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Interkama spiegelt Kurs der Branche wider

Software und Feldbus beschleunigen Wandel
Interkama spiegelt Kurs der Branche wider

Die Interkama bietet als Innovationsmesse der Meß- und Automatisierungstechnik dem Besucher Informationen über die neuesten Entwicklungen der Branche. Anläßlich der 14. Ausgabe dieser Veranstaltung sollen im folgenden einige wichtige wirtschaftliche und technische Trends beleuchtet und kritisch diskutiert werden.

Dipl.-Ing. Michael Ziesemer

Auch Industriemessen haben ihren Ursprung in den Märkten, auf denen sich Menschen von jeher trafen, um Waren, Informationen und Ideen auszutauschen. Anbieter und Nachfrager zur gleichen Zeit am gleichen Ort machen den Reiz einer Messe aus. So geht es auch den Fachleuten der Meß- und Automatisierungstechnik mit der Interkama, der weltweit größten und führenden Leitmesse für Meß- und Automatisierungstechnik, die im Oktober in Düsseldorf stattfindet. Aus aktuellem Anlaß sollen einige wichtige wirtschaftliche und technische Trends in der Meß- und Automatisierungstechnik untersucht werden.
Der Feldbus ist da…
Die informationstechnische Verbindung von Komponenten und Systemen in der Automatisierungstechnik braucht Busprotokolle. Sie müssen genügend leistungsfähig sein, um die schnelle Realzeit-Übertragung von Informationen zu gewährleisten, und eine sichere Informationsübertragung unter den rauhen Umgebungsbedingungen verfahrenstechnischer Anlagen erlauben. Natürlich müssen auch die Anschaltkosten niedrig sein, denn an alle Lösungen der Automatisierungstechnik werden heute harte wirtschaftliche Anforderungen gestellt. Schließlich – und hier liegt das Problem – sollen Busprotokolle genormt sein: Als internationale Norm, nationaler oder regionaler Standard oder als „de facto“-Norm durch wirtschaftliche Dominanz des Anbieters. Nur standardisierte Kommunikationsprotokolle erlauben offene Lösungen, bei denen Produkte verschiedener Hersteller in einem System oder einer Anlage integriert werden. Es liegt auf der Hand, daß dies technische und auch wirtschaftliche Vorteile für den Anwender bietet, denn nicht jeder Hersteller guter Leitsysteme hat beispielsweise auch die besten Feldgeräte.
Daß Wettbewerb zu kostengünstigeren Lösungen und technisch besseren Konzepten führt, zeigen viele Beispiele aus der Industrie oder dem täglichen Leben. „Alles aus einer Hand!“ rufen da diejenigen, die noch das Geschäft mit der Angst des Kunden betreiben. Mittelfristig wird das aber nichts an den grundlegenden Trends ändern. Die offenen Lösungen kommen, ja sind teilweise schon da, und sie erfordern offene Schnittstellen und offene Protokolle. Doch es war ein langer Weg von den ersten Standardisierungsbemühungen um FIP und Profibus Mitte der achtziger Jahre bis zu den offenen Leitsystemarchitekturen mit Feldbussen im Jahre 1999. Mittlerweile ist die Anwendung der Busprotokolle in der Automatisierungstechnik eine Realität in Tausenden von Anlagen. Dieses Thema ist somit abgehakt.
