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Lars Plüschau: „Auf Fette kann man sich verlassen“

Interview mit Lars Plüschau
„Auf Fette kann man sich verlassen“

Firmen im Artikel
Auf der Achema hat Fette Compacting seine neue strategische Ausrichtung präsentiert: Das Unternehmen möchte nicht mehr reiner Maschinenbauer sein und bietet Kunden echte Technologiepartnerschaften an. Was Fette Compacting darunter versteht und welche Auswirkungen das hat, habe ich auf der Achema mit Lars Plüschau, Vice President Global Sales besprochen.

Herr Plüschau, warum dieser Wandel vom Maschinenbauer zum ganzheitlichen Prozesspartner der Pharmaindustrie?

Lars Plüschau: Pharmaunternehmen stehen unter einem hohen Kostendruck, denn die Entwicklungskosten für ein Medikament sind enorm. Damit ein Arzneimittel am Ende für den Hersteller profitabel ist, muss es möglichst schnell auf den Markt kommen. Mit unserer neuen strategischen Ausrichtung möchten wir Hersteller unterstützen die Time-to-Market, also die Zeitspanne, die ein Produkt benötigt, um von der Entwicklungsphase auf den Markt zu gelangen, zu verkürzen. Dies lässt sich durch eine frühere und intensivere Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Maschinenbauer realisieren. Wir starten die Zusammenarbeit bereits in der Forschung und Entwicklung und begleiten unsere Kunden weiterhin bis zur Produktion. Dabei stehen wir unseren Kunden gleichzeitig mit einer Vielzahl neuer Serviceangebote zur Seite. Mit ‚engineering on demand‘ bieten wir unseren Kunden neue, maßgeschneiderte Lösungen.

Können Sie das etwas präzisieren?

Plüschau: Nun, wir können auf über sieben Jahrzehnte Erfahrung als Hersteller von Tablettenpressen zurückblicken. Dieses Wissen haben wir gesammelt und in einer Datenbank hinterlegt, um es künftig noch viel eher im Gesamtprozess einfließen zu lassen und uns somit für unsere Kunden in der Pharma-, Nahrungsergänzungsmittel- und Chemieindustrie zu einem ganzheitlichen Prozesspartner zu entwickeln.

In der Vergangenheit kam es vor, dass Unternehmen mit einer fertig zugelassenen Formulierung auf uns zukamen, um diese in Tabletten zu pressen. Wären wir hier bereits in den Entwicklungsprozess eingebunden gewesen, hätten wir auf Grundlage unseres Erfahrungsschatzes mit Modifikation der Formulierung unterstützen können, welche die Eigenschaften des Pulvers für die Tablettierung positiv beeinflussen. So eine Verbesserung kann schnell einmal viele tausend Tabletten in der Stunde ausmachen. Ist eine Formulierung jedoch einmal zugelassen, sind Änderungen schwierig. Es geht also auch um das Thema Prozessoptimierung.

Sie sagten gerade in der Vergangenheit. Ist das heute nicht mehr so?

Plüschau: Nein, es ist tatsächlich so, dass in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden hat. Wir schauen immer wieder in sehr viele erstaunte Gesichter, wenn wir Kunden erklären, was wir im Vorfeld in Bezug auf die Tablettierung in der Prozessentwicklung und Laboranalyse an Services und Beratung leisten können. Wir verfolgen das Ziel, Kunden das optimale Verfahren und die effizienteste Maschinenkonfiguration für ihre spezifischen Produktanforderungen zu bieten. Das umfasst den gesamten Produktlebenszyklus und bezieht alle Verfahren ein, Continuous Manufacturing ebenso wie Batch-to-Batch.

Welche Investitionen werden dazu nötig sein?

Plüschau: Wir investieren auch weiter in unseren After Sales Service und in unsere regionalen Standortentwicklungen weltweit, um noch mehr Service und Kundennähe zu ermöglichen. So erweitern wir beispielsweise unser Kompetenzzentrum für Kunden in Schwarzenbek um verschiedenartige Räumlichkeiten für die Produktionsphasen. Dazu werden wir einen Anbau machen und unsere Analysekapazitäten erhöhen. Wir werden unsere Testräume erweitern, sodass wir auch hochpotente Wirkstoffe verpressen können. Darüber hinaus erhöhen wir unseren Kundenfokus auch durch die Implementierung neuer digitaler Tools, wie zum Beispiel dem eCAT, unserem elektronischem Ersatzteilkatalog, welcher die Versorgung mit Originalteilen vereinfacht.

