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Gemäß API-Standard 682

Qualifizierung von Gleitringdichtungen
Gemäß API-Standard 682

Das American Petrol Institute (API) erstellt Standards und Richtlinien für Anlagen, Maschinen und Maschinenelemente für Raffinerien und petrochemische Anlagen. Der API Standard 682 spezifiziert die Gleitringdichtung und das dazugehörige Sperrdrucksystem. Ein wichtiger Teil dieses Standards ist der Qualifizierungstest der spezifizierten Gleitringdichtungen.

Günter Klier

Mit der API 682 wurde im Oktober 1994 der erste „Stand alone”-Standard für Gleitringdichtungen und Sperrdrucksysteme festgelegt, der sich in Verbindung mit der Pumpenspezifikation API 610 8th Ausgabe für neue Maschinen oder als eigenständiger Standard für existierende Maschinen anwenden läßt. Die Philosophie der API 682 ist, dem Betreiber folgende Rahmenbedingungen zu garantieren:
• mindestens drei Jahre kontinuierlicher Betrieb,
• Erfüllung von Leckagerichtlinien,
• hoher Standardisierungsgrad der eingesetzten Gleitringdichtungen,
• nachgewiesene und getestete Dichtungstechnologien.
Um diese Rahmenbedingungen zu erreichen, werden die Dichtungskonstruktionen (Typ und Anordnungen), Gleit- und Bauwerkstoffe, Versorgungssysteme, Meßtechnik, Versandvorbereitungen, Qualifikations- und Abnahmetests sowie Dokumentation spezifiziert.
Um den Qualifizierungsnachweis der Burgmann-API-Dichtung zu erbringen, hat das Unternehmen ein umfangreiches Testprogramm erarbeitet und rund eine halbe Million Mark in den API-Prüfstand (Abb. 1) investiert.
Sinn des Qualifizierungstests
In der API 682 wird das erste Mal in einer offiziellen anerkannten Spezifikation ein Qualifikationstest bzw. Baumustertest für Gleitringdichtungen beschrieben. Die in der API 682 festgelegten Dichtungsbaureihen lassen sich durch diese Tests für definierte Anwendungsbereiche in der Raffinerie qualifizieren. Der Qualifizierungstest in Verbindung mit den Rahmenbedingungen garantiert dem Endbetreiber den größten Grad an Zuverlässigkeit der gelieferten Gleitringdichtungssysteme und eine Grundlage für die Optimierung und Weiterentwicklung der Gleitringdichtungen.
Ein Test aller Dichtungsgrößen in den vorgeschriebenen Medien ist nicht vorgesehen. Falls technisch und projektbezogen gefordert, lassen sich abweichende Testbedingungen zwischen Dichtungshersteller und Kunde vereinbaren.
Vorgeschriebener Testumfang
Die Spezifikation schreibt vor, daß jeder Dichtungstyp (A, B und C) in jeder Dichtungsanordnung (1 = Einzeldichtung, 2 = Mehrfachdichtung drucklos, 3 = Mehrfachdichtung druckbeaufschlagt) zu testen ist (Abb. 2). Damit nicht jede Dichtungsgröße getestet werden muß, schreibt die API 682 Tests mit den Durchmessergrößen 50 mm (2 Inch) und 100 mm (4 Inch) bei einer Drehzahl von 3600 min–1 vor.
Zusätzlich muß jede Dichtung in der Materialpaarung „Kohlegrafit kunstharzgebunden gegen reaktionsgebundenes Siliziumkarbid“ sowie „reaktionsgebundenes Siliziumkarbid im Anlauf gegen Siliziumkarbid“ getestet werden. Außerdem ist jede Dichtungsvariante mit vier verschiedenen Medien zu prüfen. Für Mehrfachdichtungen sind zusätzlich drei Sperr- bzw. Vorlagemedien vorgeschrieben (Tabelle 1).
Die Testprozedur besteht aus der dynamischen Phase, der statischen Phase und der Zyklusphase mit fünf Zyklen, wobei die jeweilige Dichtung während der einzelnen Phasen nicht ausgebaut wird. An den in Abbildung 3 mit einem Stern gekennzeichneten Punkten ist die Leckage zu messen:
• Phase 1: Dynamischer Test bei konstanter Betriebstemperatur (Dauer 100 h) und Drehzahl (n = 3600 min-1).
