Siehe auch: Austenit, Gitterfehler, Kristall-aufbaufehler.
Besondere Art von Korngrenzen – nämlich Grenzflächen zwischen Kristallen in Zwillingsorientierung. Von einer Zwillingslage spricht man dann, wenn die Orientierung des einen Kristalls durch Spiegelung an einer Ebene (der sogenannten Zwillingsebene) in die Orientierung des anderen Kristalls überführt werden kann. Derartige Zwillinge können bei der Erstarrung aus der Schmelze, der (kaltplastischen) Verformung oder der thermischen Rekristallisation auftreten.
Fällt die Grenzfläche zwischen den Zwillingskristallen mit der Zwillingsebene zusammen, spricht man von einer kohärenten Zwillingsgrenze, wobei die Atome in der Grenzfläche genau auf Gitterplätzen (Kristallgitter) sitzen, die zu beiden benachbarten Kristallen gehören. Fällt die Grenzfläche nicht mit der Zwillingsebene zusammen, spricht man von einer semikohärenten oder inkohärenten Zwillingsgrenze.
Kohärente Zwillingsgrenzen zeigen meist gerade Formen und sind typisch für austenitische Edelstahllegierungen und deutlich energieärmer als inkohärente Zwillingsgrenzen.
Zwillingsbildungen sind in Kristallstrukturen bei austenitischen Edelstahllegierungen typisch und bei der mikroskopischen Analyse der Kristallstruktur ein sicheres Indiz für die Vorlage eines kubisch-flächenzentrierten austenitischen Gefüges – und meist ein Hinweis auf entsprechende plastische Verformungseinwirkungen auf die Gefügestruktur (Walkgefüge).
Die Zwillingsbildung erklärt auch die sehr günstigen kaltplastischen Verformungseigenschaften von austenitischem Edelstahlmaterial, da strukturelle Gleitvorgänge meist entlang Zwillingsgrenzen relativ energiearm erfolgen.
(Siehe auch: Abb. G 9, G 10 unter Gitterfehler.)
Abb. Z 3: Zwillingskristalle nach Bildreihentafel II, Korngröße Nr. 3 bei 100 x, typische Austeniterscheinung. (Quelle: G. Henkel)
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