Gäbe es Licht 5000 Meter unter der Oberfläche des Pazifiks, würde der Clarion-Clipperton-Gürtel zwischen Hawaii und der Westküste Mexikos aussehen wie eine alte Dorfstraße mit Kopfsteinpflaster. Diese submarine Holperpiste wird jedoch nicht durch bucklige Granitblöcke geformt, sondern durch besonders wertvolle Rohstoffe: In Jahrmillionen sind auf dem weichen Sediment kartoffelgroße Manganknollen herangewachsen, die verschiedene Metalle wie Mangan, Eisen, Nickel, Kupfer und Kobalt enthalten.
Vom Vorkommen solcher Knollen tief unter dem Meeresspiegel wissen Geologen und Meeresforscher schon seit Jahrzehnten. In den 1970er-Jahren hatten die großen Bergbaukonzerne bereits ihre Hand nach diesen Bodenschätzen ausgestreckt: Das damals größte deutsche Bergbauunternehmen Preussag erprobte 1978 eine in Kooperation mit Konzernen aus den USA, Japan und Kanada entwickelte Maschine für die Ernte von Manganknollen vom Grund des Pazifiks. Die Knollen wurden von einer Raupe am Grund des Meeres aus eingesammelt und über gigantische Pumpen nach oben befördert. Doch ein Einbruch der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt setzte dieser Entwicklung bald darauf ein jähes Ende. An Land gab es Lagerstätten für Rohstoffe, die billiger zu erschließen und auszubeuten waren.
Heute sind die Rohstoffpreise wieder nach oben geschnellt und dürften – trotz eines durch die Wirtschaftskrise bedingten Einbruchs – langfristig so hoch bleiben, dass sich ein Abbau von Manganknollen lohnen könnte. Etwa eine Billion Tonnen Manganknollen liegen auf dem Grund der Ozeane, schätzen Experten – etwa das Hundertfache dessen, was an Land vermutet wird. Das Heben dieses gewaltigen Schatzes voranzutreiben, ist ein Ziel, das sich auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) gesetzt hat: Im Frühjahr 2009 hat die Bundesanstalt die erste Konzeptstudie für einen modernen Kollektor ausgeschrieben.
Seit Mitte der 1990er-Jahre wacht die zu den Vereinten Nationen gehörende International Seabed-Authority (ISA) in Kingston auf Jamaika über die Nutzung des Meeresbodens. Nach dem internationalen Seerechtsübereinkommen ist der Tiefseeboden ein „gemeinsames Erbe der Menschheit“. Wer Bodenschätze vom Meeresgrund ernten möchte, muss daher bei der ISA eine entsprechende Lizenz erwerben. So hat die BGR für Deutschland im Clarion-Clipper-Gürtel auf 75.000 Quadratkilometern Abbaurechte gesichert – eine Fläche so groß wie Bayern.
Nicht nur die Manganknollen im Pazifik stehen im Interesse von Meeresforschern und den Konzernen, die mit Rohstoffen handeln, sondern auch sogenannter Erzschlamm. Er entsteht, wenn durch Klüfte und Risse im Meeresgrund Meerwasser zwei bis drei Kilometer in die Erdkruste dringt, sich in Magmakammern aufheizt und wieder nach oben ins Meer zurückströmt. Auf dieser Reise reißt das Wasser Mineralien mit sich, die sich an den heißen Quellen ablagern: Erzhügel und Seen aus Erzschlamm bilden sich, die viele metallische Rohstoffe enthalten.
Auch hier gibt es bereits erste Techniken für den Abbau dieser wertvollen Schlämme. „Zum Einsatz wird ein Bohrer kommen, der die Erz- und Gesteinsklumpen zu einer semi-liquiden Suppe zermalmt. Die lässt sich dann zum Schiff pumpen“, erklärt der Ozeanograph Johannes Post. Der Bohrer sitzt dabei auf einem Roboter, der auf Stelzen über den zerklüfteten Meeresboden marschiert und die Erze gezielt aberntet und zerhackt. Posts Prognose: Bereits in einem Jahr könnte das kanadisch-australische Meeresbergbauunternehmen Nautilus Minerals mit dem Abbau beginnen. Bis die Schatzkammer unter der Meeresoberfläche geöffnet wird, ist es also nur noch eine Frage der Zeit. Ulrich Dewald
Internet
Homepage der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: www.bgr.bund.de
International Seabed Authority: www.isa.org.jm
Homepage des IFM Geomar (Uni Kiel): www.ifm-geomar.de
LESEN
„Technologien treiben den Bedarf nach Hightech-Rohstoffen“;
Studie von ISI und IZT: www.izt.de/izt-im-ueberblick/presse/ pressemitteilungen/article/102/51/
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