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Kontinuierliche Direktverpressung von Tabletten

Hocheffizientes Anlagendesign ermöglicht positiven Business Case
Kontinuierliche Direktverpressung von Tabletten

Kontinuierliche Direktverpressung von Tabletten
Beispielhafter Aufbau einer Direktverpressungslinie mit Materialzufuhr und Dosierern (obere Etage), Mischsystem und Tablettenpresse (unten). Bild: Fette
Die kontinuierliche Fertigung ist bei vielen Produzenten trotz ihrer verfahrenstechnischen Vorteile noch nicht zur Realität geworden. Arzneimittelhersteller assoziieren mit der Umstellung von der Batch-Produktion zum Teil hohe Investitions- und Umstiegskosten. Mit einem fortschrittlichen Anlagendesign ist eine kontinuierliche Anlage jedoch hocheffizient und wirtschaftlich attraktiv – bei zugleich erhöhter Prozesssicherheit und Produktqualität.

Die kontinuierliche Fertigung bahnt sich zunehmend ihren Weg in die Pharmaproduktion. Ihre Vorteile gegenüber Batch-Produktionen sind weithin bekannt: erhöhte Prozesssicherheit und Effizienz durch integrierte Prozesse, eine schlankere Prozessentwicklung und eine flexiblere Produktion. Die im Vergleich zum Batch-Equipment oft verkleinerten Anlagen sparen wertvolle Reinraumfläche. Die Integration verschiedenster, zentral gesteuerter Prozessschritte erlaubt eine häufig schnellere Prozessentwicklung bei einem signifikant reduzierten Materialverbrauch. Zudem lässt sich bei kontinuierlicher Produktion die Größe der Chargen über die Laufzeit der Anlagen flexibel steuern.

Diese und weitere Argumente sprechen dafür, dass eine kontinuierliche Anlage für viele Produktionsstätten attraktiv ist. Trotzdem sind viele Anwender noch von einem solchen Szenario entfernt. Woran liegt das?

Vorbehalte von Tablettenherstellern

Neben der Validierung, die bei jeder Produktionsumstellung mit einem erhöhten Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist, lassen sich bei pharmazeutischen Herstellern spezielle Vorbehalte feststellen: Die oftmals noch große Grundfläche und Höhe kontinuierlicher Anlagen erfordern spezielle Einrichtungen. Das bedeutet entweder Umbauarbeiten an Bestandsgebäuden oder sogar Neubauten. Darüber hinaus sind solche Anlagen hochgradig kundenspezifisch, was zu langen Vorlaufzeiten für Konstruktion und Fertigung sowie tendenziell hohen Gerätepreisen führt. Je nach Anlagenkomplexität können außerdem längere Stillstandzeiten für Reinigung und Produktwechsel anfallen.

Da aus einer solchen Rechnung schnell ein negativer Business Case resultiert, kommt es häufig gar nicht erst zum nächsten Schritt. An dieser kritischen Stelle lautet die Frage: Welches Anlagendesign ist erforderlich, damit der Business Case signifikant ins Positive übergeht? Nachfolgend soll zunächst der Blick auf den regulatorischen Rahmen fallen, bevor mit dem Anlagendesign die Rolle des Maschinenherstellers in den Mittelpunkt rückt.

Rückenwind durch Regulatorik

Als eine besonders qualitätsgetriebene Technologie erfüllt die kontinuierliche Produktion beste regulatorische Voraussetzungen. Behörden wie die Food and Drug Administration (FDA) sind zunehmend darum bemüht, Hersteller bei der Umstellung zu unterstützen. Die FDA sieht in der kontinuierlichen Herstellung sogar ein entscheidendes Werkzeug zur Modernisierung der pharmazeutischen Industrie. Ein zentraler Grund dafür sind die Vorteile bei der Produktqualität und letztlich der Patientensicherheit infolge einer verbesserten Prozesskontrolle.

Die günstigen Rahmenbedingungen wirken auch nach der Zulassung im Marktumfeld weiter: So liegt ein klarer Wettbewerbsvorteil kontinuierlicher Anlagen in der schnelleren Markteinführung neuer Produkte, weil dieselbe Anlage flexibel für die Entwicklung und die Produktion genutzt werden kann. Auf diese Weise reduzieren sich zeitintensive Scale-up-Prozesse.

