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In ein starkes Netzwerk eingebunden

Zentrifugen aus Mülheim weltweit im Einsatz
In ein starkes Netzwerk eingebunden

Siebtechnik ist so erfolgreich wie nie. Das Unternehmen verzeichnet seit Jahren Umsatzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich. Und pünktlich zum 90. Firmengeburtstag erhielten die Trenntechnikspezialisten auch noch einen 20 Mio. Euro schweren Auftrag aus China. Was steckt hinter diesen Erfolgen? Mit dieser und anderen Fragen im Gepäck, reiste cav nach Mülheim.

Der Autor: Lukas Lehmann Stellv. Chefredakteur cav

cav: Vor fast 90 Jahren hat Wilhelm Heinrich Steinhaus die heutige Siebtechnik GmbH gegründet. Herr Steinhaus, mit welchen Produkten hat Ihr Urahne damals sein Geld verdient?
Steinhaus: Er arbeitete in Mülheim als Vertreter des Dresdener Unternehmens Louis Herrmann. Das war eine Fabrik, die Horden, Gitter und Siebe aus Draht und Blech hergestellt hat. Später beschloss Steinhaus, sich selbstständig zu machen. Er gründete 1922 sein eigenes Unternehmen, die W. Steinhaus & Co. GmbH, und handelte sowohl mit den Produkten von Louis Herrmann als auch mit Waren anderer Hersteller. Seine Kunden kamen vor allem aus dem Steinkohlebergbau, der ja damals in dieser Region sehr stark war.
cav: Wann erfolgte die Umfirmierung in Siebtechnik GmbH?
Steinhaus: Das war 1930. Ein anderer wichtiger Punkt in der Geschichte von Siebtechnik war der Beginn der Eigenproduktion von Entwässerungszentrifugen für Feinkohle. Das war in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
cav: Die Erfolgsgeschichte von Siebtechnik ist eng mit dem Ruhrkohlebergbau verbunden. Heute ist der Steinkohlebergbau an der Ruhr tot, Siebtechnik sitzt aber nach wie vor in Mülheim. Was spricht für diesen Standort?
Steinhaus: In der Tat kommt unsere Kundschaft heute aus ganz anderen Branchen, der chemischen, pharmazeutischen und Nahrungsmittelindustrie, und ist über die ganze Welt verteilt. Geblieben sind die in der Region verwurzelten Menschen und eine hervorragende Infrastruktur. Und das sind die Pluspunkte, die uns zum Bleiben veranlasst haben.
cav: Was meinen Sie mit hervorragender Infrastruktur?
Steinhaus: Mehrere Flughäfen in der Nachbarschaft, eine gute Autobahnanbindung und ein enges Netz von kompetenten und uns vertrauten Zulieferern. Auch wenn es den traditionellen Bergbau heute nicht mehr gibt, ist das Ruhrgebiet doch immer noch eine stark industrialisierte Region mit sehr gut qualifizierten Fachkräften.
cav: Mülheim wird also auch in Zukunft der Stammsitz von Siebtechnik sein?
Steinhaus: Davon gehe ich aus. Natürlich produzieren wir unsere Zentrifugen inzwischen an verschiedenen Plätzen der Welt. Aber Mülheim ist und bleibt das Kompetenzzentrum von Siebtechnik. Hier sitzt unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung und hier werden Zentrifugen für besonders anspruchsvolle Anwendungen gebaut. Und: Wir planen aktuell den Bau einer neuen hochmodernen Ferti-gungshalle für Zentrifugen – auch das ist ein Bekenntnis zum Standort Mülheim.
cav: Hat die Erweiterung der Produktionskapazitäten etwas mit dem gigantischen China-Auftrag zu tun?
Bongartz: Nein, diese neue Zentrifugenmanufaktur war sowieso geplant. Allerdings fordert dieser Auftrag unser Know-how und Improvisationsvermögen komplett. Üblicherweise bauen wir im Jahr 100 Zentrifugen. Die 40 für den Pottasche-Produzenten QPP kommen da noch oben drauf.
cav: Wie groß wird diese neue Produktions-stätte in Mühlheim sein?
Dietschreit: Wir erweitern die bereits bestehenden Produktionsstätten um etwa 3000 m2. Den Produktionsstart in den neuen Räumlichkeiten planen wir für Frühjahr 2013.
cav: Zurück in die Vergangenheit. Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Siebtechnik war die Gründung der niederländischen Tema in den 30er-Jahren. Was hat es mit dieser Gesellschaft auf sich?
Steinhaus: Wilhelm Steinhaus hat diese Gesellschaft, die auch heute noch ihren Sitz in Den Haag hat, als Vehikel für den weltweiten Vertrieb seiner Produkte gegründet. Mit der Tema hat er also das Tor zur Welt geöffnet – ein damals gewagter Schritt, von dem wir bis heute profitieren. In der Geschichte unseres Unternehmens gibt es nur wenige Meilensteine, die eine vergleichbare Bedeutung haben. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Gründung der Multotec in Südafrika, an die Übernahme von Hein Lehmann im Jahr 1992 und natürlich an unser Engagement in China.
