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Dezentrales Großprojekt

Ex-geschütztes I/O-System bildet Rückgrat der weltweit größten Formaldehydanlage
Dezentrales Großprojekt

Die BASF in Ludwigshafen betreibt eine Anlage zur Herstellung von Formaldehyd mit einer Kapazität von 180 000 Jahrestonnen. Für die Automatisierung entschied sich die BASF für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 und für das Remote I/O-System I.S.1, das für die Erfassung und Ausgabe von Feldsignalen in explosionsgefährdeten Bereichen der Zone 1 und 2 eingesetzt wird.

Formaldehyd, eine der wichtigsten Schlüsselchemikalien der chemischen Industrie, steht ganz am Anfang verschiedener Wertschöpfungsketten. Es ist ein vielseitig einsetzbarer Baustein, aus dem sich so unterschiedliche Produkte wie Lösemittel, Harze und Kunststoffe herstellen lassen. Die BASF ist europaweit Marktführer bei der Produktion von Formaldehyd und stellte 1999 in den bereits bestehenden Anlagen am Standort Ludwigshafen über 400 000 t her. Angesichts des wachsenden Bedarfs entschied sich die BASF, ihre Produktion zu erweitern und zu modernisieren. Der neue Anlagenkomplex für Formaldehyd in Ludwigshafen besteht aus vier Produktionsstraßen sowie einem Tanklager. Zwei bereits vor der Erweiterung bestehende Straßen sowie das Tanklager wurden im Zuge der Modernisierung mit neuester Technik ausgerüstet, eine weitere Straße wurde völlig neu gebaut. Bei der Erweiterung der Formaldehydproduktion in Ludwigshafen sah sich das Projektteam bei der BASF vor die Aufgabe gestellt, eine neue Anlage in einen bestehenden Produktionsbetrieb zu integrieren. Die Automatisierung der bestehenden Anlagenteile sollte im gleichen Zeitraum modernisiert und zusammen mit der Automatisierung der Neuanlage in den unternehmensweiten Informationsfluss integriert werden.