Feldgeräte-Integration noch nicht vollzogen
Doch wer nun meint, daß auch die Integration der Feldgeräte in das Leitsystem gelöst ist, sieht sich getäuscht. Zunächst einmal heißt „Bus“ nichts anderes als die Übertragung von Meß- und Stellwert zwischen Feldgeräten und Leitsystemen über zyklische Dienste des Busprotokolls. Häufig wird dies ergänzt durch Übertragung einer Statusinformation (Gerät: in Ordnung/nicht in Ordnung). Genau besehen ist das der Ersatz des 4…20 mA-Signals durch digitale Technik. Doch soll das nicht unterschätzt werden: Etliche Vorteile von busgestützter Automatisierungstechnik ergeben sich schon hier. Der Meß- oder Stellbereich ergibt sich allein aus Sensor- oder Aktorphysik, und das Problem Signalauflösung ist kein Thema mehr. Und doch erlaubt die busgestützte Automatisierungstechnik viel mehr: Feldgeräte sollen mit ein und demselben Engineering-Tool – also einem Software-Paket – bedient werden. Natürlich geht es dabei um Feldgeräte verschiedener Hersteller, und natürlich geht es nicht allein um ein und dasselbe Konfigurationstool. Nun stellt sich das Problem Inkompatibilität erneut auf höherer Ebene.
Zur Zeit erfordert diese Situation die spezielle Integration jedes Feldgerätes in jedes Engineeringtool. Dies bedeutet: Es muß jeweils eine neue Software geschrieben werden, um die Gerätebeschreibungen (DD) anzupassen. Daß das Geld kostet, muß eigentlich nicht besonders erwähnt werden.
Inkompatibilität auf höherer Ebene
„Finger weg… weiter abwarten…“ mögen nun die Skeptiker sagen, denen die Bus-Architekturen noch nie so ganz geheuer waren. Wer allerdings die neuen Technologien nicht zum Einsatz bringt, hat bereits verloren. Die Kostenreduktion im planerischen Bereich, in der Hardware- und Softwarebeschaffung, aber auch in der Inbetriebnahme und Instandhaltung sind so bedeutend, daß niemand um diese Technologien herumkommt, wenn er im internationalen Wettbewerb bestehen will. Schließlich dürfen wir nicht übersehen, daß Planer, Inbetriebnehmer und Instandhalter die neuen Technologien beherrschen lernen müssen. Das braucht Zeit. Und das braucht Praxis. Das geschilderte Problem der Inkompatibilität von Gerätebeschreibungen und Engineering Tools wird gelöst werden, und dies braucht deutlich weniger Zeit als die Busentwicklung selbst.
FDT als Lösung
Die Lösung heißt Field Device Type (FDT) und sieht im wesentlichen die Integration von DD’s (Device Description = Gerätebeschreibung) für das HART-Protokoll in einem plattformunabhängigen „Container“ vor. Die DD kann dann in jedes Tool integriert werden, welches FDT unterstützt. Der Container ist in der Sprache ActiveX realisiert worden (Abb. 1). Der Anstoß zu dieser Entwicklung kam aus den Unternehmen der Kraftwerksleittechnik im ZVEI. Das Konzept wird heute von den Firmen weit über den ZVEI hinaus, aber auch von der Profibus-Nutzerorganisation (PNO) umfassend unterstützt. Doch FDT ist nicht allein für Profibus geeignet. Es eignet sich für jedes Busprotokoll und jedes Engineering Tool. Dabei müssen wir vielleicht lernen, daß Offenheit oder Kompatibilität kein Zustand ist, sondern eine Reise. Die Busprotokolle – und die industrielle Kommunikation insgesamt – sind der Schlüssel, welcher moderne und offene Leitsystemarchitekturen überhaupt erst ermöglicht.
Streit um Feldbusnormscheint beendet
Rechtzeitig vor der Interkama hat sich auch in der internationalen Feldbusnormung eine neue Situation ergeben. Der seit einigen Jahren andauernde Streit zwischen der Fieldbus Foundation und der Profibus-Organisation dürfte durch eine Entscheidung des IEC vom Juni beendet sein oder sich doch mindestens deutlich verändern. Die Feldbusnorm soll um mindestens ein weiteres Profil und Protokoll ergänzt werden, und es sollen Dienste in der Norm definiert werden, die die Einbindung verschiedener Profile und ihrer Protokolle erlauben sollen (Abb. 2).