cav: In China ist Siebtechnik seit Mitte der 80er-Jahre aktiv.
Steinhaus: 1986 haben wir in Qinhuangdao die bis dahin weltweit größte Probennahmeanlage für Kohle gebaut. Ins Jahr 2004 fällt die Gründung der Tema Siebtechnik Co. Ltd. in Ningbo. Aus Kapazitätsgründen sind wir 2007 nach Tianjin umgezogen. Und unser Engagement auf diesem Wachstumsmarkt geht weiter. Aktuell bauen wir in Wuqing ein neues Produktionswerk auf, das Ende 2012 seinen Betrieb aufnehmen wird.
cav: Was werden Sie dort produzieren?
Dietschreit: Zur Zeit laufen etwa 300 Siebtechnik-Zentrifugen in China. Das heißt, wir haben hier eine sehr große Serviceverpflichtung. Letzterer tragen wir mit dem neuen Werk Rechnung. Daneben wollen wir dort für den chinesischen Markt einen Teil unseres Zentrifugenprogramms fertigen.
cav: Wie viele Mitarbeiter werden in Wuqing tätig sein?
Dietschreit: Ich rechne mit etwa 100 Arbeitsplätzen.
cav: Herr Steinhaus, neben dem Engagement in China haben Sie die Gründung der Multotec als Meilenstein bezeichnet. Warum?
Steinhaus: 1973 gegründet, ist die Multotec mit ca. 1500 Beschäftigten heute unsere größte Gruppengesellschaft. Das Unternehmen produziert in erster Linie Siebböden und Verschleißprodukte für die Minenindustrie in Südafrika, Südamerika und in Australien.
cav: Mit Hein Lehmann haben Sie 1992 einen ihrer größten Wettbewerber übernommen.
Steinhaus: Das ist richtig. Wie wir fertigte Hein Lehmann Siebmaschinen und die dazugehörigen Siebböden. Außerdem baute das Unternehmen – allerdings in einem deutlich kleineren Umfang – Zentrifugen. Auch unter historischen Gesichtspunkten ist diese Übernahme interessant: 1947 erwarb Hein Lehmann alle Patente und Lizenzen von Louis Herrmann, also von jenem Unternehmen, bei dem Wilhelm Steinhaus seine berufliche Laufbahn begann.
cav: 1974 übergab Lothar Steinhaus, der Neffe des Firmengründers, die Geschäftsführung an Ihren Vater Robert Steinhaus. In seine Verantwortung fallen die deutliche Erweiterung des Zentrifugenprogramms und die stetige Fortführung der internationalen Ausrichtung des Unternehmens. Seit 2006 vertreten Sie in vierter Generation die Gründerfamilie in der Geschäftsführung. Sie treten also in große Fußstapfen. Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Steinhaus: Um es in einem Satz zu sagen: Ich möchte Pareto-Optima vermeiden.
cav: Was meinen Sie damit?
Steinhaus: Das Pareto-Optimum ist ein Begriff aus der Mathematik und Wirtschaftslehre. Es beschreibt einen Systemzustand, in dem sich die Parameter untereinander in einem gleichberechtigten Zustand befinden. Verändere ich einen Parameter, führt das automatisch zu einer Verschlechterung der anderen Systemparameter. Letztendlich steht das Pareto-Optimum also für einen statischen Zustand, der, angewendet auf ein Unternehmen, nicht wachstumsfördernd ist.
cav: In Bezug auf Ihre Unternehmensgruppe bedeutet das?
Steinhaus: Innerhalb unseres Konzerns arbeitet jeder Geschäftsführer so frei wie möglich und ist komplett für den Erfolg seines Unternehmens verantwortlich. Die Koordination innerhalb der Gruppe läuft über die Kooperation der Geschäftsführer. Das heißt, im Kampf um optimale Ergebnisse sind alle Geschäftsführer gleichgestellt. Ich kann keinen von ihnen besser stellen, ohne die Position eines anderen zu verschlechtern. Ich sehe meine Aufgabe darin, dieses Pareto-Optimum zu stören. Um Wachstumspotenziale zu erschließen und das bestmögliche Gruppenergebnis zu erreichen – also für das Ganze eine Verbesserung herbeizuführen – ist es ab und zu notwendig, dass ein Geschäftsführer eine Verschlechterung seiner Situation erfahren muss.
cav: Anstelle des einträchtigen Nebeneinanders sorgen Sie also innerhalb des Konzerns für Konkurrenz unter den Geschäftsführern?
Steinhaus: So kann man das sagen. Einerseits vertrete ich dieses Prinzip bei den regelmäßig stattfindenden Treffen der Geschäftsführer des Konzerns und in den verschiedenen Funktionen, die ich in der Stafag-Holding bekleide. Andererseits bin ich als Geschäftsführer der Steinhaus GmbH auch selbst dieser Konkurrenz ausgesetzt. Bei uns sind Reibung und Konkurrenz also durchaus erwünscht – im Sinne der Kunden und im Sinne optimaler Gruppen- bzw. Konzernergebnisse.
Halle 5.0, Stand C86
prozesstechnik-online.de/cav0612496
„Ich sehe meine Aufgabe darin, Pareto-Optima zu stören, um Wachstumspotenziale zu erschließen und das bestmögliche Gruppenergebnis zu erreichen.“

