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Heutzutage wird weltweit mehr Fleisch gegessen als jemals zuvor. Im Jahr 2050 wird die jährliche weltweite Nachfrage nach Fleisch schätzungsweise von 350 Mrd. kg auf 460 bis 570 Mrd. kg ansteigen. Der Bedarf an Meeresfrüchten wird sich im Vergleich zu heute sogar verdoppeln und entspricht dann etwa 62 Mrd. kg. Schon jetzt sind Umweltprobleme, die Verfügbarkeit von landwirtschaftlichen Flächen und Überfischung ein präsentes Thema, sodass nachhaltige Alternativen benötigt werden.
Eine Möglichkeit stellen kultivierte Lebensmittel dar – also Fleisch und Fisch aus dem Labor und nicht vom Bauernhof oder aus dem Meer. Sie könnten zu den Grundnahrungsmitteln der Zukunft werden, doch die Entwicklung entsprechender Technologien ist wissenschaftlich und kulturell anspruchsvoll.
Zu den Hürden zählen – neben den behördlichen Zulassungen – die Skalierbarkeit, der Preis sowie die Entwicklung eines natürlichen Geschmacks. Denn viele Menschen wollen das bekannte Aroma und die Konsistenz von Fleisch und Fisch nicht missen.
Process analytical technology (PAT)
Die Herstellung kultivierter Fleisch- und Fischerzeugnisse ist ein hochkomplexer Prozess. Um die idealen Bedingungen für die Produktion von Zuchtfleisch und -fisch zu ermitteln, legen die Unternehmen der Branche momentan den Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung. So wird unter anderem an dem optimalen Zellwachstum und der perfekten Fütterungsstrategie der Zellen gearbeitet. Den größten Kostenfaktor dürften momentan aber die Nährmedien bilden, die für das Zellwachstum in einer künstlichen Umgebung notwendig sind.
Dank der Implementierung von PAT kann jedoch der gesamte Herstellungsprozess grundlegend umgestaltet werden. Die Messung und Kontrolle kritischer Parameter ist während des gesamten Produktionsprozesses in Echtzeit möglich. So wird die Prozessoptimierung vorangetrieben, die Time-to-market verkürzt und es entsteht ein qualitativ hochwertiges Endprodukt, bei dem sowohl der Geschmack als auch das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen.
Stamm- und Muskelzellen-Entnahme
Gänzlich tierfrei beginnt der Weg zum kultivierten Endprodukt jedoch nicht. In einem ersten Schritt werden einem lebenden Tier und ohne es zu verletzen Stamm- und Muskelzellen entnommen. Diese stammen von Embryonen, Biopsien oder iPS-Zellen. Aktuell greift man dafür auf Hühner, Rinder sowie Schweine und bei den Meeresfrüchten unter anderem auf Lachse, Thunfische, Krabben und Hummer zurück.
Die gewonnen Stamm- und Muskelzellen werden anschließend isoliert und im Labor kultiviert. In-line-Sensoren und PAT-Methoden sind unerlässlich, um den Ertrag und die Qualität zuverlässig und kosteneffizient zu gestalten. Damit die Zellen im Bioreaktor in größerem Maßstab gezüchtet werden können und die Anzahl der Zellen zufriedenstellend ist, müssen die kritischen Prozessparameter optimiert werden. Da es sich um dieselben Parameter handelt, die auch bei anderen Zellkulturen wie beispielsweise bei der Biopharma-Industrie relevant sind, existieren hier bereits ausgeklügelte Lösungen, die den Weg in diesen noch jungen Industriezweig ebnen.
Im Bereich des kultivierten Fleisches liegt der Schwerpunkt auf der Produktion von Biomasse, weshalb das Wissen um die Anzahl der Zellen in jeder Produktionsphase wichtig ist. Die Gesamtzelldichte und die Lebendzelldichte sind die Key Performance Indicators (KPI) – Inline-Prozesssensoren messen daher während der gesamten Produktion kontinuierlich die lebende Biomasse.
Doch der Weg zum Endprodukt bedarf weiterer akribischer Kontrollen durch In-line-Messungen, denn auch kritische Prozessparameter (CPP) wie pH, DO, gelöstes CO2 sowie die Temperatur spielen im Produktionsprozess und für die Qualität und Quantität des Endproduktes eine entscheidende Rolle.
