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Doppelt sensibel

Ex-geschützte elektrische Ausrüstung in Reinräumen
Doppelt sensibel

Allein die einschlägigen Reinraum-Richtlinien stellen anspruchsvolle Anforderungen an Komponenten und Systeme für den Einsatz in extrem partikelarmen Atmosphären. Sind in einer Anlage brennbare Substanzen im Spiel, und seien es nur Lösemittel für Reinigungszwecke, so müssen zusätzlich Explosionsschutz-Vorschriften erfüllt werden. Das Spektrum typischer Betriebsmittel in derart doppelt sensiblen Bereichen reicht von Leuchten und Sicherheitsschaltern über Befehlsstellen mit Steuertafeln bis hin zu HMI-Systemen.

Dr.-Ing. Thorsten Arnhold

Anhand einer vor kurzem in Betrieb genommenen Anlage eines großen Pharmaherstellers werden im Folgenden die Explosionsschutzmaßnahmen in Reinräumen erläutert. Innerhalb von drei Jahren wurde die Anlage geplant und in einem bereits bestehenden Gebäude über mehrere Etagen errichtet. Im obersten Geschoss liegen die sogenannten Reaktorräume, die trotz ihres Namens allerdings nur zu den Reaktorköpfen Zugang bieten. Der größte Teil der Reaktoren erstreckt sich senkrecht durch die darunterliegenden Etagen. Wegen der überwiegend geschlossenen Prozesse liegen in den Reaktorräumen keine besonderen Anforderungen an die maximal zulässige Partikelkonzentration in der Raumluft vor, dafür aber für die Reinigung des Raumes und der Ausrüstung. Eine Etage tiefer befindet sich der Mischungsraum, wo die sogenannte Vordetaillierung der Substanzen erfolgt, d.h. es werden pastöse Substanzen durch Mischung verschiedener Ausgangsstoffe unter Verwendung von Lösemitteln hergestellt. Da hier ein überwiegend offenes Handling der Ausgangsstoffe stattfindet, werden strengere Anforderungen an die Prozessreinheit gestellt: Eine maximale Verunreinigung von 100.000 Partikeln pro Kubikfuß darf nicht überschritten werden. Im Erdgeschoss befindet sich der untere Teil des Reaktors. Hier erfolgt die Entnahme und Weiterbehandlung der Reaktionsprodukte mit Zentrifugen und verschiedenen Trocknungseinrichtungen. Im Kellergeschoss sind verschiedene Kessel angeordnet, die zum einen zur Sammlung des Abwassers dienen und zum anderen Sicherheitsfunktionen erfüllen. Bei einer Notabschaltung der Anlage wird die gesamte Reaktorflüssigkeit in einem Kessel aufgefangen.
Ex-Zonen auf vier Stockwerken
In den beschriebenen Räumen sind unterschiedliche Reinheitsanforderungen gegeben, die einerseits durch den Prozess, andererseits durch die Anwesenheit hoch reaktiver Stoffe bedingt sind. Da für die regelmäßige Reinigung aller Räume brennbare Lösungsmittel verwendet werden, müssen Maßnahmen zum Explosionsschutz durchweg getroffen werden. Die Kombination höchster Anforderungen an Luftreinheit und Ex-Schutz gilt für den Mischungsraum. Hier sind deshalb sämtliche Wände in Edelstahl ausgeführt und so gestaltet, dass sie sich leicht gründlich reinigen lassen und sich daher keine Staubablagerungen bilden können. Der Fußboden wurde mehrfach geschliffen und lackiert. Zur Beleuchtung dienen explosionsgeschützte Edelstahl-Deckeneinbauleuchten der Gerätekategorie 2, die aufgrund der besonderen Arbeitsanforderungen eine besonders hohe Beleuchtungsstärke aufweisen müssen. Sowohl der Mischungs- als auch der Reaktorraum im obersten Stockwerk sind nur über Schleusen zugänglich, in denen ebenfalls die erwähnten Deckeneinbauleuchten installiert sind. Im Kellergeschoss dagegen liegen zwar keine besonderen Reinraumanforderungen vor, die Möglichkeit einer Freisetzung explosionsfähiger Stoffe in die Atmos-phäre besteht jedoch durchaus. Auch hier kann also auf explosionsgeschützte ausgelegte Ausrüstung nicht verzichtet werden. Benötigt werden Langfeldleuchten (Zone 2), Sicherheitsschalter sowie kompakte Operator Interfaces (Zone 1).
HMI-Technik für validierte Anlagen
Rückgrat der Automatisierungslösung für die Produktion sind zum einen Remote-PCs, zum anderen ein für die Zone 1 geeignetes Feldbussystem (Profibus PA), das die kommunikationsfähigen Sensoren und Aktoren vernetzt. Über die Remote-PCs werden die Prozesse im jeweiligen Aufstellraum direkt gesteuert. Um auch in komplexen Anlagen eine übersichtliche Visualisierung zu gewährleisten, bietet R. Stahl HMI Systems für solche Anwendungsfälle Ex-geschützte PC-Systeme bis zu einer Bildschirmdiagonale von 19” an. Zur Bedien- und Beobachtungstechnik zählen außerdem die eben schon erwähnten Operator Interfaces. Mit explosionsgeschützten und gegebenenfalls reinraumgerecht ausgeführten Geräten hat eine HMI-Lösung speziell in Biotech- und Pharmaanwendungen allerdings oft längst noch nicht alle Vorbedingungen erfüllt. Für die vielen validierungspflichtigen Produktionsanlagen in diesen Branchen ist darüber hinaus entscheidend, dass gängige Richtlinien und Vorschriften zum Zugangsschutz und zur lückenlosen, rückverfolgbaren und manipulationssicheren Dokumentation sämtlicher Bedienvorgänge unterstützt werden. Mit den kompakten HMI-Systemen der Eagle-Baureihe beispielsweise lassen sich alle Vorgaben einschlägiger Richtlinien wie der FDA 21 CFR Part 11 (“Electronic Records; Electronic Signatures”), des Annex 11 (“Computerized Systems”), der EG/EU-Guidelines für pharmazeutische Produkte und ähnlicher Bestimmungen erfüllen. Solche Bediensysteme können parallel zur Schnittstelle zum Automatisierungssystem direkt über Ethernet oder via SPS mit einer OPC-Workstation im Netz kommunizieren, wo über einen eigens entwickelten OPCom-FDA-Server beispielsweise Zugriffe autorisiert oder fallweise elektronische Nutzersignaturen authentifiziert und protokolliert werden können.
Resümee
Sowohl die Reinraumtechnik wie auch der Explosionsschutz bei Komponenten und Systemen setzen beim Hersteller spezialisiertes Know-how voraus. Technische und organisatorische Anforderungen an die geeignete Ausrüstung unterscheiden sich markant. Die Reinraumtechnik hat sowohl die Produktqualität wie die Sicherheit des Bedienpersonals im Blick. Der Explosionsschutz soll Personen und Anlagen vor der Eskalation unkontrolliert ablaufender Prozessreaktionen bewahren. Für Anlagenbauer und -betreiber empfiehlt es sich, einen sachkundigen Hersteller geeigneter Automatisierungstechnik frühzeitig in die Planung einzubeziehen – Aufwand und Kosten für die entsprechende Ausrüstung lassen sich so am besten im Griff behalten.
cav 407

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