• Phase 2: Statischer Test bei Drehzahl 0, Testparameter (Dauer 4 h) wie bei Phase 1.
• Phase 3: Zyklustest, bei dem Betriebstemperatur und -druck variiert und die Gleitringdichtungen an- und abgefahren werden. Bei Einfachdichtungen mit dem Testmedium flüchtige Kohlenwasserstoffe sind die Drücke auf den jeweiligen Dampfdruck abzusenken (Dauer 30-40 h).
API-Prüfstand
Der Burgmann-API-Prüfstand wurde vom Unternehmen selbst konzipiert und gebaut. Die Anlage kann alle typischen Einsatzfälle von Raffineriedichtungen simulieren. Eine PC-gestützte Kontrolleinrichtung übernimmt die permanente Meßdatenerfassung aller Betriebsparameter der Dichtungen, d. h. bei Drücken bis zu 35 bar, Drehzahlen bis zu 3600 min-1 und Temperaturen bis zu 400 °C und schaltet den Prüfstand bei Überschreiten der zulässigen Grenzwerte automatisch ab.
Die Antriebsleistung beträgt 152 kW. Der Teststand hat modular aufgebaute Sperrkreisläufe, so daß ein schneller Mediumswechsel möglich ist.
Die Durchführung der Versuche erfolgt in einer explosionsgeschützten Prüfkammer. Sie steht permanent unter geringem Unterdruck, wird ständig belüftet und verfügt zusätzlich über eine Gaswarnanlage, einen Spritzschutz und über explosionsgeschützte Meßaufnehmer.
Testerfahrungen
Die Burgmann-API-682-Gleitringdichtungen bauen auf den vorhandenen und in der Praxis erprobten DIN-Dichtungen der Baureihen H75 und MFL 85 auf.
Die API-Versuche stellen natürlich nur idealisiert die Bedingungen in der Pumpe nach, mit dem Vorteil, daß sie mit anwendungsnahen Medien gefahren werden und die Ergebnisse reproduzierbar und vergleichbar sind.
Die Testergebnisse waren positiv. Ein wesentlicher Grund dafür ist, daß die Testparameter für den API-Test unter den Einsatzgrenzen der API-Dichtungen des Unternehmens liegen.
Ziel der Versuchsreihe war es, den gesamten Testbereich der API 682 mit einer Dichtung (z. B.Typ A, H75N/Dw) abzudecken, mit Ausnahme der flüchtigen Kohlenwasserstoffe, da in diesen Einsatzfällen die Gleitringdichtungen trockenlaufgefährdet sind und für größere Wellendurchmesser eine etwas modifizierte Gleitfächengeometrie erforderlich ist.
Mehrfachdichtungen (Abb. 4) sind gemäß API 682 nach folgenden Kriterien zu testen:
• Test ohne atmosphärenseitiger Dichtung und ohne Sperr- bzw. Vorlageflüssigkeit,
• Test mit atmosphärenseitiger Dichtung und Sperrflüssigkeit,
• Test mit atmosphärenseitiger Dichtung und Vorlagenflüssigkeit,
• Test unter dem maximal zulässigen Innendruck (z. B. Typ A, H 75K/Dw = 10 bar max.). Dabei wird die Dichtung einem 120-stündigen, konstanten Dauerlauf unterzogen.
