Die Anforderungen an das Projekt waren diffizil: Im Zentrum stand die Entwicklung einer automatisierten Lösung, die in verschiedenen Ausbaustufen mit steigenden Produktionskapazitäten mitwächst. Gleichzeitig sollte das Verpackungsdesign optimiert und die Haltbarkeit der Produkte verlängert werden. Die Ampullen sollten sich dabei entweder in einer Umverpackung aus Karton bzw. einer Faltschachtel oder in einer Tiefziehverpackung aus Aluminiumverbund und dann in einer Faltschachtel verpacken lassen. Als Kennzeichnungsvariante sollte die Möglichkeit zur Inline-Etikettierung berücksichtigt werden – ebenso wie eine weitere Ausbaustufe, die das Abpacken von Lagerware in Plastikboxen ermöglicht.
In der ersten Umsetzungsphase konzentrierten sich die Verpackungsspezialisten zunächst auf Systeme für die Zuführung, Ausrichtung und Vereinzelung der Produkte sowie zur Beladung der Faltschachteln. Am intensivsten beschäftigte die Experten neben dem limitierten Platzangebot die Tatsache, dass der Abfüllprozess für Augentropfen ein kontinuierlicher Prozess ist, der möglichst nicht unterbrochen werden soll. Daher haben sie eine Pufferfunktion eingeplant.
In einem zweiten Schritt wurde schließlich die bestehende Verpackungslösung um die im initialen Linienkonzept geplante Tiefziehverpackungsmaschine R 245 ergänzt: Sie ermöglicht das Verpacken der Ampullen in Aluminiumverbundpackungen.
Die zuverlässige Prüfung
Die Ampullen werden mittels Blow-Fill-Seal-(BFS)-Technologie befüllt und unorientiert über Bänder der Umverpackungslinie zugeführt. Ein Multivac Vision System (MVS), mit dem sich unterschiedliche Detektions- und Inspektionsanwendungen selbst bei hohen Geschwindigkeiten sehr präzise realisieren lassen, erfasst die Orientierung und meldet die Position über die IPC-Steuerung an ein Handhabungsmodul. Dieses platziert die Produkte exakt und orientiert in einem Trägersystem. Bei fehlerhaften Daten werden die Produkte vom Roboter nicht gegriffen und ausgeschleust. Sobald drei fehlerhafte Produkte in Folge identifiziert werden, stoppt die Anlage sofort.
Der zweidimensionale Data-Matrix-Code jeder einzelnen Ampulle wird während des Füllens aufgedruckt und mittels optischer Inspektion auf Richtigkeit und Lesbarkeit überprüft. Auch hierbei werden fehlerhafte Produkte aussortiert und die Anlage bei dreimaliger Fehlermeldung gestoppt.
Das Trägersystem
Durch das Umsetzen in ein gegenläufiges Trägersystem sind die Augentropfenampullen für spätere Prozesse wie Etikettieren, Tiefziehverpacken und Kartonieren exakt ausgerichtet. Bereits zu Beginn der ersten Umsetzungsphase wurde das Trägersystem so flexibel konzipiert, dass die Kavitäten des Tray Carriers sowohl die unverpackten als auch die in tiefgezogene Aluminiumverbundpackungen gehüllten Ampullen aufnehmen können.
Das Format des Trägersystems wurde dabei bewusst dem der Tiefziehverpackungsmaschine angepasst. Das Handhabungsmodul H 242 mit seinen zwei vierachsigen Robotern greift nacheinander drei Stripes auf und legt sie anschließend in einem Arbeitsschritt in den Träger ab. Dieser wird über Transportbänder entweder dem Kartonierprozess oder optional dem Tiefziehverpackungsprozess, gefolgt vom Kartonierprozess, zugeführt.
