Herr Jansen, was bei Hartbonbons schon lange Standard ist, wird nun auch für Gelatineartikel Realität: das puderlose Gießen.
Jansen: Ganz richtig. Dieses Produktionsverfahren ist insbesondere interessant für Hersteller von Nutraceuticals oder OTC-Produkten.
Wie funktioniert das Produktionsverfahren?
Jansen: Beim herkömmlichen Stärkegießen von Gummi- und Geleeartikeln benutzen Hersteller Mogul-Anlagen. Beim puderlosen Gießen von Gelatineprodukten sind wir anders vorgegangen. Für diese Anwendung haben wir eine bereits existierende Anlage namens Silicone Rubber Mold (SRM) weiterentwickelt. Hier werden zuerst Silikonformen mit einem Trennmittel benetzt. Danach wird die Gießmasse in die Formen gegossen. Anschließend laufen die befüllten Formen zum Auskühlen in den integrierten Etagenkühlschrank der SRM, sie verbleiben also in der Maschine. Nach einer Kühlzeit von 20 Minuten werden die Produkte ausgeformt. Am Ende fahren die leeren Formen wieder zurück zur Gießstation und werden erneut befüllt. Und das ist schon der erste große Vorteil: Die Formen bleiben im Produktionskreislauf und müssen die Maschine zum Auskühlen nicht verlassen.
Und worin liegt der Hauptvorteil?
Jansen: Wir haben das Design des Gießkopfs speziell für dieses Verfahren optimiert. Mit ihm ist die Produktionslinie nun in der Lage, Gießmassen mit einem hohen Trockensubstanzanteil (TS) zu verarbeiten. Für Hersteller bedeutet das, dass sie künftig handelsübliche, hochbloomige Gelatine in der Produktion verwenden können – und das ohne Fadenbildung.
Wie läuft das bei dem herkömmlichen Produktionsprozess ab?
Jansen: In der traditionellen Produktion von Gelatineprodukten müssen die Puderkästen für 24 bis 72 Stunden in einen Reiferaum. Während dieser Zeit entzieht das Puder den Produkten Wasser und sie verfestigen sich. Die Trockensubstanz des Endproduktes (End-TS) liegt dann bei 84 bis 86 %.
Mit der Bosch-Anlage lassen sich also Gießmassen verarbeiten, die bereits die Trockensubstanz des Endproduktes aufweisen?
Jansen: Genau. Und das ist auch der Grund, warum unsere Gelatineprodukte nur noch 20 Minuten zum Abkühlen und Ausformen brauchen. Wir sind also nicht länger auf einen Reiferaum angewiesen und sparen so nicht nur Energiekosten, sondern auch Produktionszeit ein. Gleichzeitig bedeutet das, dass wir weniger Platz in der Produktionshalle benötigen, was sich wiederum positiv auf die Gesamtanlageneffektivität auswirkt. …
… Und das Puder fällt auch weg
Jansen: Das kommt noch hinzu, ja! Wir ersetzen zehntausende Puderkästen durch einige hundert wiederverwendbare Silikonformen. Bei 30 Fülltakten pro Minute und einer Umlaufzeit von 20 Minuten werden in etwa nur noch 600 Silikonformen benötigt. Weil die neue Herstellungsmethode keine Puderaufbereitung mehr braucht, sparen wir auch in diesem Punkt Energie – und Personal. Denn bisher mussten Hersteller hunderte Tonnen Puder entfeuchten und wiederaufbereiten lassen.
Für wen eignet sich das puderlose Gießen in erster Linie?
Jansen: Grundsätzlich ist das Verfahren für Hersteller von Produkten mit klaren Konturen interessant, denn das puderlose Gießen besticht vor allem in der Massenfertigung. Die Form der Produkte ist durch die Silikonformen vorbestimmt, die Formvielfalt ist entsprechend eingeschränkt. Filigrane Produktkonturen sind für Silikonformen nicht angedacht, denn diese könnten beim Herausdrücken der Artikel aus der Form beschädigt werden. Puderloses Gießen ist aber die optimale Herstellungsmethode für alles andere – vom Hustendrop bis zum Vitamingummibärchen.
Welche Leistungen bietet Bosch neben der reinen Herstellungsmethode noch?
Jansen: Bei uns erhalten Interessenten das volle Programm: von der umfassenden Beratung, einer für diesen Prozess angepassten Küche und Gießanlage über die Erstverpackung bis hin zum Kartonierer. Selbst Rezepturen können wir für unsere Kunden im hauseigenen Labor testen und verfeinern.
Schätzen Sie, dass sich das puderlose Gießen etablieren wird?
Jansen: Ich denke schon. Zum einen sprechen die Vorteile des neuen Verfahrens für sich und zum anderen war die bisherige Resonanz darauf vielversprechend. Sowohl Traditionshäuser als auch neue Hersteller am Markt sind sehr interessiert an unserer Herstellungsmethode.
Suchwort: dei1218bosch
Halle 10.1, Stand F10
Wachstum erwartet: Nutraceuticals
Laut einer Untersuchung von Allied Market Research wird der globale Markt für Nutraceuticals bis zum Jahr 2022 ein Volumen von 302 Mrd. US-Dollar erreicht haben – und das mit einem jährlichen Wachstum von 7 %. Ein starker Markt also – auch für die Süßwarenindustrie. Knapp 14 % aller Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel kommen heute in Süßwarenform auf den Markt.
Transparency Market Research prognostiziert zudem, dass alleine der globale Markt für Vitamin-Gummiartikel in den nächsten acht Jahren mit jährlich 5 % wachsen und 2025 ein Volumen von über 4 Mrd. US-Dollar haben wird. Auch interessant ist, dass 2015 in Indien beispielsweise 63 % aller Arzneimittelverkäufe Over-the-Counter-Produkte (OTC-Produkte) waren wie Husten-Gummibärchen und Co. Zum Vergleich: In China liegen OTC-Produkte bei 55 % und in den USA bei etwa 11 % – Tendenz steigend.