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Sicherer Nachweis

Elektronische Anlagendokumentation in Kombination mit Transmittal-Management senkt die Haftungsrisiken
Sicherer Nachweis

Bei der Planung und Realisierung von industriellen Großanlagen fehlt es an Standards für die Kommunikation und den Datenaustausch zwischen einer Vielzahl von Gewerken und Lieferanten. Durch inkompatible EDV-Lösungen, komplexe Prozesse und fehlende Rechtssicherheit bei der Abstimmung entstehen erhebliche Mehrkosten. Die elektronische Anlagendokumentation mithilfe des Transmittal-Managements minimiert diese Risiken.

Martin Ortgies

Ein typischer Fall: Eine komplexe Anlage ist seit Jahren im Betrieb. Gegenüber der ursprünglichen Anlage kommt es aufgrund von Modernisierungen, durch Austausch nicht mehr verfügbarer Komponenten und aufgrund von Reparaturen zu zahlreichen Änderungen. Für viele der geänderten Komponenten müssen neue behördliche Genehmigungen eingeholt werden. Trotzdem werden bei einer Routineüberprüfung ungenehmigte Abweichungen festgestellt und die Zulassung der gesamten Anlage ist in Gefahr. Jetzt muss gerichtsverwertbar nachgewiesen werden, dass die Änderungen tatsächlich an die Behörde übermittelt wurden und dass es dafür einen Nachweis gibt.
Das U.S. Department of Commerce Technology Administration (DoC) hatte in einer in 2004 veröffentlichten Studie Kosten in Höhe von 15,8 Mrd. Dollar ermittelt, die durch fehlende Interoperabilität bei der Planung und dem Betrieb von Anlagen entstehen („Cost Analysis of Inadequate Interoperability in the U.S. Capital Facilities Industry“). Die Kosten werden demnach verursacht in den Bereichen Design, Engineering, Anlagenmanagement, Softwaresysteme und ineffiziente papierbasierte Dokumentationen über alle Phasen des Anlagenlebenszyklus – zwei Drittel der Kosten entstehen allein während des laufenden Betriebs und der Anlageninstandhaltung.
„Eine Vielzahl an Dokumentationen wie die Engineering-Dokumentation, Vertrags-Dokumentation oder die Genehmigungs-Dokumentation mit Tausenden von Einzel-Dokumenten müssen über 30 Jahre und mehr verfügbar und aktuell gehalten werden. Viele Änderungen machen es schwer, hier einen Überblick zu behalten“, berichtet Dr. Renate Mayer, Principal Consultant bei fme, einem Spezialisten für industrielle Dokumentationsprozesse, „denn bis zur Übergabe der Anlage an den Betreiber unterliegen die Dokumente bereits vielfachen Änderungsprozessen und auch beim Betrieb der Anlage werden laufend Korrekturen, Erweiterungen und Modernisierungen vorgenommen.“ Der Prozess ist bestimmt von Medienbrüchen, EDV-Insellösungen und dem jeweils fehlenden Blick für die anderen parallelen Prozesse“, so Dr. Mayer. Erfahrungsgemäß entstehen für die gesamten Dokumentationsleistungen Kosten von bis zu 10 % des Anlagenneuwerts.
Elektronische Dokumentation
In den Projektbüros oder Document Centern der Anlagenbauer und -betreiber wird ein beträchtlicher Aufwand allein dafür verwendet, ausgehende Planungsunterlagen zu kopieren und zu versenden, eingehende Unterlagen zu sichten und zu archivieren und den Gesamtprozess zu verfolgen.
Der Dokumentenaustausch mit Papier über konventionellen Postversand, dessen Dokumentation und Archivierung sind sehr zeit- und personalintensiv und damit sehr teuer. Das Ziel des Dokumentationsmanagements sind deshalb möglichst rein elektronische Prozesse. Sie sind schneller, effizienter, weniger fehleranfällig und verursachen geringere Kosten. Durch lückenlose elektronische Nachweise reduzieren sich auch die Haftungs- und Schadenersatzrisiken.