Riesenauftrag aus China

Zahlen & Fakten

Die Siebtechnik GmbH ist Teil der Schweizer Stafag Holding AG, zu der auch die Steinhaus GmbH, die Hein Lehmann Trenn- und Fördertechnik GmbH, die Multotec Pty Ltd. und die Tema Systems Inc. gehören. Das Mühlheimer Unternehmen beschäftigt 235 Mitarbeiter, von denen knapp 45 in den Bereichen Konstruktion und Verfahrensentwicklung tätig sind.
Siebtechnik kann auf ein glänzendes Jahr 2011 zurückschauen. „Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir unseren Umsatz um 40 % auf 48,6 Mio. Euro steigern“, freut sich Karl Bongartz, Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens. „Und auch 2010 war für Siebtechnik durchaus ein erfolgreiches Jahr, auch wenn wir – aufgrund unserer langlaufenden Aufträge – erst damals die erste Bankenkrise zu spüren bekamen.“
In das laufende Geschäftsjahr 2012 sind die Trenntechnikspezialisten mit einem Auftragsbestand im Wert von 23 Mio. Euro gestartet. Nach den Worten von Bongartz ist das für einen Maschinenbauer ein beachtlicher Wert. „Darin nicht enthalten ist ein Großauftrag aus China im Wert von 20 Mio. Euro, den Herr Dietschreit für uns verhandelt hat. Er umfasst die Lieferung von 40 Großzentrifugen CX 1500 für den Pottasche-Produzenten QPP.“
Siebtechnik hat sich in den zurückliegenden Jahren als verfahrenstechnisch versierter Sonderanbieter von hochspezialisierten Anlagen etabliert. „In Zukunft werden wir diese Position weiter ausbauen“, erläutert Bongartz. „Außerdem möchten wir Zentrifugen mit noch größerer Leistung anbieten.“ Ein anderer wichtiger Punkt, der die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens betrifft, ist die weltweite Vernetzung. „Die ist notwendig, weil der Großanlagenbau durch weltweite Verflechtungen gekennzeichnet ist. Deshalb wollen wir das internationale Netzwerk, das uns die Stafag bietet, noch stärker nutzen.“

Zentrifugen für hohe Durchsätze

Neu auf der Achema

Das Verhältnis von Durchsatzleistung und Zentrifugengröße, Verschleißschutz und die Filtermedieneffizienz – das sind drei Felder der Zentrifugentechnik, auf denen Horst Dietschreit, Geschäftsführer der Siebtechnik GmbH, in den kommenden Jahren wesentliche Entwicklungen erwartet. Er erklärt: „Entwicklungspotenziale ergeben sich aus der Arbeit an konkreten Projekten und daraus wie wir unsere Maschinen für spezifische Trennauf- gaben optimieren.“
Resultate solcher Entwicklungs- bzw. Projektarbeit sind zwei Maschinen, die Siebtechnik auf der Achema präsentieren wird: „Genau passend zum 90. Siebtechnik-Geburtstag zeigen wir die größte Siebschneckenzentrifuge der Welt, die CX 1500, und eine hocheffiziente Trennzentrifuge, den Screen-Bowl-Decanter Tube 1100. Letztere kommt in der Kunststoffproduktion zum Einsatz. Beide Exponate sind bereits verkauft und werden nach der Achema an die Kunden ausgeliefert.“ Als drittes wichtiges Exponat wird in Frankfurt/M. eine Schubzentrifuge SHS 902 ZK zu sehen sein. Ein wichtiges Anwendungsgebiet dieser als Alternative zur Schneckenzentrifuge genutzten Maschine ist die Herstellung von Natriumchlorid.
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