So vielfältig Kaugummis in ihrer Zusammensetzung und ihrem Geschmack sein mögen – die gebotene Auswahl an Formen ist bislang begrenzt. Der Grund dafür liegt im Rohmaterial, das nicht wie bei frei formbaren Bonbons gekocht, sondern warm geknetet wird. Kaugummi besteht traditionell aus Kaugummirohmasse, feinvermahlenem Zucker sowie konzentrierten Aromen. Die Masse nimmt bei rund 60 °C eine zähe und klebrige Konsistenz an, die mit leistungsstarken Spezialmaschinen verarbeitet werden muss und anschließend in einem Extruder unter Druck gepresst und so in Form gebracht wird. Aus dem extrudierten Strang können Streifen und Kissen in verschiedenen Größen geschnitten oder Kugeln geformt werden.
Wacker, ein Hersteller von Polyvinylacetat-Festharzen für Kaugummirohmassen, möchte nun neue Formen möglich machen: mit dem auf einem Co-Polymerharz basierenden Premix Capiva C 03. Diese vorformulierte Mischung ist wasserunlöslich, lässt sich vollständig aufschmelzen und so homogen in eine Zuckermasse einmischen. Auf diese Weise ist es möglich, kaugummiartige Süßigkeiten zu kochen und beliebig zu formen, statt sie aufwendig zu kneten.
Pilotanlage im industriellen Maßstab
Dass dies auch in der industriellen Fertigung reibungslos gelingt, zeigt ein Pilotprojekt mit einem Team der Bosch Makat Candy Technology GmbH, einem Tochterunternehmen der Bosch Packaging Technology. In Dierdorf bei Köln baut das Unternehmen Spezialmaschinen für die Süßwarenindustrie. „Es sind nur geringe Zusatzinvestitionen für Anlagenteile notwendig, um Capiva C 03 in bestehenden Mogulanlagen nutzen
zu können“, sagt Patrick Knoll von Bosch Makat Candy. Gemeinsam mit Experten von Wacker Biosolutions hat er an der Prozessentwicklung gearbeitet.
Bosch Confectionery Technology ist Spezialist in der Entwicklung und dem Bau von Mogulanlagen, in denen im großtechnischen Maßstab Gummibärchen, Geleemassen und Co. hergestellt werden. Eine der Anlage vorgeschaltete kontinuierliche Kochanlage erzeugt unter Wärmezufuhr eine homogene, kristallfreie Masse, die anschließend unter Vakuum auf die erforderliche Gießtemperatur gebracht wird. Dadurch reduziert sich der Wassergehalt der Masse auf ein Minimum. Anschließend werden weitere Zutaten wie Farbstoffe, Aromen oder Säure zugefügt.
Im nächsten Schritt kommt Capiva C 03 ins Spiel. Mit einem Fassschmelzer kann es bei 100 bis 115 °C geschmolzen und über eine spezielle Dosier- und Mischanlage in die heiße Zuckerlösung gepumpt werden. Mit dieser Umrüstung können auf gewöhnlichen Zuckerwarenanlagen nun auch frei formbare Kaugummis produziert werden. Unter Rühren entsteht eine homogene Masse, die gleich im Anschluss im Mogulverfahren geformt werden kann. Dabei gießt man die Masse in vorbereitete Stärkeformen.
„Der Vorteil der Verwendung von Stärkeformen liegt darin, dass zum einen alle erdenklichen Formen damit möglich sind und sich zum anderen die Formen schnell umrüsten lassen“, sagt Knoll. Das Mogulverfahren eignet sich für ein breites Spektrum an Zuckerwaren aus Gelee-, Gummi- und Schaumzuckermasse, Weichkaramell, Fondant und jetzt auch für Kaugummis. Aber auch in Silikonformen lassen sich Kaugummis aus Capiva C 03 ohne Weiteres gießen, formen und trocknen.
Für eine reibungslose Produktion
Gemeinsam mit den Anwendern passen die Kaugummi-Experten von Wacker die Rezeptur nach den gegebenen technischen Voraussetzungen an, damit die Produktionsanlagen reibungsfrei laufen können. Je nach Zusammensetzung kann die Rheologie und Viskosität der Masse verändert werden, um eine sowohl gut formbare als auch eine gut verarbeitbare Gießmasse hinzubekommen. So lassen sich unerwünschte Phänomene wie Fadenbildung oder Lufteinschlüsse verhindern.
Capiva C 03 ist eine Formulierung, die keine Fäden bildet oder die Anlage verklebt. Dadurch lässt sich der Reinigungs- und Materialaufwand gering halten. Mit heißem Wasser oder industrieüblichen Reinigungsmitteln ist die auf Basis von Capiva C 03 formulierte Rohmasse leicht von den Anlagen zu entfernen.
Wie bei anderen Süßwaren hängt die Formstabilität der gegossenen Gummibonbons von der genauen Rezeptur und den verwendeten Inhaltsstoffen ab. Je nach Formulierung und Prozessparameter kann die Rezeptur härter oder weicher eingestellt werden. Ein weiterer Vorteil: Durch den Kochprozess lassen sich zahlreiche flüssige Inhaltsstoffe einsetzen, die im konventionellen Verfahren nicht möglich sind.
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