Die pharmazeutische Industrie verzeichnet einen kontinuierlich wachsenden Bedarf am Rohstoff Wasser. Analog dazu steigt auch die Nachfrage nach hochreinen Medien wie Rein- oder Reinstwasser. Qualitätsschwankungen und Engpässe bei der Versorgung können weitreichende Konsequenzen haben. Entsprechende Erzeugeranlagen stellen somit zentrale Versorgungssysteme dar, deren bedarfsgerechte Auslegung und Verfügbarkeit entscheidend zur Qualität und Sicherheit der gesamten Produktionskette beitragen.
Der Autor: Helmut Sommer Director Sales & Business Development, Bosch Packaging Technology
Wasser erfüllt unterschiedliche Funktionen in der Verarbeitung, Formulierung und Herstellung pharmazeutischer Produkte und Wirkstoffe. Zudem wird der Rohstoff als Trägermedium oder für die Reinigung von Verpackung und Zubehör genutzt. Die Pharmaindustrie benötigt unterschiedliche Wasserqualitäten, die in Leitfäden und Richtlinien festgehalten sind. Die erforderliche mikrobiologische Qualität des Wassers wird in Aufbereitungsanlagen für Reinwasser (purified water, PW), Reinstwasser (highly purified water, HPW) oder Wasser für Injektionszwecke (water for injection, WFI) erreicht.
Für die Erzeugung von PW und HPW sind zwei beziehungsweise drei wesentliche Prozessschritte erforderlich: Vorbehandlung, Aufbereitung und – zur Erzeugung von HPW – Endreinigung. Während der Vorbehandlung werden dem Trinkwasser die härtebildenden Anteile, beispielsweise Kalzium- und Magnesiumionen, entzogen. Das eingespeiste Trinkwasser wird dabei durch ein Bett aus Austauscherharz geführt. Um den Salzgehalt und die Leitfähigkeit des Wassers konstant zu halten, ersetzt eine entsprechende Menge Natriumionen die entzogenen Ionen. Die Enthärtungsanlage besteht aus zwei Enthärtersäulen, die seriell oder parallel angeordnet sind. Dank dieser Schaltung wird der Gefahr einer Verkeimung des Harzbettes effektiv vorgebeugt, da letzteres permanent durchströmt wird. Das Enthärtermodul wird durch Heißwasser bei Temperaturen von bis zu 85 °C sanitisiert. Dieses Verfahren kann automatisch ablaufen und GMP-konform dokumentiert werden.
Weitere Aufbereitungsschritte
Die weitere Aufbereitung gliedert sich in Umkehrosmose und Elektrodeionisation. Die Umkehrosmose ist sowohl ein physikalischer als auch ein chemischer Filtrationsprozess, der dem vorbehandelten Wasser das Salz entzieht. Hier wird das Wasser mit einem Druck, der höher als sein Osmosedruck ist, durch eine semipermeable Membran gepresst und dabei in einen Konzentrat- und einen Permeatstrom aufgeteilt. Der Konzentratstrom führt die abgeschiedenen Salze ab, während der Permeatstrom aus Reinstwasser nur noch einen Salzanteil von 1 bis 5 % aufweist. Zudem werden während der Umkehrosmose auch Schwebstoffe und Makromoleküle herausgefiltert.
Die Elektrodeionisation (EDI) liefert ein Diluat, das die Anforderungen an gereinigtes Wasser sogar übersteigt. Kern des Prozesses ist ein elektrisches Feld, das in Kombination mit einem Ionenaustauscherharz die geladenen Wasserinhaltsstoffe des Permeats aus der Umkehrosmose absondert. Gleichzeitig sorgt es für die kontinuierliche Regeneration des Austauscherharzes, indem es das Wasser in Wasserstoff- und Hydroxidionen aufspaltet. EDI-Systeme sind gegenüber Schwankungen in der Zusammensetzung des Speisewassers unempfindlich und reduzieren neben dem Salzgehalt auch den Anteil an Kohlenstoffdioxid, Siliziumdioxid und TOC (Gesamtmenge des organischen Kohlenstoffs) um bis zu 90 %.
Zur Herstellung von HPW wird das aus der Elektrodeionisation gewonnene Reinwasser im Rahmen der Endreinigung einer Ultrafiltration (UF) unterzogen und zu apyrogenem und keimfreiem Wasser aufbereitet. Das Membrantrennverfahren trennt partikulare Verunreinigungen und gelöste Stoffe aufgrund ihres Molekulargewichts oder ihrer Größe ab. Dabei kommen Hohlfaser-Polysulfon-Membranen zum Einsatz, deren Trenngrenze von 6000 Dalton weit unter der erforderlichen Grenze zur Entfernung von Bakterien, Viren und Pyrogenen liegt und damit die gewünschte pharmazeutische Sicherheit gewährleistet. Zur Integritätsprüfung der UF-Module kann ein sogenannter Bubble-Test direkt in der Anlage selbst durchgeführt werden.
Schnittstellen reduzieren
Die komplexen Aufbereitungsschritte wurden bisher in der Regel auf einzelnen, eigenständigen Einheiten durchgeführt. Um den wachsenden Anforderungen der pharmazeutischen Industrie hinsichtlich Qualität und Flexibilität zu genügen, entscheiden sich nun immer mehr Unternehmen für Komplettlösungen. Diese bieten den entscheidenden Vorteil, dass Maschinen, Zubehör und Services von einem Anbieter erhältlich sind. Im Vergleich zu einzelnen Komponenten ermöglichen Komplettanlagen eine effizientere Abstimmung der jeweiligen Baugrößen und Anlagenleistung. Alle Steuerungssysteme sind miteinander verknüpft, Schnittstellen werden auf ein Minimum reduziert. Das verkürzt wiederum zeit- und kostenintensive Abstimmungsprozesse und beschleunigt Projekte. Es führt zudem zu einer vereinfachten und reduzierten Ersatzteilhaltung und schlägt sich letztendlich in einer höheren Verfügbarkeit der Anlage nieder. Derartige Anlagen lassen sich zudem einfach nachrüsten und an neue Anforderungen anpassen.
Von der Planung bis zur Installation
Bosch Pharmatec bietet Komplettlösungen für die Rein- und Reinstwasseraufbereitung. Dazu gehören sämtliche Schritte von der Planung über die Fertigung bis hin zur Installation der Anlagen. Aktuelle Wasseranalysen beim Anwender vor Ort dienen als Planungsgrundlage. Das modulare Konzept setzt sich aus einfach zu integrierenden und kombinierenden Standardelementen zusammen. Bedarfsgerecht ausgelegte Anlagen für Erzeugungsmengen zwischen 400 und 16 500 l/h sind möglich. Größere Anlagen werden anwenderspezifisch ausgelegt. Mit dem Ausbau seines Portfolios an Rein- und Reinstwasseranlagen avanciert Bosch zum Komplettanbieter für die pharmazeutische Wasseraufbereitung. Vom Trinkwasseranschluss bis zum Point of Use lässt sich mit den Anlagen die komplette Wasseraufbereitung regelkonform umsetzen. So erfüllt Bosch die Anforderungen der Pharmaindustrie an flexible Lösungen für die gesamte Prozesskette.
Halle 3.1, Stand C70
prozesstechnik-online.de/cav0512492
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