Die rasante Entwicklung am Markt für aktive und hochaktive Substanzen verlangt nach einem immer besseren Verständnis von Containment. Fette Compacting widmet sich daher mit einem eigenen System für Expositionsmessungen der systematischen Erforschung von Rückhaltesystemen. Die Ergebnisse weisen auf die unterschätzte Bedeutung von Transfersystemen hin.
Der Marktanteil aktiver und hochaktiver Wirkstoffe nimmt stetig zu. Mehr als die Hälfte aller neu zugelassenen Substanzen gilt mittlerweile als potent, jede vierte Neuentwicklung sogar als hochpotent. In diesem Moment befinden sich weltweit rund eintausend dieser Substanzen in unterschiedlichen Stadien der Marktreife. Der HPAPI Market Report 2020 beziffert das Marktvolumen von aktiven und hochaktiven Substanzen für das Jahr 2019 mit 20,3 Mrd. US-Dollar. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Wert bis zum Jahr 2027 auf 37,07 Mrd. US-Dollar steigt. Mit einer jährlichen Zuwachsrate von 8,43 % sind HPAPIs (Highly Potent Active Pharmaceutical Ingredients) damit das am stärksten wachsende Marktsegment der gesamten Branche. Das spiegelt sich auch in den Investitionsentscheidungen großer Pharmakateure wider. Anfang September 2020 gab beispielsweise die Darmstädter Merck KGaA bekannt, 59 Mio. Euro in den Ausbau ihrer Herstellungskapazitäten für hochaktive Wirkstoffe und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate am US-Standort nahe Madison, Wisconsin, zu investieren.
Mit dem Wachstum des HPAPI-Markts rücken auch die Themen Bedienerschutz und Qualitätssicherung in den Fokus. Begrenzungen der Raumluftkonzentration auf unter 1 µg/m3 sind in der pharmazeutischen Produktion längst an der Tagesordnung. High-Containment-Anlagen für die Verarbeitung hochpotenter Substanzen müssen in Einzelfällen sogar noch deutlich anspruchsvollere Werte erreichen. Vor allem bei extrem hochaktiven Stoffen für die Krebstherapie nähern sich die zulässigen Grenzwerte bereits dem Nanogrammbereich.
Neue Erkenntnisse zum Containment
Als einer der ersten Maschinenhersteller hat es sich Fette Compacting zur Aufgabe gemacht, in die systematische Erforschung des Containments einzusteigen und den fachlichen Diskurs mit eigenen Erkenntnissen voranzubringen. Zu diesem Zweck hat der Hersteller von Tablettenpressen unter dem Namen Containment Guard ein eigenes System für Expositionsmessungen entwickelt. Dieses risikobasierte Messverfahren orientiert sich an den Kriterien der International Society for Pharmaceutical Engineering (ISPE), berücksichtigt dabei aber explizit Arbeitsschritte und Szenarien, die zuvor nicht analysiert wurden. Unter anderem wird die Rückhalteleistung beim Ein- und Ausschleusen von Werkzeug sowie im Falle eines Stromausfalls ermittelt. Um die gewonnen Daten aus den Containment-Guard-Messungen zu validieren und auf ihre Anwendbarkeit im Produktionsalltag zu überprüfen, werden sie mit den Vorortmessungen namhafter Pharmafirmen verglichen. In der Regel offenbart dieser Abgleich eine fast perfekte Übereinstimmung zwischen Containment-Guard-Werten und Praxisdaten.
Systemgrenzen unter der Lupe
Bereits seit 2018 führt Fette Compacting in seinem Competence Center in Schwarzenbek Expositionsmessungen an den eigenen Containment-Anlagen durch. Die gesammelte Menge der belastbaren Daten hat mittlerweile eine beachtliche Größe erreicht und rückt neue Erkenntnisse über das Containment in greifbare Nähe. So zeichnet sich beim derzeitigen Forschungsstand bereits ab, dass Transfersysteme eine größere Rolle für die Rückhalteleistung der Gesamtanlage spielen als bislang angenommen.
Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, dass nicht die Produktionsanlage als Ganzes über die Containment-Leistung entscheidet. Wichtiger sind offenbar die Systemgrenzen der einzelnen Komponenten, die beim Stofftransfer überschritten werden müssen. Ob dieser Übergang in Rohrleitungen, Tüten oder Containern geschieht, spielt dagegen offenbar nur eine untergeordnete Rolle.
