Wenn komplexe Wirkstoffe für die pharmazeutische Produktion nicht durch chemische Synthese hergestellt werden können, kommen häufig biotechnologische Prozesse zum Einsatz. Hierbei werden z. B. monoklonale Antikörper oder andere rekombinante Proteine durch gentechnisch veränderte Organismen hergestellt. Unter anderem in Abhängigkeit von der späteren Verwendung sowie von der benötigten posttranslationalen Modifikation oder Proteinfaltung werden hierfür Bakterien, Hefe- oder Säugetierzellen verwendet.
Dabei steht die Komplexität des Wirkstoffs oft in direktem Zusammenhang zum Aufwand und der Anfälligkeit des benötigten Prozesses. Bereits kleinste Veränderungen können einen signifikanten Einfluss auf die Eigenschaften und damit die Wirkweise des gewonnenen Stoffes haben. Daher gehören biopharmazeutische Prozesse mit zu den anspruchsvollsten Verfahren bei der Wirkstoffgewinnung.
Betrachtet man alle nötigen Herstellschritte, kommt vor allem dem Upstream-Prozess eine besondere Bedeutung zu. Hier findet die Anzucht der Zellen sowie deren anschließende Vermehrung in Bioreaktoren u. a. mittels Batch-, Fed-Batch- oder Perfusionsprozessen statt. Um die größtmögliche Menge des gewünschten Stoffes in entsprechender Qualität zu produzieren, müssen die Bedingungen im Bioreaktor optimal eingestellt werden. Zu den wichtigsten Parametern zählen die Temperatur, der pH-Wert, die Rührgeschwindigkeit sowie die Konzentration von Nährmedium und gelöstem Sauerstoff.
Optische Dichte geeignet
Ein Indikator für eine erfolgreiche Vermehrung der Zellkulturen ist die Bestimmung der optischen Dichte (OD), die z. B. mithilfe der Absorptionsmessung ermittelt werden kann. Hierbei wird ein Lichtstrahl in das Medium geleitet und mit einem Detektor der Lichtverlust bestimmt. Die Reduktion des abgestrahlten Lichts steht dabei in direktem Zusammenhang zur jeweiligen Zelldichte. Diese gehört mit zu den wichtigsten Prozessmerkmalen, da die Menge des Zielproteins oft durch die Anzahl der Zellen bedingt ist. Sie wird benötigt um den Zeitpunkt für eine Zufütterung, den Wechsel der Kohlenstoffquelle, die Induktion oder die Ernte zu bestimmen. Auch können Verdünnungsraten anhand der optischen Dichte berechnet werden.
Um die für die meisten Zellen optimalen Absorptionen zu erzielen und um Farbeinflüsse auszuschließen, werden für die Bestimmung der Zelldichte meist Sensoren mit einem nahinfraroten (NIR) Wellenbereich eingesetzt. Detektiert werden dabei alle Teilchen, die das Licht streuen oder absorbieren. Hierzu gehören neben lebenden auch tote Zellen und Zelltrümmer. Die beschriebene Sensorart hat sich jedoch als besonders effektiv darin bewiesen, durch schnelle und einfach durchzuführende Inline-Messungen zuverlässige Werte in der Wachstumsphase bereitzustellen. Auch die frühe Erkennung von Prozessabweichungen, die sich durch ein vermindertes Zellwachstum bemerkbar machen können, stellt eine der Stärken der OD-Messung dar.
Überwachung der Zelldichte
Um die Stärken der OD-Messung nutzen zu können, muss jedoch bereits im Entwicklungsprozess eine Korrelation zu anderen Messwerten wie z. B. Gesamtzellzahl und Trockenzellgewicht hergestellt werden. Als weiteres Beispiel sei die dielektrische Spektroskopie genannt. Mit dieser Messmethode wird die Permittivität, auch dielektrische Leitfähigkeit oder dielektrische Funktion genannt, ermittelt. Da lebende Zellen die Eigenschaft haben, elektrische Ladungen zu speichern, lassen sich aus Veränderungen der Permittivität Rückschlüsse auf defekte bzw. tote Zellen ableiten. Dementsprechend gibt die dielektrische Spektroskopie, im Gegensatz zur OD-Messung, Auskunft über die Anzahl der lebenden Zellen.
In vielen Entwicklungslaboren und teilweise auch nachgelagerten Produktionsprozessen wird die optische Dichte meist noch immer „offline“ bestimmt, um Schlussfolgerungen hinsichtlich Prozessfortschritt oder Zellwachstum zu ziehen. Dies bedeutet, dass ein Mitarbeiter zu definierten Zeiten manuell eine Probe entnehmen muss, um diese auszuwerten. In der Zeit dazwischen oder wenn sich gerade kein Mitarbeiter vor Ort befindet (z. B. nachts) gehen wertvolle Daten verloren, da hier keine Prozessüberwachung stattfindet. Durch die Entnahme aus dem Prozess und Auswertung außerhalb des Bioreaktors ist zudem eine mögliche Kontamination der Probe nicht ausgeschlossen.