Der optionale Verpackungsprozess
Sollen die Augentropfenampullen mit der Tiefziehverpackungsmaschine R 245 in Aluminiumverbundverpackungen verpackt werden, werden sie ebenfalls über ein Transportband von der BFS-Anlage abtransportiert und von einem Handhabungsmodul in das Trägersystem gesetzt. Dort können sie optional liegend etikettiert werden. Im Anschluss an die Etikettierung erfolgen die automatisierte Entnahme und das Einlegen der Ampullen in die Kavitäten der Tiefziehverpackungsmaschine. Die Stripes werden verpackt, automatisiert aufgegriffen und in das Trägersystem abgelegt. Mit diesem gelangen sie in die Umverpackungsstation und werden schließlich in die Faltschachtel verpackt.
Im Kartonierprozess wird der Faltschachtelzuschnitt aufgerichtet und mit Heißleim verklebt. Ein Dispenser spendet dann den Beipackzettel. Faltschachtel und Beipackzettel sind mit einem Code, der im IPC des H 242 hinterlegt ist, vorbedruckt. Sind die Codes in Ordnung, wird die Schachtel weitertransportiert bzw. das Leaflet durch einen Spenderarm in die Faltschachtel abgelegt.
Das Beladen der Produkte in die Faltschachtel ist Aufgabe des flexiblen Handhabungsmoduls H 242. Dabei werden entweder zwei unverpackte Stripes auf einmal oder eine Aluverbundpackung gegriffen und in den Faltschachteln abgelegt. Nach dem Befüllen wird die Faltschachtel automatisch mit Heißleim verschlossen und gewogen. Nur korrekt befüllte Faltschachteln gelangen in den nachgelagerten Prozess, wo sie mit einer Straffbanderoliermaschine gemäß der Endkundenvorgabe entweder ungebündelt oder gebündelt (mittels Banderole oder komplett eingeschrumpft) werden. Über ein Transportband gelangen sie schließlich zu einem Casepacker und einem Palettierer.
Die Pufferfunktion
Von Anfang an haben die Verpackungsspezialisten eine Pufferfunktion mit zwei Puffertürmen eingeplant. Diese ist auch in der ersten Ausbaustufe wichtig für die vorgelagerte Maschine, die nicht gestoppt werden darf, falls zum Beispiel ein nachgelagerter Etikettierer ausfällt. Im ersten Turm werden die befüllten Träger gepuffert. Sobald ein beladener Träger in den Puffer gelangt, wird aus dem zweiten Pufferturm
ein leerer Träger nachgeführt, da es sich um ein geschlossenes System handelt. Mittels einer Lichtschranke wird zuvor sichergestellt, dass die zugeführten Trays tatsächlich leer sind.
Optimierungsoptionen
Das gesamte System ist steuerungstechnisch und konstruktiv so offen gestaltet, dass sich auch zusätzliche Funktionalitäten integrieren lassen, etwa das Aufspenden des Etiketts durch einen Inline-Etikettierer. Jedoch müssen hierfür die sehr kleinen Produkte in die Träger exakt positioniert sein – eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung mit dem Handhabungsmodul.
Eine weitere wichtige Option für den Auftraggeber war eine White-Stock-Lösung, mit der die bedruckten Produkte automatisiert in Plastikboxen abgelegt werden. Diese gelangen dann in das Lager. Grund: Der Markt erfordert zuweilen eine Qualitätskontrolle in Form einer Dichtigkeitsüberprüfung, die erst ab einem gewissen Zeitpunkt nach der Abfüllung der Augentropfen erfolgen kann. Dafür müssen die Ampullen in Boxen in ein Lager unter definierten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen ausgelagert werden. Nach erfolgreicher Prüfung gelangen sie wieder in den Verpackungsprozess.
Zu berücksichtigen war zudem die sichere Line Clearance, denn die unterschiedlichen Produktionslose müssen unbedingt auseinandergehalten werden. Dafür hat Multivac eine Inspektionslösung in die Linie integriert. Im Fokus stand dabei die prozesssichere Anbindung und Steuerung aller Komponenten.
Multivac Sepp Haggenmüller SE & Co. KG, Wolfertschwenden
Autor Dr. Thomas Kafka
Product & Business Development Manager, Medical, Pharma & Consumer Solutions,
Multivac