Auf Erfahrung zurückgreifen können, ist von Vorteil. Wie haben Sie das intern bei Fette Compacting abgebildet?

Plüschau: Wir haben unser gesamtes Prozesswissen rund um die Tablettierung in einer Datenbank kumuliert – die Qualified Expert Database, kurz QED. Sie wird permanent von uns weiter angereichert. Auf der Wissensbasis von QED lassen sich Prozesse produktionsnah entwickeln. Dafür haben wir auf der Achema unter anderem neue Lösungen vorgestellt, mit denen Anwender Prozesse nachbilden und kritische Qualitätsmerkmale von Formulierungen analysieren können. Dieses Zusammenspiel aus Materialanalyse, Prozesswissen (QED) und Testgeräten (Emulatoren) ebnet den Weg, um gemeinsam mit Anwendern optimale, materialschonende Verfahren zu entwickeln. An die Prozessemulationen schließen sich mit Lab Solutions zahlreiche Labordienstleistungen und -geräte für die Material- und Tablettencharakterisierung an. Erst mit diesem Wissen wird von der Entwicklungsphase bis zur laufenden Produktion ein Quality-by-Design-Ansatz möglich.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Plüschau: In unsere Datenbank sind ganz viele Details gespeichert. Am besten lässt sich das an einem Beispiel erklären: Nehmen wir einmal an, Sie haben ein Pulver mit einem definierten Feuchtegehalt und bekannter Dichte. Mit diesen Daten füttern wir unsere QED. Als Ergebnis bekommen wir dann wissensbasierte Aussagen, die auf den Daten beruhen, die wir seit vielen Jahren erfassen. Dabei werden viele Einzelpunkte berücksichtigt. Zum Beispiel wie viel Volumen verliert die Tablette während des Trocknungsvorgangs? Wie muss das Füllgerät der Maschine aussehen?

Sie können aus der Datenbank direkt ableiten, wie das Füllgerät aussehen muss?

Plüschau: Ja. Aus den Ergebnissen der QED können mögliche Einstellungen für die Hardware der Maschine abgeleitet werden. Welches Füllgerät benötigt man für dieses Pulver, welche Art von Füllrädern, wie groß muss der Abstand zu den Matrizen sein? Wir bekommen auf diese Weise schon ein sehr gutes Bild, wie die spätere Maschine für dieses Pulver auszusehen hat. Wir hatten einige Besucher auf der Achema, die über das Ergebnis völlig verblüfft waren, nachdem wir ihre Daten eingegeben hatten. Die Setup-Einstellungen, die die QED vorschlägt, sind in der Regel die beste Lösung mit einer sehr hohen Erfolgswahrscheinlichkeit. Das spart den Kunden sehr viel Zeit bei der Auswahl der Maschinen und im Maschinen-Setup, sodass sich die Time-to-Market um bis zu einem halben Jahr verkürzen kann. Für Pharmahersteller, die über ein Patent verfügen, sind sechs Monate mehr Produktionszeit bis zum Ablauf des Patentes, mit sehr viel mehr Ertrag gleichzusetzen.

Sie sind nicht nur Maschinenlieferant, sondern auch Hersteller von Tablettierwerkzeugen. Welchen Vorteil hat es für Kunden, Maschine und Werkzeuge aus einer Hand zu kaufen?

Plüschau: Als Komplettanbieter wissen wir genau, worauf es bei der Interaktion von Maschine und Werkzeug ankommt. Bei uns gibt es keine Schnittstellenprobleme. Anders, als wenn Kunden sich für zwei unterschiedliche Hersteller entscheiden. Wenn Kunden dann ein Problem in der Fertigung haben, kann es vorkommen, dass sich die Hersteller gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben. Als Kunde sitzen Sie dann möglicherweise zwischen den Stühlen und die Diskussion über die Schuldfrage wird auf ihrem Rücken ausgetragen. Diese Konstellation gibt es für unsere Kunden nicht, wenn sie Maschine und Werkzeuge von uns beziehen. Bei etwaigen Problemen kommen unsere Kunden einfach auf uns zu und wir lösen es. Wir verfügen über spezialisierte Service- und Anwendungsberater, um Kunden zu helfen. Mit weltweit über 100 Servicetechnikern im Einsatz, die nur auf die Produktion von Tabletten spezialisiert sind und die wir in Schwarzenbek ausbilden, stehen wir unseren Kunden mit Rat und Tat zur Seite.