Das Verfahren der Direktverpressung

Im breiten Marktumfeld wird sich Continuous Manufacturing dennoch erst durchsetzen können, wenn den genannten Bedenken weniger komplexe, leichter zu adaptierende und daher wirtschaftlich hochattraktive Angebote gegenüberstehen. Das bedeutet schlankere Anlagendesigns und eine Vereinfachung der Prozesskette, soweit es die Formulierung erlaubt. Ein Lösungsansatz soll nachfolgend am Beispiel der Tablettierung vorgestellt werden: die Direktverpressung. Das Pulver wird dabei ohne zusätzliche Granulation direkt vom Dosier-Misch-Modul in die Tablettenpresse geleitet. Im Vergleich zur granulationsbasierten Produktion entfallen gleich mehrere kostenintensive Produktionsschritte, zum Beispiel die Walzenkompaktierung und Vermahlung, die bei der Trockengranulation erforderlich sind. In der Folge sinken der Platzbedarf und der Prozess sowie dessen Steuerungskomplexität wird insgesamt schlanker. Die geringere Hold-up-Masse in der Anlage ist hierbei ein wichtiger Faktor für eine verbesserte Prozesssteuerung und das schnellere Erreichen eines stabilen Produktionszustandes (Steady-State). Darüber hinaus erlaubt ein schlankes Analagendesign schnellere Produktwechsel und kürzere Reinigungszeiten.

Ein exemplarisches Anlagendesign, auf dem sich bereits zahlreiche Formulierungen umsetzen lassen, ist nebenan dargestellt. Die Materialzufuhr befindet sich unterhalb der Deckenöffnung in der oberen Etage. Unmittelbar darunter wird das Material dosiert, wobei bis zu sieben Loss-in-Weight(LIW)-Dosierer zum Einsatz kommen. Die nächste Station bildet das Mischsystem unterhalb der Plattform, das über einen auswechselbaren Mischer verfügt. Auch die Verarbeitung von Vormischungen ist möglich. Anschließend fließt das Material mit einer Durchsatzspanne von etwa 5 bis 300 kg/h in die Tablettenpresse. Zum Einsatz kommt die flexible Rundläufertablettenpresse FE55, mit der sich in verschiedenen Konfigurationen eine große Bandbreite unterschiedlicher Tablettentypen und Formate herstellen lässt. Diese Maschine verfügt zudem über drei anstelle von zwei Druckstationen, wodurch längere Druckhaltezeiten bei einem häufig niedrigeren Druck möglich werden. Das bewirkt eine schonendere Verarbeitung von Rohstoffen und erhöht zusätzlich die Flexibilität des Tablettierprozesses. Ein solcher Gesamtaufbau eignet sich auch optimal für ein Multiple-Unit-Pellet-System (MUPS), da sich Entmischungsvorgänge prozesstechnisch effektiv reduzieren lassen.

Den besten Business Case im Blick

Erste Pharmaproduzenten geben dem Verfahren der Direktverpressung seit Jahren den Vorzug vor komplexeren Produktionsmethoden, verbunden mit einem entsprechenden Fokus auf die Rohstoffe. Hierbei hat sich bereits mehrfach ein positiver Business Case bestätigt, der unter anderem Faktoren wie das eingesetzte Personal und die Anzahl der Reinigungszyklen berücksichtigt. Zur Bewertung des Potenzials der Direktverpressung für die eigene Produktion sind technische Machbarkeitsstudien ein entscheidendes Element. Hierbei arbeiten Anwender und Prozessexperten aus dem Maschinenbau zusammen, um die materialspezifischen Prozessbedingungen zu untersuchen und ein Gesamtbild zur Attraktivität des kontinuierlichen Produktionsregimes zu schaffen.

Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass der Reifegrad technologischer Lösungen für die kontinuierliche Arzneimittelproduktion deutlich zugenommen hat. Wie das Beispiel der Direktverpressungslinie zeigt, existieren wirtschaftlich attraktive Anlagendesigns. Darüber hinaus stehen innovative Anlagenkonzepte vor der Markteinführung, die ein hohes Potenzial zur weiteren Komplexitätsreduzierung versprechen. Anwender können also mit neuen Technologiesprüngen beim Continuous Manufacturing rechnen. Vor diesem Hintergrund lautet die Empfehlung an interessierte Unternehmen, ihre spezifischen Potenziale zeitnah zu bewerten.

Fette Compacting GmbH, Schwarzenbek

Vergleich der Arbeitsschritte der drei gängigsten Tablettenherstellungsverfahren: Direktverpressung, Trockengranulation und Nassgranulation
Bild: Fette

Autor: Dr. Marten Klukkert

Manager Technology Center und Pharmacist,

Fette Compacting

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