Eine erfolgreiche Umsetzung des Industrie-4.0-Gedankens verlangt im Prinzip dreierlei: Zum einen smarte Produkte als technische Basis und zum anderen entsprechende Produktions- und Logistikbedingungen, die es ermöglichen, diese im Idealfall individuell ab Losgröße 1 in hoher Qualität zu fertigen. Für entscheidend hält Heribert Rohrbeck, Geschäftsführer bei Bürkert Fluid Control Systems, jedoch den dritten Punkt: „Die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette eines Unternehmens muss sich mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik verzahnen. Das fängt bereits bei der Entwicklung eines neuen Produktes an. Schon beim ersten Strich im CAD-System gilt es, den Industrie-4.0-Gedanken zu berücksichtigen.
Eine Ventilmembran beispielsweise muss nicht nur als Ersatzteil über die gesamte Produktlebensdauer verfügbar sein, damit unsere Anwender und im besten Fall dann wiederum deren Anwender praktisch von Industrie 4.0 profitieren können, sondern auch in der exakten Ausführung über alle Änderungsindizes hinweg. Hierbei hilft der Gedanke des digitalen Zwillings. Er schafft ein virtuelles Abbild der eingesetzten Produktvariante und ist im Product Lifecycle Management (PLM) abgebildet.“
Die Zukunft hat begonnen
Daher kommt dem Produktdatenmanagement (PDM) eine entscheidende Bedeutung zu. Es speichert Daten aus der Produktentwicklung und stellt sie den nachgelagerten Phasen des Produktlebenszyklus zur Verfügung. Die im Entwicklungs- und Fertigungsprozess entstandenen Informationen müssen für die weitere Verwendung sinnvoll strukturiert und zentral verfügbar sein. Eine ganzheitliche Informationsbereitstellung über ein solches Data Backbone bietet dann die Grundlage für weitere Services nach dem Verkauf, die auf den jeweiligen Anwender und seine Applikation abgestimmt sind, z. B. aktuelle Dokumentationen zu jedem Gerät (auch ältere Modelle), Hinweise zu vorbeugenden Wartungsmaßnahmen oder sogar automatische Ersatzteilanforderung. „Durch unsere unternehmensinterne Digitalisierung stellen wir sicher, dass der Anwender auch nach Jahren trotz eventueller Designänderungen oder Weiterentwicklungen immer das passende Ersatzteil für das bei ihm eingesetzte Gerät erhält“, erläutert Rohrbeck.
Vorausschauende Wartung möglich
Auf dieser Basis ist beispielsweise ein automatischer Support möglich. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass technische und kaufmännische Datenwelten miteinander kommunizieren. Bei einem Ventil kann dann z. B. die Information, dass eine festgelegte Anzahl an Schaltspielen erreicht ist, ans ERP-System weitergeleitet werden. Die Bestellung lässt sich dann automatisch auslösen, gegebenenfalls sogar die Produktion des Ersatzteils beim Hersteller.
Auf Basis intelligenter Produkte, Produktionsprozesse und Logistik lassen sich also Konzepte zur vorausschauenden Wartung realisieren, wodurch Stillstandszeiten minimiert werden und Betriebssicherheit sowie Anlagenverfügbarkeit steigen. „Die Weichen dazu sind bereits gestellt, da wir im eigenen Unternehmen die Digitalisierung aller Prozesse konsequent vorantreiben – und smarte Produkte haben wir zudem“, ergänzt Rohrbeck.
Ein Beispiel: Im Rahmen des Neubaus einer großen Schokoladenfabrik in der Schweiz bestand die Herausforderung darin, die Automation einer Fülle von Prozessventilen unterschiedlicher Hersteller mit AS-Interface an das Prozessleitsystem anzubinden. Hierbei kamen unter anderem die Element-Ventilsysteme zum Einsatz, die Stellungs-/Prozessregler und Steuerköpfe im Prozessventil integrieren. Informationen wie Prozessdaten (z. B. Ventilstellung, Prozessgröße) und Diagnosedaten (Lebensdauer, Funktionssicherheit, Wartungsbedarf) werden unmittelbar am Prozess selbst durch integrierte Sensorik und deren Auswertung verfügbar gemacht und können in digitaler Form effektiv von der Feld- zur Leitebene und natürlich auch ans ERP übertragen werden. Auch für eine intelligente Produktion und Logistik sind bei Bürkert die Voraussetzungen geschaffen.
Kommunikation und ihre Grenzen
Prinzipiell steht damit einer durchgängigen Kommunikation vom einzelnen Ventil bis in die Cloud nichts mehr im Wege. Wartungsinformationen können direkt auf das Smartphone des Servicetechnikers geschickt werden oder an ein System, das automatisch die beste Route für den Techniker planen kann. Theoretisch gibt es also kaum Grenzen für die durch die Digitalisierung mögliche, durchgängige Kommunikation. Praktisch allerdings schon. „Hersteller, Anwender und deren Kunden müssen sich einig sein, welche Daten wem und wann zur Verfügung stehen“, gibt Rohrbeck zu bedenken. „Interne Daten gilt es sensibel zu behandeln, letztendlich könnte man ja von der Anzahl der Schaltspiele eines Ventils z. B. Produktionsmengen ableiten, was nicht im Interesse des Anlagenbetreibers liegt.“
Ausgehend vom aktuellen technischen Stand müssen jetzt also Berechtigungsfragen geklärt werden. „Erst wenn hier die Konzepte stimmen, können die Möglichkeiten von Industrie 4.0 voll ausgeschöpft werden“, ergänzt Rohrbeck. Deshalb bringt sich Bürkert auch bei dieser Thematik aktiv ein; aktuell laufen entsprechende Versuche mit SAP, Siemens und anderen Systemen. Schwerpunkt ist hier vor allem die Datenorganisation, also die passende Zuordnung und Struktur der Daten für die unterschiedlichen Cloudlösungen. Eine große Herausforderung, die es umfänglich zu lösen gilt, denn letztendlich wird das Geschäft der Zukunft mit Daten gemacht. „Da wir unseren Kunden nicht nur Produkte, sondern Lösungen anbieten, wollen wir uns weiter ganzheitlich einbringen. Dazu gehört, dass wir natürlich hauptsächlich technisch Akzente setzen wollen, gleichzeitig unsere Kunden aber auch beim Datenhandling unterstützen“, so Rohrbeck abschließend.
Suchwort: dei0319bürkert
Halle 9, Stand G16
Autorin: Katharina Morsch
Corporate Communications,
Bürkert Fluid Control Systems