Zitronensäure wird meist nicht aus Zitronen gemacht. Längst hat man dafür effizientere Verfahren gefunden. Spezielle Stämme eines Schimmelpilzes produzieren unter passenden Laborbedingungen die wertvolle Biochemikalie. In einem neueröffneten Christian-Doppler-Labor arbeitet die TU Wien nun mit dem Firmenpartner Jungbunzlauer daran, diese Prozesse effizienter zu machen.
Zitronensäure ist ein essenzieller Inhaltsstoff für die Lebensmittel- wie auch Kosmetikindustrie. Wenn man die Biochemie von Schimmelpilzen genau versteht, kann man die Pilzstämme anreichern, die Zitronensäure effizient und zuverlässig herstellen. Die TU Wien und Jungbunzlauer untersuchen nun die Biochemie und die Genetik dieser Pilzstämme genau. So wird sich die Zitronensäureproduktion verbessern lassen, und zwar ohne Genmanipulation, die kompliziertere Zulassungsverfahren und entsprechende Kennzeichnung nötig machen würde. Das neue Labor wurde am 5. November 2024 am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften offiziell eröffnet. Finanziert wird es vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) in Österreich und Unternehmenspartner Jungbunzlauer.
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Der Schimmelpilz aus der Badewanne
Der weltweite Bedarf an Zitronensäure liegt bei über 2 Mio t/a – Tendenz steigend. Schon seit rund hundert Jahren wird Zitronensäure großindustriell mit Hilfe des Schimmelpilzes Aspergillus niger hergestellt. Dabei handelt es sich um einen guten Bekannten aus dem Alltag: Man findet ihn in Badezimmern, auf verdorbenen Lebensmitteln, oder auch in Gießkannen, weshalb er auf Deutsch auch als „schwarzer Gießkannenschimmel“ bezeichnet wird.
Das heißt freilich nicht, dass man mit Schimmel aus der Badewanne Zitronensäure herstellen kann. „Nur ganz bestimmte Stämme dieses Pilzes kann man für die industrielle Produktion von Chemikalien nutzen“, erklärt Prof. Matthias Steiger, Leiter des neuen Christian Doppler Labors. „Wir wollen nun biochemisch genau verstehen, wie der Pilz Zucker in Zitronensäure umwandelt, und wie das von den Genen des Pilzes genau gesteuert wird.“
In den letzten Jahren gab es in diesem Bereich bereits große Fortschritte: Man hat bestimmte Gene identifiziert, die für den Stoffwechsel des Pilzes eine entscheidende Rolle spielen. Mit diesem Wissen kann man unter verschiedenen Pilz-Stämmen nun gezielt die erfolgversprechendsten auswählen.
“Wir freuen uns, diese wichtige Forschung unterstützen zu können“, erklärt Anne Wagner, Junbunzlauer’s VP Research, Development & Innovation. “Bei Jungbunzlauer ist die Nachhaltigkeit eines unserer Kernanliegen. Durch die Kollaboration mit der TU Wien und durch Unterstützung dieser innovativen Forschung zielen wir darauf ab, unsere Produktionsprozesse zu verbessern in einer Weise, die unserem Engagement für die Umweltverantwortung gerecht wird”.
Optimierung ohne gentechnische Veränderung
Durch technische Genmanipulation in das Genom des Pilzes einzugreifen ist nicht das Ziel des Projekts. Gerade im Lebensmittelbereich möchte man das vermeiden, man sucht nach naturnahen Möglichkeiten, hocheffiziente Pilze zu erhalten. „Wir sehen uns daher an, wie man den Pilz durch die passende Umgebung dazu bringen kann, sich von selbst so zu entwickeln, wie wir das wollen“, sagt Matthias Steiger. „Wenn wir den Zusammenhang zwischen dem Stoffwechsel des Pilzes und seiner Evolution genau verstehen, dann können wir im Labor für einen Evolutionsdruck sorgen, der immer bessere Pilz-Stämme hervorbringt.“
Begleitet wird das nicht nur von Genanalysen des Pilzes, sondern auch von neuen, präzisen Messmethoden, mit denen man die biochemischen Abläufe direkt während des Produktionsverfahrens genau überwachen kann. „Die Pilz-Stämme, die wir auf diese Weise im CD-Labor entwickeln, werden die Zitronensäureproduktion deutlich verbessern“, sagt Matthias Steiger.