Menschliches Blut – genauer gesagt Blutplasma, also der flüssige, zellfreie Anteil des Blutes – ist ein wichtiger Rohstoff für lebensrettende Medikamente. Aus dem Plasma werden zum Beispiel Medikamente gegen Immunschwäche sowie zum Beschleunigen des Wundverschlusses bei inneren Verletzungen gewonnen. Für Hämophilie-Patienten (Bluter) separiert man die blutgerinnungsfördernden Substanzen. Zudem bilden die Eiweiße im Blutplasma die Grundlage für wertvolle Impfstoffe.
Anlagen für die Verarbeitung von Blutplasma
Die Produktion dieser Medikamente beginnt mit dem Antauen der Kunststoffflaschen, in denen das bei Plasmaspende gewonnene Blutplasma tiefgefroren gelagert und transportiert wird. Auf das schonende Antauen im Wasserbad und einer Außenreinigung folgt das Aufschneiden der Flaschen. Ein Spezialist für diese Aufgabenstellung ist das Unternehmen Hof Sondermaschinenbau im hessischen Lohra. Seine Konstrukteure haben eine voll automatisierte Aufschneideanlage für Blutplasmaflaschen entwickelt und unter Verwendung zweier Stäubli-Stericlean-Sechsachsroboter der Baureihe RX160 bereits mehrfach realisierten.
Roboter legt Flaschen ins Schneidewerkzeug ein
Der Prozess beginnt damit, dass ein Roboter vier Flaschen parallel jeweils an der oberen Hälfte greift und in das Schneidwerkzeug einlegt. Auf der anderen Seite des Schneidwerkzeugs greift ein zweiter RX160 Sechsachser die untere Hälfte der Plasmaflaschen.
Dann fällt das Messer. Beide Roboter entleeren die Flaschenhälften in eine Ablaufrinne, die das Humanplasma – das zu diesem Zeitpunkt noch als Eiskern vorliegt – in eine Auffangwanne leitet. Sensoren prüfen die durchtrennten Flaschenhälften auf vollständige Entleerung. Danach werden die leeren Flaschenhälften auf einer Auslaufschiene abgestellt, die in ein Entsorgungsfallrohr führt.
Hohe Leistung ist ein Muss
Auf die Leistung der Anlage angesprochen, antwortet Jens Gemmecker, Sales Management Belade- und Entladesysteme der Hof Sondermaschinenbau GmbH: „Die Anlage kann bis zu 1200 Flaschen pro Stunde verarbeiten bei einer Taktzeit von zwölf Sekunden. Die Leistung ist so hoch bemessen, damit die gewünschte Produktionscharge in kurzer Zeit bereitsteht und verarbeitet werden kann, Das ist aus Gründen der Hygiene und Prozesssicherheit wünschenswert.“
Unternehmenseigene Standards für Robotik
„In vielen unserer Anlagen kommen Roboter zum Einsatz“, erläutert Gemmecker weiter. „Wir haben deshalb Standards für Robotikanwendungen definiert und uns auch mit Blick auf die Anforderungen der Pharmaindustrie für die Stericlean-Modelle von Stäubli entschieden. Wir müssen also je nach Applikation nur die Baureihe, die Baugröße und eventuelle Optionen festlegen.“
Für den Einsatz in aseptischen Produktionsbereichen ausgelegt
Die Stäubli-Stericlean-Roboter kann Hof Sondermaschinenbau in jeder noch so anspruchsvollen Pharmaapplikation einsetzen, da diese Maschinen speziell für den Betrieb in aseptischen Produktionsbereichen der GMP-Klasse A entwickelt wurden und sich dort inzwischen tausendfach bewährt haben.
Voll gekapselt ausgeführt
Die Sechsachsroboter der Stericlean-Baureihe sind voll gekapselt und mit Spezialdichtungen abgedichtet, die Verkabelung ist ihrem Inneren untergebracht. Es gibt keine Toträume, sondern stattdessen glatte Oberflächen, die die Bildung von Verunreinigungen von vornherein verhindern. Mit diesem Eigenschaftsprofil können den Robotern selbst regelmäßige Sterilisations- und Dekontaminationsprozesse zum Beispiel mit Wasserstoffperoxid nichts anhaben.
Reichweite von 1710 mm
In dieser Generation der Aufschneideanlagen für Blutplasma kommen die Sechsachsroboter vom Typ RX160 Stericlean zum Einsatz, in den nächsten Generationen werden die TX2-Modelle Premiere feiern. Mit einer Reichweite von 1710 mm ist der Arbeitsbereich der Roboter groß genug und die Tragkraft von 30 kg mehr als ausreichend, ebenso die Geschwindigkeit.
„Eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit der Roboter ist hier das entscheidende Kriterium“, betont Gemmecker. „Sie ist der bestimmende Faktor für die Leistung der gesamten Anlage.“
Gründlichste Reinigung nach jeder Charge
Den Stericlean-Sechsachsrobotern können auch die gründlichen und häufigen Reinigungsprozesse nichts anhaben. Sie erreichen auch unter diesen Bedingungen eine weit überdurchschnittliche Lebensdauer.
„Die Anlage wird nach jeder Charge gereinigt – in einer Kombination aus manuellem Wash Down und einer automatisierten Reinigung des Greifwerkzeuges in einer Waschbox, die wir speziell für diesen Zweck entwickelt haben“, erklärt Gemmecker. Für konventionelle Roboter würde dieses Procedere das sofortige Aus bedeuten.
Durchdachte Mensch-Maschine-Schnittstelle
Bei der Konstruktion der Aufschneideanlage spielten darüber hinaus die Arbeitssicherheit – dazu gehört eine durchdachte Mensch-Maschine-Schnittstelle – und auch die Flexibilität eine Rolle. Denn diese Anlagen werden weltweit genutzt und es gibt länderspezifisch verschiedene Flaschen mit jeweils unterschiedlichen Durchmessern und Längen. Für alle Größen hat Hof Sondermaschinenbau entsprechende Vierfachgreifer entwickelt und kann die formatspezifischen Bewegungsabläufe der Roboter über die Stäubli-Steuerung einfach und schnell anpassen.
Kombination mit Wasserbadanlagen
Die Aufschneideanlagen kommen – meistens in Kombination mit den vorgeschalteten Wasserbadanlagen für das Antauen – bei vielen Pharma-Unternehmen zum Einsatz, die gefriergetrocknetes Blutplasma verarbeiten. Die Stäubli Roboter überzeugen dabei in der Praxis durch schnelles und präzises Handling sowie durch ihre Eignung für Wash-Down-Prozesse und damit für hygienegerechte Automatisierung von sensiblen Prozessen.
Stäubli Tec-Systems GmbH, Bayreuth