Damit rücken die Untersuchungen von Fette Compacting einen noch wenig beachteten Randaspekt des Containments ins Zentrum der Betrachtung. Bislang fokussieren sich Maschinenhersteller auf die Rückhalteleistungen ihrer großen Kernkomponenten, also der Coater, Tablettenpressen oder Kapselfüllmaschinen. In Wahrheit weist gegenwärtig jedoch alles darauf hin, dass die Effizienz eines Containment-Systems wesentlich von der Verkettung dieser Elemente abhängt.
Schnittstellenmanagement als wichtiger Faktor
Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich eine Reihe praktischer Aspekte für die Gestaltung und die technische Ausführung einer Containment-Anlage. Eine brauchbare Faustformel könnte lauten: Je weniger Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessschritten, desto weniger Wirkstoff tritt aus der Maschine aus. Daher wird es in Zukunft immer entscheidender, über wie viele Transferpunkte eine Gesamtanlage verfügt, in welcher Weise sie angeordnet wurden und wie klug der Umgang mit ihnen gemanagt wird. Ein weiterer Punkt ist die Frage nach der Leistungsfähigkeit der Schnittstellen selbst. Künftig könnte es immer wichtiger werden, für welchen Schnittstellenzulieferer sich die Maschinenhersteller entscheiden und wie gut sich deren Teile in die Anlage integrieren lassen.
Mittlerweile hat Fette Compacting das gesammelte Wissen zum Thema Containment in einem Handbuch zusammengefasst. In leicht verständlicher Sprache beschreibt es die Containment-Sicht der Maschinenhersteller, die theoretisches Wissen mit praktischen Kenntnissen über Stoffausbreitung verknüpfen. Die Veröffentlichung des eigenen Containment-Wissens soll den fachlichen Dialog vorantreiben und so letztlich der gesamten Branche zugutekommen.
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Containment Guard: Expositionsmessung in sieben Schritten
Der Containment Guard ermittelt die Rückhalteleistungen von Containment-Tablettiersystemen schon vor der abschließenden Risikoprüfung des Betreibers. Die Expositionsmessungen bauen auf der ISPE-Richtlinie zur Bewertung des Partikelrückhaltevermögens von pharmazeutischer Ausrüstung (APCPPE) auf. Der Containment Guard fügt diesen Messvorgaben weitere hinzu. Für die Messungen werden Tablettenpressen und Prozess-Equipment in sämtlichen denkbaren Zusammenstellungen aufgebaut. Sie durchlaufen in der Regel eine Reihenfolge von sieben Messzyklen.
- 1. Nullmessung: Zu Beginn des Messdurchlaufs wird die Grundbelastung des Messraums mit der Testsubstanz ermittelt.
- 2. Produktion: Der Bediener richtet die Tablettenpresse ein und startet den Betrieb. Um die Rückhalteleistung während der laufenden Produktion zu messen, arbeitet die Maschine eine halbe Stunde im Normalbetrieb.
- 3. Ein- und Ausschleusen: Der Bediener schleust Stempel und Werkzeug durch den Rapid-Transfer-Port in die Maschine. Anschließend nutzt er die Handschuhgriffe, um die Stempel zu wechseln. Am Ende des Cycles werden die Werkzeuge wieder aus der Anlage entnommen.
- 4. Fehlertest: Der Fehlertest simuliert einen Stromausfall. Dafür laufen die Tablettenpresse und die Filtereinheit zunächst fünf Minuten im regulären Betrieb und werden dann abgeschaltet. Ab diesem Punkt übernimmt das Notfallsystem des Air-Managements. Die anschließende Messung dauert 25 Minuten.
- 5. Reinigung des Innenraums: Über die Handschuheingriffe fasst der Bediener in den Maschineninnenraum und führt eine Innenraumreinigung des Pressraums und gegebenenfalls des Isolators durch. Je nach Anlage wird zudem eine Handwaschpistole eingeschleust und die Komponenten werden manuell nachgereinigt. Anschließend startet das Waschprogramm. Die ganze Zeit bleiben die Fensterklappen der Maschine geschlossen.
- 6. Prozess-Equipment entfernen: Der Aufwärtsentstauber und der Checkmaster des Geräts werden abgedockt. Für diesen Schritt gibt es zwei Messszenarien: Tablettenpresse mit Isolator und Tablettenpresse mit waschbarem Prozess-Equipment. Wird eine Maschine mit Isolator gemessen, entfällt dieser Schritt und es geht nach Cycle 5 direkt mit Cycle 7 weiter.
- 7. Ausbau der Fill-O-Matic: Der Bediener öffnet die Fensterklappen und baut die Fill-O-Matic und die Stempel aus. Die Tablettenpresse wird feucht ausgewischt.