Als weltweit tätiger Anbieter von Sample-to-Insight-Lösungen ermöglicht es Qiagen seinen Kunden, wertvolle molekulare Erkenntnisse aus Proben zu gewinnen, die DNA, RNA und Proteine aus Blut, Gewebe und anderen Stoffen enthalten. Mit etwa 5200 Mitarbeitern an über 35 Standorten bietet das Unternehmen Lösungen für mehr als 500 000 Kunden aus den Bereichen Molekulare Diagnostik (Gesundheitsfürsorge) und Life Sciences (akademische Forschung, pharmakologische F&E und industrielle Anwendungen, hauptsächlich Forensik).
In Shenzhen, China, betreibt Qiagen eine Produktionsstätte mit einer Bruttogrundfläche von rund 10 000 m2, einschließlich aller Haupt- und angegliederten Funktionen wie Produktion, F&E, Quality Control und Büros. Da die lokale Regierung das gesamte Stadtviertel neu entwickeln wollte, sollten bestehende Gebäudeeigentümer und Mieter innerhalb eines engen Zeitrahmens von nur anderthalb Jahren zwischen 2017 und 2018 ausziehen.
Aufgrund der rasanten Urbanisierung sind solche Sanierungen in China nicht unüblich: Im Laufe von 10 oder 15 Jahren verwandelt sich ein Grundstück, das früher eher am Rande der Stadt lag und vergleichsweise günstig war, in wertvollen innerstädtischen Boden. Dementsprechend sind früher willkommene Nutzungen am Stadtrand, beispielsweise Produktionsgebäude, innerhalb der Stadt nicht mehr erwünscht und müssen weiter nach außen verlagert werden, um Platz für Wohn- und Gewerberaum zu machen. Dabei können die Kompensationen sehr attraktiv sein, da sie normalerweise den erheblichen Anstieg der Grundstückspreise widerspiegeln.
Aus der Not eine Tugend machen
Im Falle des vorliegenden Projekts handelte es sich bei der Verlagerung nicht einfach um eine Kopie der bestehenden Anlage. Vielmehr war das Ziel, neben der Sicherstellung der Compliance auch Effizienzgewinne zu realisieren, die am alten Standort nicht in dieser Form möglich gewesen wären. Um das zu erreichen, wurden alle Schritte des Produktionsprozesses neu bewertet. Daraus leitete sich ein Prozesslayout ab, das nicht nur vollständig GMP-konform ist und den lokalen Richtlinien und Bauvorschriften entspricht, sondern auch hinsichtlich der Lean-Production-Prinzipien optimiert ist. Darüber hinaus sollte es für zukünftige Produktlinien geeignet sein. Dieser Prozess begann mit den von Drees & Sommer durchgeführten detaillierten Workshops zu den Nutzeranforderungen.
Auf dieser Grundlage wurde ein EPCMV-Dienstleistungspaket (Engineering-, Procurement-, Construction- and Validation Management) vereinbart. Die Ausschreibung dieses Pakets führte hauptsächlich Drees & Sommer im Auftrag des Auftraggebers durch. Am Ende des Bewertungs- und Empfehlungsprozesses erhielt ein internationales Ingenieurbüro mit Spezialisierung auf
Pharmaplanung den Zuschlag für den jeweiligen Dienstleistungsvertrag.
Während dieser Phase wurde klar, dass der Umzug in ein bereits bestehendes Gebäude die einzige sinnvolle Option war. Denn so konnte die Zeit für die Bauarbeiten eingespart werden, um sich auf die Reinraumausstattung und die technischen Installationen konzentrieren zu können. Außerdem werden Ausbauprojekte in China in der Regel viel schneller genehmigt als vergleichbare Neubauvorhaben: Der Unterschied kann etwa ein halbes Jahr betragen. Beim Standort entschied sich Qiagen für ein bereits fertiggestelltes leeres Objekt, das alle technischen Voraussetzungen für eine hochmoderne Reinraumfertigung wesentlich besser als das aktuelle erfüllte.