Das heißt, alle Servicetechniker werden in Schwarzenbek
ausgebildet?

Plüschau: Ja. Wir haben fünf Kompetenzzentren weltweit,12 Tochtergesellschaften und sind in über 50 Ländern vertreten. Alle Vertretungen müssen ihre Techniker nach Schwarzenbek schicken, wo wir sie auf unseren Maschinen ausbilden. Im Anschluss bekommt der Techniker ein Zertifikat und erst dann darf er zum Kunden.

Wie setzen Sie das genau um?

Plüschau: Wir teilen unsere Servicemitarbeiter in verschiedene Level ein. Wenn ein Kollege bei uns anfängt und entsprechende Einstiegskurse besucht, besitzt er zunächst ein niedriges Experten-Level. Durch weitere Trainings kann er sein Service-Level erhöhen. Der Hintergrund ist einfach: Wir wollen einen weltweit einheitlich hohen Standard etablieren. Ein Großkunde, der beispielsweise in den USA, Brasilien und Deutschland eine Produktion besitzt, kann seine südamerikanischen Anlagenbediener vor Ort trainieren und schulen. Durch unseren Levelstandard sind alle unsere Trainer weltweit auf dem gleichen Expertenniveau und können auch weltweit die gleichen Trainingsprogramme vermitteln. Ob Sie nun in Schwarzenbek oder Brasilien geschult werden, spielt dann keine Rolle mehr, da der Standard überall der gleiche ist.

Für unsere Kunden ergibt sich dadurch auch ein finanzieller Vorteil: Er muss nicht die Reisekosten bis nach Deutschland bezahlen. Außerdem spart diese Vorgehensweise Flugkilometer und verringert somit den CO2-Fußabdruck. Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns im Übrigen sehr wichtig: Wir wollen unsere Kunden auf ihrem Weg zu einer nachhaltigeren Produktion unterstützen. Unsere Maschinen sind dafür bereits heute energiesparend ausgelegt und reduzieren Verluste wertvoller pharmazeutischer Materialien. Mit unseren Services flankieren wir diesen Ansatz.

Vom Maschinenbauer zum Prozesspartner der pharmazeutischen Industrie. Das hört sich einfach an, ist es das auch?

Plüschau: Wir sind zu 100 % davon überzeugt, dass wir diesen Wandel schaffen. Wir haben eine klare Strategie, das fachliche Know-how und ein hochmotiviertes Team. Unsere Reise haben wir bereits begonnen und der erste große Erfolg bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Mit der Entwicklung der FE CPS (in Verbindung mit einer FE55), unserer Anlage zur kontinuierlichen Direktverpressung, realisieren wir hohe Einsparpotenziale. Wir kombinieren ein schlankes Anlagendesign, ressourcenschonende Prozesse und verringerte Produktverluste zur Sicherung limitierter Rohstoffe. Wegfallende Lagerhaltung oder Transfers sowie schnellere Entwicklungen und damit reduzierte Markteinführungszeiten bieten weitere Vorteile für Kunden. Unsere gesamte Firma ist von dieser Entwicklung begeistert. Mit dieser Zukunftsfreude wollen wir auch ein Zeichen setzen: Durch unsere Arbeit können wir Kunden einen Zusatznutzen generieren und zugleich einen großen Vorteil für die Gesellschaft bieten, indem wir die Verfügbarkeit von Arzneimitteln verbessern – und das zu erschwinglichen Preisen. Wir sehen uns als ‚Kundenversteher‘ und Problemlöser. Unser Augenmerk richten wir auf langfristige, vertrauensvolle Kundenbeziehungen. Im Umgang mit Kunden würde ich Aufträge eher absagen, als etwas zu versprechen, was wir nachher nicht halten können. Das halte ich für einen wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe. Bei Fette Compacting stehen wir für Integrität. Auf uns kann man sich verlassen.

Fette Compacting GmbH, Schwarzenbek


Das Interview führte für Sie: Dr. Bernd Rademacher

Redakteur

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