Startseite » Pharma » Verpackungstechnik (Pharma) »

Wie KI die visuelle Inspektion revolutioniert

Neuronale Netze für die pharmazeutische Sichtprüfung
Wie KI die visuelle Inspektion revolutioniert

Strenge regulatorische Rahmenbedingungen bestimmen die Fertigungsprozesse der pharmazeutischen Industrie. Hierunter fällt auch die Qualitätsprüfung nach der Produktabfüllung in Spritzen, Fläschchen oder Ampullen. Für die 100-%-Kontrolle muss jedes Produkt einer Sichtprüfung unterzogen werden, um mögliche Verunreinigungen, Produktdefekte oder Kontaminationen frühzeitig zu erkennen. Durch den Einsatz von neuronalen Netzen können Fehlauswurfraten stark reduziert werden.

Aktuelle Methoden zur Qualitätsprüfung nach der Produktabfüllung beinhalten die manuelle Prüfung eines jeden Produkts durch den Menschen, die halbautomatische Prüfung mit maschineller Unterstützung sowie die vollautomatische Inspektion, bei der die Maschine die gesamte Prüfaufgabe übernimmt. Im Falle der vollautomatischen Inspektion durchläuft jedes Produkt die Inspektionsmaschine und wird dabei von mehreren Kamerastationen aus verschiedenen Perspektiven erfasst. Diese Bilder werden in Echtzeit von einer Bildverarbeitungssoftware auf der Maschine ausgewertet, um mögliche Defekte im Produkt zu erfassen und dieses gegebenenfalls auszuwerfen. Die heutige Bildauswertung erfolgt vorwiegend mithilfe von klassischen, regelbasierten Methoden. Diese Verfahren bringen jedoch technische Einschränkungen mit sich.

Als Konsequenz kommt es häufig zu hohen Fehlauswurfraten, also dem fehlerhaften Auswurf von „Gutprodukten“. In der Regel führt dies zu einem manuellen Zweitabgleich der Produkte, um erneut zwischen guten und schlechten zu unterscheiden. Dieser Prozess führt für pharmazeutische Unternehmen zu Kosten im einstelligen Millionenbereich, die vermieden werden könnten, wenn das menschliche Inspektionsfachwissen, beispielsweise durch lernende Systeme, der vollautomatischen Anlage zugänglich gemacht wird. Durch den Einsatz von neuronalen Netzen für die pharmazeutische Inspektion können die Fehlauswurfraten im Vergleich zur traditionellen optischen Inspektion um 80 bis 95 % verbessert werden.

Überwachtes maschinelles Lernen

Deep-Learning-Verfahren lernen direkt aus den erfassten Daten. Im überwachten Lernen sind die bezogenen Datensätze zudem vor dem Lernprozess bereits vorqualifiziert und das Lernsystem erhält Belohnungen
für korrekt erlernte Inhalte. Für die visuelle Inspektion ist das eine sehr gute Herangehensweise, da das System Entscheidungen auf Basis von Kamerabildern lernt, die
vorab von Inspektionsexperten klassifiziert wurden.

InspectifAI integriert moderne Deep-Learning-Verfahren unter Einhaltung aller regulatorischen Vorgaben in visuellen Inspektionsmaschinen – und zwar herstellerunabhängig. Dabei wird als technologisch fortschrittlicher Ansatz Edge Computing eingesetzt, um eine Verbindung zwischen Inspektionsmaschine und Cloud Software herzustellen. Während in der Cloud das Klassifizieren, Verwalten und Trainieren der neuronalen Netze stattfindet, liefert das Edge Device Inferenzen innerhalb von 10 ms und kann so eine hohe Taktzahl von bis zu 600 Produkten pro Minute bewerten. Das Edge Device lässt sich hierbei über ein Qualifizierungsverfahren mit sehr geringem Aufwand innerhalb eines Tages integrieren und qualifizieren. 

Training des Inspektionssystems

Das Edge Device unterstützt in seinen drei Betriebsarten die systematische Erfassung und Speicherung von Bilddaten in die Cloud-Umgebung, den effizienten Betrieb sowie das Benchmarken des trainierten KI-Modells. Sobald die relevanten Bilddaten einmal erfasst wurden, werden sie mithilfe einer qualifizierten Labelling-Einheit in der von InspectifAI selbst entwickelten GxP-konformen Software verwaltet und klassifiziert. Beim Einloggen in das Klassifizierungssystem erhält der Inspektionsexperte Zugriff auf die ihm zugewiesenen Aufgaben zur Bildklassifizierung. Die auf den Endnutzer zugeschnittene Bedienoberfläche erlaubt ein einfaches Verwalten und eine eindeutige Nachverfolgung. 

Nach der Klassifizierung der relevanten Bildmengen folgt das Training des neuronalen Netzes. Das Modell lernt in diesem Schritt Bildcharakteristiken und Muster, die letztlich zur Entscheidung des neuronalen Netzes führen. Mit einem Testdatenset werden dem neuronalen Netz nach dem Training neue Bilder zur Prüfung der Klassifizierungsqualität präsentiert. So erhält man ein Modell, das in der Lage ist, aufgrund der richtigen Bildcharakteristiken die richtige Entscheidung zu treffen.

Um eine hohe Modellqualität zu erreichen, müssen zahlreiche Parameter berücksichtigt werden, die einen hochdimensionalen Parameterraum bilden. Datenexperten müssen daher iterativ das Modell trainieren und eine detaillierte Analyse von Modell und Daten durchführen. Basierend auf diesem Wissen wird die Entwicklung des Modells gesteuert, was schließlich zu einem hochqualitativen Modell führt, das in der Entstehung und im Model-Lifecycle den regulatorischen Anforderungen der Pharmaindustrie entspricht. Dem Modelltraining kommt dabei ebenfalls die Rolle der Qualitätssicherung zu. Das Modell wird erst auf das Edge Device aufgespielt, wenn es alle Anforderungen hinsichtlich der Klassifizierungsgenauigkeit erfüllt und als Modellstand versioniert. Die Entstehung und zukünftige Modelländerungen werden in einem für die Qualifizierung wichtigen Model Change Report dokumentiert.

Auf weitere Prozesse übertragbar

Perspektivisch hat die Verwendung von lernenden Systemen in der visuellen Sichtprüfung über oben beschriebenes Szenario hinaus weiteres großes Potenzial. Dieses liegt beispielsweise in dem Transfer von „gebundenem Wissen“. Dies ermöglicht das mehrfache Nutzen von neuronalen Netzen maschinen- und standortübergreifend, was den Aufwand zur Modellerstellung deutlich verringert. Ein neuronales Netz, das für ein bestimmtes pharmazeutisches Produkt entwickelt wurde, kann auch für physikalisch ähnliche Produkte verwendet werden, besonders je ähnlicher die Definition von Gut- und Schlechtprodukt beider Produkte ist. Kurz gesagt, maschinelles Lernen stellt für die visuelle Inspektionsaufgabe eine Revolution dar. Geringere Konfigurationsaufwände, starke Leistungsverbesserung und hohes Skalierungspotential sind nur drei Aspekte, die aufzeigen, dass sich die visuelle Qualitätskontrolle in der Pharmaindustrie zeitnah stark verändern wird.

InspectifAI GmbH, Karlsruhe


Autor: Andreas Leder

VP Operations & Compliance,

InspectifAI

Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de