Herr Bulig, inwiefern sehen Sie Hersteller und Verarbeiter von Lebens- und Futtermitteln beim Explosionsschutz vor besonders große Herausforderungen gestellt?
Hohe Ableitfähigkeit, sehr gute Fließfähigkeit, niedrige Viskosität – und jetzt mit FDA-Zulassung: RAMPF Advanced Polymers hat sein leistungsstarkes...
Torben Bulig: Bei der Verarbeitung oder Lagerung pulverförmiger Lebensmittel besteht ein erhebliches Risiko für ungeplante Produktionsausfälle und sogar Gefahr für Menschenleben. Vor allem in pneumatischen Förderanlagen, Mühlen, Staubfiltern oder Zyklonen entstehen immer wieder kritische Staub-Luft-Gemische. Überschüssiges Pulver wird aufgewirbelt oder rieselt in Becherelevatoren ab und reichert sich in der Luft an. Denn durch die Bewegung können die Staubanteile deutlich länger in der Luft verweilen als üblich. Kommen Sie mit Zündquellen wie zum Beispiel Flammen, Glimmnestern oder auch heißen Oberflächen in Berührung, kommt es zur Explosion. Auch mechanisch sowie elektrisch erzeugte Funken oder elektrostatische Aufladung können Auslöser sein. Zu viele Risikofaktoren, die sich nicht vollkommen vermeiden lassen.
Welche Lebens- und Futtermittel sind denn besonders explosionsgefährlich?
Bulig: Praktisch alle trockenen landwirtschaftlichen Massenprodukte, etwa Mehl aus Getreide, Hülsenfrüchten oder Kernen und Samen. Auch Stärke, Zucker sowie Süßstoffe oder Bindemittel gehören dazu. Sogar Materialien, die selbst nicht pulverförmig sind – wie zum Beispiel Futterpellets –, bilden durch das ständige Aneinanderreiben oft feine, brennbare Stäube. Dabei sind Staubexplosionen tückisch: Sie bringen einen extremen Druckanstieg mit sich und können so eine verheerende Zerstörungskraft entwickeln. Hier braucht es wirtschaftliche Schutzsysteme, die sie bereits im Keim effektiv ersticken oder ihre Auswirkungen auf ein Minimum reduzieren.
Und wie sorgt an dieser Stelle ein konstruktiver Explosionsschutz dafür, dass die Produktion dennoch sicher aufrechterhalten werden kann?
Bulig: Aktive, schnellwirkende Systeme zur Explosionsunterdrückung ersticken jede Staubexplosion im Keim, reduzieren ihr Ausmaß auf ein technisches Minimum und gewährleisten so die schnellste Wiederaufnahme des Regelbetriebs. Die Sensoren unseres modularen IPD-Systems etwa erkennen einen kritischen Druckanstieg – zum Beispiel im Kopf oder Fuß eines Becherelevators – unmittelbar und ermöglichen dem Unterdrückungssystem ein sofortiges Reagieren: Die Löschmitteleinheit bringt ohne Umweg ein hochwirksames, lebensmitteltaugliches Löschmittel ein und unterdrückt die anlaufende Explosion innerhalb von Sekundenbruchteilen – lange bevor ihr Druck seine volle Zerstörungskraft entfalten kann.
Das gleiche technische Funktionsprinzip wird zur Entkopplung von Explosionen eingesetzt. Durch das Einbringen von Löschmittel wird eine Sperre errichtet, die das Ausbreiten der Flammen in verbundene Anlagenbereiche stoppt. Effektiv sind auch aktive mechanische Systeme. Redex-Explosionsschutzschieber oder IVE-Quetschventile von Bormann & Neupert by BS&B stoppen die Ausbreitung in weitere Anlagenteile ebenso sicher.
Was gibt es für Betreiber von Anlagen noch für Möglichkeiten, gemäß den Vorgaben der relevanten gesetzlichen Betriebssicherheitsverordnung zu handeln?
Bulig: Explosionsdruckentlastungen bilden überall dort einen zuverlässigen Basisschutz, wo das Entweichen von brennenden Partikeln und Flammen akzeptiert werden kann. Sie bersten unmittelbar bei Erreichen des vorab definierten Ansprechdrucks. Dank ihrer schnellen Reaktion und dem schlagartigen Freigeben einer großen Entlastungsöffnung sind Anlagen vor der Druckeinwirkung geschützt und Beschädigungen werden größtenteils vermieden. Für Innenbereiche und Umgebungen, in denen keine ausreichend große Sicherheitszone zur Verfügung steht, sind unsere Flamefree-Druckentlastungen in den Varianten R-IQ und IQR die Alternative. Ein mehrlagiges Edelstahl-Filtergewebe hält Flammen und Partikel zurück, lässt aber die Druckwelle entweichen.
Noch einen weiteren Ansatz für vorbeugende Maßnahmen zum Brandschutz liefert die Funkenlöschanlage Sparkex. Sie erkennt Funken, heiße Partikel oder Glut und Flammen im Produktstrom, löscht diese zuverlässig und vermeidet so Zündquellen, die eventuell zu einer Explosion führen könnten.
Grundsätzlich gilt: Eine vollständige Vermeidung von potenziellen Zündquellen ist zwar prozessbedingt fast nie möglich. Konstruktiver Explosionsschutz aber verbindet hohe Sicherheit mit langfristiger Wirtschaftlichkeit und schafft so die Voraussetzung für ein sinnvolles Schutzniveau für Personen und Anlagen.
Suchwort: Bormann
Das Interview führte für Sie: Dr. Bernd Rademacher
Redakteur
„Um Staubexplosionen bereits im Keim effektiv zu ersticken oder ihre Auswirkungen auf eine Minimum zu reduzieren, braucht es wirtschaftliche Schutzsysteme.“