit Anfang 2017 auch auf Englisch erhältlich.