Zusätzlich waren flüchtige Kohlenwasserstoffe (z. B. Propan ) mit einer Einfachdichtung des Typs A und B abzudichten. Hierzu wurde das Projekt „Low emission seal” durchgeführt. Die Leckageforderung für die „Low emission seal” liegt unter 50 ppm bei einer Mediumsdichte unter 0,4 kg l-1. Bei dieser Aufgabenstellung ist der Phasenübergang des Mediums von flüssig nach gasförmig im Dichtspalt zu bewältigen, um den Trockenlauf der Gleitringdichtung zu verhindern. Die besten Ergebnisse ließen sich mit der Gleitringdichtungstype H75N/Dw mit massivem Kohlegleitring erzielen. Über 50-mm-Wellendurchmesser war der gleiche Dichtungstyp im Einsatz. Der massive Kohlegleitring ist hier mit einem Stützring unter der Gleitfläche ausgeführt. Mit dieser Konstruktion läßt sich in allen Betriebsphasen eine V-Spalt-Bildung zwischen den Gleitflächen erreichen. Der Phasenübergangspunkt flüssig/gasförmig wird zum Innendurchmesser der Gleitfläche verschoben. Mit dieser Dichtung wurden sehr gute Testergebnisse in puncto Verschleißraten, Laufbild und Leckageraten erzielt, die weit unter der geforderten 50-ppm-Grenze lagen.
Die ebenfalls getestete Metallfaltenbalgdichtung (Typ B, MFL85N/Dw) zeigte gute Werte. Die Leckagerate lag z. B. bei der 50-mm-Dichtung bei ca. 32 ppm.
Eine weitere Erkenntnis bei diesem Projekt war der sehr gute Einfluß der Multipointinjektion im Flush auf die Kühlung der Gleitflächen. Die damit erreichte gleichmäßige radiale Temperaturverteilung am Umfang des Gleit- und Gegenringes ergibt verwerfungsfreie Gleitflächen und garantiert eine stabile, niedrige Leckage im Betrieb.
Leckagemessung von flüchtigenKohlenwasserstoffen
Für die Leckagemessung von flüchtigen Kohlenwasserstoffen gibt es gemäß ESA drei Methoden (Abb. 5):
• Die von der API 682 spezialisierte EPA Methode 21: Standardmethode, eingeführt durch das US-Umweltministerium.
Die Messung wird hier mit einem Schnüffler durchgeführt. Die zentrale Komponente ist dabei ein Flammenionisationsdektor.
Die Messung erfolgt als Differenz zwischen der Hintergrundbeladung und der Leckage. Die Leckage wird in ppm ermittelt. Die Methode 21 ist die einfachste Meßmethode und läßt sich am universellsten einsetzen. Sie fand bei allen Burgmann-Tests mit flüchtigen Kohlenwasserstoffen zur Leckagemessung Verwendung.
• Bagging-Methode: Hier wird die gesamte Pumpe eingepackt und mit einem Trägergas gespült. Die Beladung läßt sich mit einem Flammenionisationsdetektor messen. Diese Methode verlangt den größten Aufwand, um eine Messung durchzuführen.
• Spülgasmethode: Diese schnelle und zuverlässige Methode kombiniert die Bagging Methode mit der Methode 21.
Fazit
Sicher sind nicht alle Versuchskombinationen technisch notwendig. Daher stellt sich die Frage, ob es erforderlich ist, eine Metallfaltenbalgdichtung des Typs B im Wasser zu testen oder eine O-Ringdichtung des Typs A bei einer Betriebstemperatur von 260 °C zu fahren. Für die Mehrzahl der Testläufe gibt es bereits Referenzen hinsichtlich der vorgeschriebenen Testmedien. Bei vielen dieser Referenzen liegen die Betriebsparameter über den von der API spezifizierten Grenzen.
Bei der API 682 handelt es sich um eine Qualifizierung, die die Gleitringdichtungshersteller selbst erbringen müssen. Die korrekte Durchführung der Tests und Dokumentation der Ergebnisse liegen in ihrem Verantwortungsbereich. Um die Chancengleichheit unter den Dichtungsanbietern zu gewährleisten, sollten zumindest die wichtigsten Qualifikationstests von einer unabhängigen Prüfkommision abgenommen werden.
Der API-Standard 682 gewährleistet in seiner Grundphilososphie dem Betreiber ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Standardisierungsmöglichkeit der eingesetzten Gleitringdichtungen. Es ist für alle Hersteller ein Muß, die Entwicklung auf dem Gebiet der Standzeitverlängerung und Leckageminimierung voranzutreiben. Eine mögliche Alternative, diese Rahmenbedingungen noch zu übertreffen, ist der Einsatz von gasgeschmierten Gleitringdichtungen in Raffinerien und petrochemischen Anlagen.
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