Über Continuous Manufacturing wird seit fast 20 Jahren in der Pharma- und Nutritionproduktion geredet. So richtig durchsetzen konnte sich die Idee der kontinuierlichen Produktion bisher aufgrund verschiedener Hürden nicht. Dabei sind die Vorteile nicht von der Hand zu weisen: Integrierte Prozesse steigern die Prozesssicherheit und Effizienz. Die Prozessdauer verkürzt sich im Vergleich zu Batch-Verfahren, während die spezifische Produktionsleistung zunimmt. Markteinführungen sind schneller realisierbar und die Produktion wird insgesamt flexibler. Dieses Credo vertrat auch der Keynote-Sprecher Dr. Markus Krumme, VP Continuous Manufacturing der Novartis AG. Vor allem in der Tablettenproduktion stößt die kontinuierliche Direktverpressung auf wachsende Akzeptanz, da sie prozesstechnisch attraktiv erscheint und im Vergleich zur Batch-to-Batch-Produktion ein schlankeres Anlagendesign ermöglicht.
Auch in der anschließenden Podiumsdiskussion mit Dr. Markus Krumme, Frank Eismann (Bayer Consumer Health), Lawrence De Belder (Pharmatech Associates), Wayne Sinclair (Teva Pharmaceuticals) und Dr. Marten Klukkert (Fette Compacting) wurde klar, welches Potenzial kontinuierliche Verfahren für die Pharmaindustrie haben, ebenso aber auch, dass es noch einige Vorbehalte gegen diese Technologie gibt.
Präsentation des kontinuierlichen Tablettiersystems
Das Highlight des ersten Veranstaltungstages war die Präsentation des kontinuierlichen Tablettiersystems von Fette Compacting. Es besteht aus einer geschlossenen Dosier-Misch-Einheit inklusive Pulver-Transport-System FE CPS, einer Tablettenpresse FE55 und einem Bedienterminal. Die komplette Anlage kann auf nur einer Ebene in bestehende Produktionsräume integriert werden. Bauliche Investitionen sinken somit auf ein Minimum.
Die FE CPS verarbeitet ein breites Spektrum an Formulierungen mit Durchsatzspannen von etwa 5 bis 200 kg pro Stunde. Damit bietet sie eine hohe Prozessflexibilität: von der Produktentwicklung über kleinere Chargen bis zur großvolumigen Fertigung.
Fokus auf Sicherheit und Einfachheit
Bei der Entwicklung der FE CPS stand die Sicherheit der Bediener im Vordergrund. Der Prozessbereich wurde dafür staubdicht designt. Einen zusätzlichen Schutz bietet die geschlossene Bauweise, zu der auch abgedichtete Glasscheiben und ein Unterdruck im Prozessraum beitragen.
Die Reinigung und Umrüstung galten bislang als kritische Arbeitsschritte bei kontinuierlichen Anlagen, da diese aus über hundert Einzelteilen bestehen. Die neue Dosier-Misch-Einheit ist hingegen mit deutlich weniger Teilen und Schnittstellen konstruiert und verfügt über getrennte, leicht zugängliche Prozess- und Technikbereiche. Sämtliche Bauteile können einfach aus dem Prozessbereich herausgenommen und gereinigt werden.
Herzstück der Anlage ist das Human Machine Interface (HMI), über das Bediener einen Überblick über sämtliche Parameter des Dosierens, Mischens, Tablettierens und der Prozessanalyse erhält.
Prozessanalyse vollständig integriert
Einen großen Einfluss auf die Stabilität des kontinuierlichen Prozesses haben die Materialeigenschaften und das Maschinen- und Prozessdesign. Zur Überwachung der entscheidenden Qualitätsattribute verfügt die Anlage über eine neuartige Technik zur Inline-Prozessanalyse (embedded Process Analytical Technology, ePAT), bei der hoch entwickelte Sensoren in die Prozesseinheiten integriert sind.
Bei den Messmethoden hat sich die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) als besonders effizient erwiesen. Ihr Vorteil liegt darin, dass viele Wirkstoffe gut in diesem Spektralbereich erfasst werden können. Wie gut die Fette-Lösung für die kontinuierliche Prozesskontrolle funktioniert, präsentierten Tom Van Den Kerkhof, Principal Scientist at Janssen Pharmaceutical Companies of Johnson & Johnson, und Dr. Anna Novikova, Manager Application Center, Pharmacist, Fette Compacting, in einem der vier Workshops am zweiten Veranstaltungstag.
Autor: Dr. Bernd Rademacher
Redakteur