Detaillierte Anlagenplanung
In China sind im Rahmen eines Ausbauprojektes Änderungen an der Gebäudestruktur oder -hülle kaum genehmigungsfähig. Dies erforderte eine sorgfältig durchdachte Planung der Reinraumbelüftung, insbesondere hinsichtlich der Anzahl und Größe der vertikalen Schächte (außenliegende Kanäle nicht statthaft). Auch die Lage von Frischluft- und Abluftöffnungen war nicht frei wählbar, trotzdem mussten Kreuzkontaminationen zuverlässig ausgeschlossen werden.
Für alle vorhandenen Prozessanlagen wurde bereits in der Entwurfsphase eine Studie erstellt, um zu prüfen, ob die vorhandene Ausrüstung an den neuen Standort verlegt wird oder neue Anlagen angeschafft werden, oder auch beides mit zeitlichem Versatz. Die Frage wurde unter Berücksichtigung der GMP-Konformität analysiert. Eine Rolle spielte außerdem die operative Sicht, da die Zeit des Produktionsausfalls minimiert werden musste. Eine detaillierte Verlagerungsreihenfolge und Zeitplanung wurde von Drees & Sommer gemeinsam mit dem Produktionsteam von Qiagen ausgearbeitet, um diese Herausforderungen zu meistern.
In China muss auch für ein Ausbauprojekt ein qualifizierter Generalunternehmer (GC) mit allen erforderlichen Lizenzen die rechtliche Verantwortung für die Baustelle, insbesondere für die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte, übernehmen. Der Arbeitsumfang für den GC wurde so definiert, dass er Schwarzmedien, Reinräume und die allgemeinen Ausstattungsarbeiten umfasst. Für wichtige Punkte, bei denen sich die Qualität direkt auf den Prozess auswirkt, wurden spezielle Arbeitspakete geschnürt, beispielsweise für das PW-System mit gereinigtem Wasser, die Lüftungsanlage und die Kühleinrichtung sowie für die attraktive und benutzerfreundliche Gestaltung von Lobby und Bürobereichen.
Qualifizierung unter hohem Zeitdruck
Die größte Herausforderung für die Qualifizierungs- und Validierungsphase bestand darin, den effizientesten Plan für die Umstellung der Herstellungslizenz von der alten auf die neue Anlage zu erarbeiten. Die Zeitplanung hing mit vielen Faktoren zusammen: Dazu gehören die physische Fertigstellung und der behördliche Abnahmestatus der neuen Einrichtung, der Fortschritt von Installation/Operational Qualification (IOQ), der Umzugsplan für die Produktionsausrüstung, der Antrag auf Änderung der Geschäftslizenzadresse sowie die Erneuerung der Registrierungsbescheinigung für Medizinprodukte. All diese verschiedenen Arbeitsabläufe wurden von unterschiedlichen Abteilungen und Verantwortlichen von Qiagen bearbeitet, jeder Schritt erforderte jedoch die Interaktion mit Anderen und somit eine reibungslose Zusammenarbeit des gesamten Teams. Drees & Sommer steuerte diese Zusammenarbeit und führte alle relevanten Planungsarbeiten durch. Am Ende wurde das Ziel der GMP-Bereitschaft zwei Wochen früher als geplant erreicht.
Das Projekt wurde in einem zweistufigen
Organisationsaufbau abgewickelt, bei dem ein EPCMV-Dienstleister die Planung übernahm und die wesentlichen Baupakete verantwortete, während Drees & Sommer die interne Koordination des lokalen Teams übernahm und den EPCMV-Dienstleister beaufsichtigte. Dieser Aufbau verbindet globale und lokale Erfahrungen und führte das Vorhaben zum Erfolg.
Drees & Sommer SE, Stuttgart