Sensoren für die Produktionsschritte
Abhängig vom jeweiligen Produktionsschritt kommen bei der Kultiviertfleisch-Produktion unterschiedliche Messlösungen zum Einsatz. So müssen nach der Zellentnahme die Tanks entsprechend vorbereitet werden, damit die Zellen in einer optimalen Nährstoffumgebung lebensfähig sind und wachsen können. Im Idealfall werden hier der pH-Wert und die Leitfähigkeit gemessen. Letztere gibt Aufschluss hinsichtlich der Wasserbeschaffenheit bzw. zur notwendigen Reinheit und ermöglicht eine wirtschaftliche und optimale Mediennutzung im Zuge der gesamten Produktion.
Die Sensoren der Conducell-4UxF-Familie sind für den Einsatz in Wasseraufbereitungs- und Medienaufbereitungstanks für kultivierte Lebensmittel prädestiniert. Um das Zellwachstum zu beschleunigen, ist es zudem ratsam, während des gesamten Kultivierungsprozesses den pH-Wert zu messen und präzise zu kontrollieren. Geeignet ist dafür beispielsweise der Easyferm-Bio-pH-Sensor der Hamilton Bonaduz AG.
Schnelles Zellwachstum überwachen
Während der Proliferation, also dem schnellen Wachstum bzw. der Vermehrung von Zellen oder Mikroorganismen, sollten neben dem pH-Wert, der gelöste Sauerstoff, gelöstes CO2 und die Zelldichte überwacht werden. Denn nur unter optimalen Bedingungen wird das bestmögliche Zellwachstum mit maximalem Ertrag und Rentabilität erzielt. Einer der wichtigsten Faktoren für die Zellatmung und das Zellwachstum ist Sauerstoff.
Der Visiferm-Sensor sorgt dank der In-line-Messung des Gelöstsauerstoffgehaltes für eine genaue Prozesskontrolle. Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Herstellung von kultiviertem Fleisch ist der CO2-Gehalt. Dieser Wert sollte stets innerhalb eines definierten Bereichs liegen und dort gehalten werden. Dafür eignet sich der CO2ntrol-Sensor, der kontinuierlich Echtzeit-Messungen durchführt und so dafür sorgt, dass der Wert stabil bleibt.
Extrem wichtige Einblicke in den Produktionsprozess bietet der Incyte-Arc-Sensor zur Messung der Lebendzelldichte. Er ist unempfindlich gegenüber Medienveränderungen, Mikroträgern oder toten Zellen. Anhand von Frequenzabtastungen erkennt er Veränderungen in der Physiologie. Abweichungen werden so ohne Probenentnahme sichtbar, was die Produktionskosten senkt.
Parallel dazu bietet Dencytee Arc einen Einblick in die Gesamtzelldichte. Auch er detektiert frühzeitig Prozessabweichungen und übermittelt während der Wachstumsphase die relevanten Werte. Die Einbindung dieses Sensorspektrums in der gesamten Prozesskette ermöglicht erst eine stringente Überwachung der Biomasse. Dank der Arc-Technologie wird immer eine direkte Verbindung zum Prozessleitsystem ermöglicht. Sämtliche Daten werden in Echtzeit übermittelt, sodass sehr schnelle Reaktionen möglich sind.
Das verzehrfertige Endprodukt
Ist die optimale Zelldichte erreicht, steht in einem nächsten Schritt die Differenzierung an. Dabei werden die Zellen angeregt, sich in die drei Hauptbestandteile von Fleisch, also Muskelzellen, Fettzellen und Bindegewebe zu differenzieren. Dies gelingt durch das Zuführen von beispielsweise Wachstumsfaktoren zur Förderung der Myogenese und die Adhäsion an Mikroträgern oder Gerüsten, um den Zellen eine Struktur zu geben.
Auch hier sollte die Überwachung der oben genannten Parameter oberste Prämisse haben, sodass die Zellen weiterwachsen und anwachsen können. Am Ende des Produktionszyklus steht schließlich das Endprodukt, das zum Verzehr geeignet ist. Auch Qualitäten wie der Nährstoffgehalt können nun analysiert werden, um das Endprodukt weiter zu optimieren.
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