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Passivschichtmorphologie

Lexikon Pharmatechnologie
Passivschichtmorphologie

Darstellung des strukturellen Aufbaus einer Passivschicht.

Bei einer austenitischen Edelstahloberfläche z. B. können mittels der Elektronenspektroskopie zur chemischen Analyse (ESCA) aus dem Bandenspektrum die Anteile von atomar vorliegendem Cr und Fe wie auch von Cr- und Fe-Oxid ermittelt werden, wobei die Wirk- bzw. Eindringtiefe der ESCA-Analyse in die Oberfläche einige nm ausmacht und somit die Ergebnisse bei dünnen Schichten auch eine gewisse Unschärfe implizieren, da Messverfälschungen durch die Einflüsse der darunterliegenden Materialschichten nicht völlig vermieden werden können.

Aus diesen Messergebnissen werden entsprechende Cr / Fe-Verhältnisse bzw. auch Cr-Oxid/Fe-Oxid-Verhältnisse ermittelt und als typische Qualitätskennzeichen einer (intakten) Edelstahlpassivschicht verwendet. Beim Cr / Fe-Verhältnis werden alle Schichtbestandteile – also alle metallischen und oxidischen Stoffe – in die Rechnung einbezogen. Aus thermodynamischer Sicht ist Chrom bei Atmosphärebedingungen deutlich unedler (elektrochemische Spannungsreihe) als Fe und zeigt entsprechend höhere Affinitäten zu O als Fe. Cr-Oxid wird also rascher und leichter gebildet als Fe-Oxid, wobei daneben aber auch deutlich mehr Fe als Cr in der Legierung vorliegt (Verteilungsstatistik).

Aus einem repräsentativen ESCA-Bandendiagramm für 1.4404 (316L) ist über die Peakflächen der quantitative Anteil des jeweiligen Bestandteils wie folgt zu entnehmen:

mit x = Cr-Anteile, y = Fe-Anteile, a = Cr2O3-Anteile, b = Fe2O3-Anteile (hydroxidische Anteile von Cr und Fe bleiben hier außer Betracht), wobei x, y, a, b jeweils die Anzahl der Atome bzw. Moleküle sind.

Der Chrom-Peak ist sehr klein im Vergleich zum Cr2O3-Peak, woraus abzuleiten ist:

Der Fe-Oxid-Peak ist im Vergleich zum Fe-Peak etwa gleich, woraus abzuleiten ist, dass merkliche Mengen an nichtoxidiertem Fe in der Passivschicht vorliegen.

Aus den Gleichungen (1), (2) und (3) ergibt sich durch Substitution

was bedeutet, dass Fe-Atome in freier atomarer Form in etwa gleicher Menge vorliegen wie gebunden in Fe-Oxiden. Die Tiefe dieser Aussage betrifft in etwa die Passivschichtdicke von 8–10 Moleküllagen, wobei im oberen Schichtbereich

und im unteren Schichtbereich

vorliegt, zumal der Übergang von der Passivschicht zum Legierungsgefüge gemäß Auger-Diagramm (Auger-Analyse) offenbar fließend ist, wobei diese Annahme auch aus der Sicht der Festkörperphysik sehr wahrscheinlich ist.

Diese Aussage der ESCA- / XPS-Analyse gibt einen Hinweis auf latentes atomares Fe im Bereich der Passivschichtwirktiefe und erlaubt im Zusammenhang mit dem dynamischen Schichtgleichgewicht bzw. mit atomaren Platzwechselvorgängen (Diffusionsgrundlage [Diffusion]) auch Möglichkeiten der temporären Reinigung von freiem Fe (Chelatspülungen [Chelatzusatz]) wie auch Aussagen zu Rougingmechanismen (Rouging). Dabei werden offensichtlich latente freie Fe-Atome durch Änderungen der Umgebungsverhältnisse (Temperatur) aktiviert und verstärkt zu Fe-Oxid oxidiert, wodurch sich die Matrixverhältnisse (Matrix) der ursprünglich chromoxiddominierten Schichtverhältnisse zu durch Fe-Oxid bestimmten Verhältnissen invertieren lassen.

© 2013 – ECV – Lexikon der Pharmatechnologie

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