Eine anspruchsvolle Aufgabe
Schon zu Beginn der Planungsphase formulierte die BASF hohe Anforderungen an das neu einzusetzende Prozessleitsystem. So sollten sowohl die bestehenden Produktionsstraßen, die mit sehr unterschiedlicher Instrumentierung ausgerüstet waren, als auch die Neuanlage mit neuester Technik ausgestattet und andererseits die vorhandene Messtechnik weitestgehend weitergenutzt werden. Der unterschiedliche Stand der vorhandenen Technik erforderte ein sorgfältig auf die Anlagengegebenheiten hin abgewogenes Konzept. Daher wurde entschieden, in der Neuanlage das eigensichere Remote I/O-System I.S.1 von Stahl zur Anbindung der Feldebene einzusetzen. Die Feldgeräte konnten so durch die Installation der E/A-Peripherie vor Ort über kurze Leitungswege angeschlossen werden. Zudem war für diese Signale kein weiterer Platzbedarf im Schaltraum erforderlich, da so dort nicht noch weitere Rangierverteiler und Trennstufen eingesetzt werden mussten.
Dezentrales Peripheriesystem
Die insgesamt 25 Remote I/O-Feldstationen wurden gemeinsam von der BASF und Siemens konzipiert und an die Bedürfnisse der Formaldehydanlage angepasst. Dabei standen nicht zuletzt ein einheitlicher Aufbau und genügend Reserven für spätere Erweiterungen im Mittelpunkt. Darüber hinaus mussten die Anforderungen einer Freiluftanlage und die Bestimmungen für die Installation der Remote I/O-Systeme in explosionsgefährdeten Bereichen der Zone 1 und 2 mit berücksichtigt werden.
Das problemlose Einbinden des Remote I/O-Systems I.S. 1 in das Prozessleitsystem war in dieser Anlage entscheidend. Dies wurde durch die Entwicklung von Treiberbausteinen, die den vollen Funktionsumfang der E/A-Ebene unterstützen, gewährleistet. So werden alle vorliegenden Fehlermeldungen wie z. B. Drahtbruch oder Kurzschluss in einem Stromkreis sofort im Leitsystem angezeigt. Bei der gesamten Neuanlage sowie teilweise bei vorhandenen Teilanlagen wurde das System I.S.1 verwendet, über das folgendes Mengengerüst übertragen wird:
• 376 analoge Eingänge
• 248 Pt 100-Eingänge
• 64 T/C-Eingänge
• 416 binäre Eingänge
• 184 analoge Ausgänge
• 176 binäre Ausgänge
Die Detailprojektierung der Feldstationen erfolgte in einem gemeinsamen Projekt. Im Schaltschrankbau bei Stahl wurden die Stationen werkseitig aufgebaut, montiert und geprüft. Im Anschluss daran fand eine Gesamtabnahme des Systems I.S.1 in Verbindung mit dem Prozessleitsystem zusammen mit der BASF bei Siemens statt.
Die im explosionsgefährdeten Bereich installierten Gehäuse sind in Normalstahl bzw. Edelstahl ausgeführt. Sie enthalten zur elektrischen Verbindung der E/A-Module mit dem CPU & Power-Modul zwei Reihen von Busrails, die durch ein Kabel verbunden sind. Die mechanische Ausführung konnte für alle Systeme identisch gehalten werden. Jeder Schrank bietet insgesamt elf Steckplätze für E/A-Module, die entsprechend den Anforderungen der Anlage bestückt werden konnten. Über die in der Mitte liegenden Kabelkanäle können die Feldkabel problemlos an die Module geführt werden. Der Anschluss der Feldsignale erfolgte dadurch bei der Montage auch einfach und bequem an den Klemmleisten, vergleichbar mit der Anschlusstechnik der üblichen Feldverteiler. Zur Erhöhung der Verfügbarkeit wurde die Spannungsversorgung der Systeme redundant ausgeführt. Die Hilfsenergie ist über Dioden entkoppelt auf die CPM und Power Module geführt.
Anbindung über Profibus-DP
Die Kommunikation zum Automatisierungssystem erfolgt bei I.S.1 über den leistungsfähigen Profibus-DP. Dass die Projektierung dieses I/O-Systems im Engineeringsystem in einheitlicher, grafischer Form erfolgt und kein zusätzlicher Engineeringbus zur Inbetriebnahme notwendig ist, zeigt die Vorteile des eingesetzten Prozessleitsystems. Diese vollständige Integration wurde bei dem System I.S.1 dadurch ermöglicht, dass die Profibus-Slaves konform der Profibus-Norm ausgeführt sind und die Konfigurations- und Parameterdaten komplett durch das Prozessleitsystem, dem Profibus-Master, verwaltet werden. Für die Parametrierung der Feldstationen ist zudem vorteilhaft, dass sich die Systeme für Zone 1 und 2 vollkommen kompatibel verhalten. Die eigensicheren Segmente für I.S.1-Feldstationen in der Zone 1 sind nur physikalisch durch einen Feldbus-Trennübertrager von den Standardsegmenten getrennt. Das Verhalten der Slaves ist identisch.
Umbau in mehreren Schritten
Der eigentliche Um- und Neubau der Anlage erfolgte in mehreren Teilschritten. Zuerst wurden die zentralen Teilanlagen wie z. B. das Tanklager modernisiert, danach die Neuanlage realisiert und dabei die teilanlagenbezogenen Automatisierungssysteme zusammen mit der zentralen und dezentralen I/O-Peripherie Schritt für Schritt in Betrieb genommen. Durch die einfache Installation der I.S.1-Stationen und die ebenso problemlose Verkabelung der Feldgeräte konnte der Umbau schnell durchgeführt werden. Da alle Parameter vom Profibus-Master automatisch nachgeladen werden, sind vor Ort keine weiteren Einstellarbeiten wie die Einstellung von Funktionen und Moduladressen mit DIP- oder Drehcodierschaltern erforderlich. Auch der Umbau von drei bereits installierten Feldstationen in die Ausführung für Zone 1 konnte innerhalb kürzester Zeit erfolgen. Lediglich das CPM und Power Modul musste ausgetauscht werden, da alle E/A-Module bereits für den Einsatz in Zone 1 geeignet sind. Die Verkabelung der Feldsignale war somit nicht von den Änderungen betroffen. Mit dem anschließenden Austausch des Modultyps in der Slave-Konfiguration war die Umrüstung vollständig durchgeführt.
Inbetriebnahme desGesamtsystems
Durch die Modularität des Prozessleitsystems konnte jeder Produktionsstraße ein eigenes Automatisierungssystem zugeordnet werden. Die Kommunikation der einzelnen Systeme untereinander über den Industrial Ethernet-Bus bzw. Profibus-DP bei dezentraler Peripherie reduzierte den Verkabelungsaufwand bei der Montage und Inbetriebnahme und trug so zu einer raschen Umbauphase bei. Dank der Offenheit des Systems PCS 7 konnten die vorhandenen Strukturen einfach integriert werden. Ende 2000 erfolgte dann der letzte Check, bevor die gesamte Formaldehydanlage in Betrieb ging. Durch diese Umrüstung und Erweiterung der Formaldehydproduktion steht der BASF eine hochmoderne Anlage zur Verfügung. Durch die Vereinheitlichung des Bedien- und Wartungskonzeptes in der gesamten Formaldehydproduktion wird auch das Handling der Anlage erheblich erleichtert. Bereits vor der Inbetriebnahme wurden in diesem Zusammenhang Schulungen durchgeführt, in denen sich das Betriebspersonal mit dem neuen System vertraut machte. Dabei fand ein reger Austausch von Ideen statt und zahlreiche Anregungen des Betriebspersonals flossen dadurch in das Konzept mit ein. Am Ende des Projekts konnten alle Beteiligten eine positive Bilanz ziehen. Die gesamte Abwicklung wurde, von der Detailplanung bis hin zur Montage und Inbetriebnahme, aus einer Hand durchgeführt.
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