Die permanente und lückenlose Überwachung sowie Steuerung aller kritischen und qualitätsrelevanten Parameter sind Schlüsselelemente in der Bioprozessentwicklung. Nur durch deren korrekte Einstellung kann eine Umgebung geschaffen werden, in welcher die verwendeten Zellen optimal gedeihen können. Um die Produktqualität und Prozessleistung sowie das Prozessverständnis zu verbessern, werden daher zunehmend Sensoren und Messgeräte eingesetzt, die eine kontinuierliche Erfassung und Aufzeichnung aller nötigen Daten in-situ ermöglichen und auch im späteren Produktionsprozess verwendet werden können. Dadurch wird die Reproduzierbarkeit deutlich verbessert und die Qualität sowie die Prozessausbeute erhöht. Werden die gleichen Sensoren und Messgeräte eingesetzt, wird eine mühsame Korrelation zwischen der im Labor eingesetzten und im Prozess installierten Messtechnik vermieden.
Anforderungen an die Messsonde
Da es sich bei biopharmazeutischen Prozessen um sehr anspruchsvolle Verfahren handelt, ist eine hohe Qualität der eingesetzten Komponenten wie z. B. Bioreaktor, Rührwerke und Messsonden unabdingbar. Wesentliche Faktoren bilden hierbei neben der Auswahl des eingesetzten Materials, meist Edelstähle, auch die entsprechenden Oberflächen, die im Fall von Edelstahl über eine sehr geringe Rautiefe verfügen und meist zusätzlich elektropoliert werden.
Durch einen möglichst spaltfreien und damit totraumarmen Aufbau der Messsonde wird eine Kontamination des Mediums effektiv verhindert. Alle konstruktionsbedingten Aussparungen und Hinterschnitte, v. a. die, die sich im mediumberührten Bereich befinden, sollten zudem gut reinigbar sein. Es gehört inzwischen zum Standard, dass die eingesetzten Messgeräte CIP-/SIP-fähig sowie autoklavierbar ausgeführt sind.
Die Messsonde bietet durch die kontinuierliche Erfassung und Aufzeichnung der Absorptionswerte eine zeitnahe Überwachung des Zellwachstums. Auch ist keine Probenaufbereitung wie z. B. eine Verdünnung der Probe notwendig. Somit können Fehler bei der Bereitstellung der Daten vermieden werden. Die Messsonde benötigt keine Rekalibrierung während des Prozesses und liefert ein driftfreies Signal. Die erfassten Daten sind einfach zu interpretieren und benötigen daher keine besondere Aufarbeitung. Es können jedoch Korrelationen zu Messwerten hergestellt werden, die mit herkömmlichen Methoden erhoben wurden, wie z. B. Trockenzellgewicht oder Zellzahl. Die Sonde kann durch den oben genannten Aufbau einfach installiert und zusammen mit dem Bioreaktor qualifiziert werden.
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Absorptionssensor: EXcell 231
Der NIR-Absorptionssensor Excell 231 ist ein hochgenauer digitaler NIR-Stabsensor zur Überwachung von Produktionsprozessen in der Biotech-, Food- und Pharmaindustrie. Sein 12-mm-Edelstahl-Design sowie die verschleißfreien Saphirfenster machen den Excell 231 zu einem zuverlässigen und intelligenten Absorptionssensor mit integriertem digitalem Messverstärker. Es können Trübungswerte wie EBC/FAU/mg/l/AU/OD oder kundenspezifische Einheiten ausgegeben werden. Der Sensor lässt sich bequem am PC mit der zugehörigen Software Expert parametrieren und die Messdaten können mitgeschrieben und graphisch angezeigt werden. Außerdem ist eine Modbus-RS485-Schnittstelle sowie eine Schnittstelle für einen 0…20-mA-Ausgang mit integrierter Messwertanzeige verfügbar. Der Sensor wird
über ein Gewinde PG13,5 in den Prozess eingebracht. Die prozessseitigen Einbaumaße entsprechen einem standardisierten pH-Sensor. Damit lässt sich dieser Sensor auch in Verbindung mit Prozess-Wechselarmaturen und vollautomatischen Reinigungssystemen verwenden. In der Kombination mit den Wechselarmaturen der
Baureihe Extract 8XX sowie der zugehörigen Steuerung Exmatic 460 wird eine automatische Reinigung auch unter Prozessbedingungen ermöglicht und eröffnet so den zuverlässigen Einsatz auch in schwierigsten Applikationen.