Um einen Überblick über diese laufenden Änderungsprozesse zu behalten und jederzeit die Versionshistorie der Dokumentation industrieller Großanlagen nachvollziehen zu können, haben sich Dokumenten-Management-Systeme (DMS) etabliert. Dem Transmittal-Management kommt hier eine besondere Bedeutung zu, weil es dazu beiträgt, die hohen finanziellen Risiken für das Konfigurations- und Änderungsmanagement, sowie für haftungs- und gewährleistungsrechtliche Aspekte zu reduzieren. Ein Transmittal ist ein (elektronisches) Paket. Es enthält eine Anzahl spezifischer Dokumente und ein Anschreiben mit Inhaltsverzeichnis. Die Idee ist, nicht mehr direkt zu senden, sondern Dokumente auf einer Plattform zur Verfügung zu stellen und die Empfänger über neue Dokumente zu informieren. Damit verkehrt sich die reine Bringschuld in eine Holpflicht. Die Lieferanten und Partner wählen sich ein, laden die relevanten Dokumente herunter und stellen neue Versionen ein. Diese Aktivitäten werden protokolliert, zusätzlich muss der Empfang quittiert werden.
Fme schätzt den Kostenvorteil durch ein funktionierendes Transmittal-Managements auf 10 % der Dokumentationskosten, womit die gesamten Anlagenkosten um ein bis zwei Prozent gesenkt werden können.
Klares Ziel vor Augen
Bei der Einführung einer elektronischen Anlagendokumentation empfiehlt sich zu Beginn die Durchführung eines Workshops, um den aktuellen Status anhand eines Reifegrad-Modells zu bestimmen und den daraus resultierenden Handlungsbedarf zu ermitteln.
In einem 5-stufigen Reifegrad-Modell stellen der rein elektronische Austausch und dessen Dokumentation die höchste Stufe dar. Der zunehmende Reifegrad von der Stufe 1 (Austausch von Papier) bis zur höchsten Stufe wird durch vier Faktoren bestimmt: Dem Wandel vom Papier zum elektronischen Austausch; dem Wandel vom papiergestützten zum elektronischen Nachweis; dem Wandel von der Bringschuld zur Holpflicht und die zunehmende Automatisierung des Prozesses.
Am Anfang stehen die Analyse und eine Zieldefinition. In Form eines Reifegradabgleichs wird ermittelt, wo das Unternehmen aktuell steht und in welchem Zeitraum das Ziellevel erreicht werden soll („wir sind auf Level 2 und wollen in 3 Jahren Level 4 erreichen“). Aus diesem Schritt ergeben sich der Handlungsbedarf und ein Maßnahmenplan, um das Ziellevel zu erreichen. Orientiert am Reifegrad-Modell ergibt sich der größte Nutzen im Level 5, wenn der Empfänger direkt auf relevante Dokumente im PDMS (Portal-Dokumenten-Management-System) zugreifen kann; wo Dokumente aus-/eingecheckt werden und die Zugriffs-/Empfangsbestätigung automatisch beim Check-out/in erfolgt.
Mit der Einführung einer Transmittal-Management-Lösung können fünf grundlegende Vorteile erreicht werden:
  • Schnellere Engineering-Prozesse – die Abläufe werden effizienter, weil in der Zusammenarbeit die richtigen Dokumente schneller erstellt und bereitgestellt werden können.
  • Einheitliche Content-Infrastruktur – der TCO (Total Cost of Ownership) verringert sich, weil auch die anderen Abteilungen des Unternehmens die gleiche Content-Infrastruktur nutzen.
  • Bessere Kontrolle – es wird sichergestellt, dass jeweils die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt mit der korrekten Version von Dokumenten arbeitet.
  • Sichere Zusammenarbeit – höchste Sicherheit durch Verschlüsselung und andere erweiterte Sicherheitsfunktionen, um kritische Dokumente zu schützen.
  • Größere Compliance – es wird sichergestellt, dass bei der Aufbewahrung und Entsorgung von Dokumenten rechtliche Auflagen und Branchenvorschriften eingehalten werden.
Am Markt sind inzwischen ausgereifte Transmittal-Management-Lösungen verfügbar, wie die Produktfamilie „Enterprise Engineer“ von McLaren Software auf Basis von EMC Documentum. Eine besondere Variante ist das Management der Dokumentation von verfahrenstechnischen Anlagen mit SAP, da viele Anlagenbetreiber die Aufgaben der Instandhaltung über SAP steuern.
Dabei haben die Wartungsmitarbeiter über die Materialwirtschaft Zugriff auf die jeweils aktuelle Teileliste. Zusätzlich werden weitere Dokumente mit den SAP-Objekten verknüpft, wie Reparaturanleitungen oder Checklisten für spezifische Wartungsabläufe. Realisiert wird dies mithilfe der EMC-Lösung „SAP Plant Maintenance (PM)“. So erhält der Nutzer über das sichere EMC Documentum Repository direkt aus SAP heraus Zugriff auf SAP-PM-Dokumente.
Online-Info www.cav.de/1110464
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