Software beschleunigt Wandel
Automatisierungstechnik war immer wettbewerbsintensiv. Früh in der Prozeßautomatisierung – später in der Kraftwerksleittechnik – bildete sich ein Weltmarkt mit gleichen oder ähnlichen Wettbewerbsstrukturen in den verschiedenen Ländern heraus. Der schnelle Wandel der Software beschleunigt den Wettbewerb nun gewaltig. Die Geschwindigkeit der Veränderung nimmt dabei noch zu, ob wir das nun wollen und mögen oder nicht wollen und nicht mögen. Der Wandel ist fundamental.
Da sind zunächst die Betriebsysteme und SW-Technologien. Vieles kommt hier heute aus der Software-Küche von Microsoft. So ist Windows NT ein Standard für Leitsysteme geworden. Doch schauen wir genau hin, so werden Realzeitaufgaben über Hardware-Extensions gelöst. Über „verteilte NT-Anwendungen“ wird ebenso diskutiert wie über den Einsatz von Windows CE oder Linux. Und für all diese Konzepte finden wir auch bereits Produkte im Markt. Niemand kann heute sagen, welches Produkt oder welche Technologie Marktbedeutung erlangen wird.
Internet hält Einzug
Webbasierte Technologien aus der Internet-Welt drängen in die Meß- und Automatisierungsbranche. TCP/IP als Kommunikationsprotokoll und ActiveX als Programmiersprache haben bereits große Bedeutung erlangt. Daß das Web die Meß- und Automatisierungsbranche bereits massiv verändert hat, bedarf kaum der Diskussion. Hier seien Gestaltung von Geschäftsprozessen, Verteilung von Information, Distribution von Dokumentation und Abwicklung von Aufträgen erwähnt. Nun folgen die Automatisierungsprodukte, die Web-Technologien verwenden: Information über Anlagenzustände weltweit und Fernbedienung sind bereits Realität. Sensoren als Web-Server, Browser als Bedien-Tools sind heute noch Zukunftsmusik. Doch wir wissen, wie im Web Zukunftskonzepte sehr schnell Realität werden können.
Zwei Welten verbinden
Software-Lösungen bedürfen der Integration. Automatisierung hört bei der Operator-Station ja nicht auf. Bei den Management Execution Systems (MES) stehen bereits Kunden, Liefertermine, Kosten und Erträge im Vordergrund. Es geht also nicht mehr allein um Schnittstellen zwischen der Automatisierungssoftware und logistischen Anwendungen. Vielmehr entstehen zwischen Automatisierung und dem Enterprise Resource Planning (ERP) eigene Lösungen, die eine Welt mit der anderen verbinden. Bald werden sie nicht mehr in separate Märkte zu teilen sein. Im Engineering ist es noch nicht so weit. Separate Systeme zur Planung und zur Unterstützung des Life Cycles sind noch die Regel. Doch auch hier werden integrative Konzepte schrittweise realisiert, und es sieht ganz danach aus, als wenn in diesem Zusammenhang die STEP-Standards – die ja den Austausch von Dokumenten über Systemgrenzen unterstützen sollen – in Produkte Eingang finden und Marktrelevanz erlangen.
Abwarten keine erfolgversprechende Lösung
Wann sind Produkte im Bereich der Software stabil? Was kann der Anwender wann mit überschaubarem Risiko einsetzen? Nur ein Hinweis auf diese Frage sei gestattet: Ohne eigene Information, ohne eigenes Bild, ohne eigenes Wissen kann niemand im Bereich „Software“ auch nur eine halbwegs richtige Entscheidung treffen.
Die Investition in die Kompetenz von Mitarbeitern und Partnern ist vielleicht die wichtigste Gewähr dafür, daß Investitionen sicher entwickelt werden und nicht in Sackgassen enden. Dies ist wieder ein dynamischer Prozeß, und wiederum ist Abwarten keine erfolgversprechende Lösung. Gerade beim Schlüsselthema Software kann die Interkama helfen. Ein Software-Kompetenzzentrum mit 132 Herstellern aus 17 Ländern bietet den Überblick über das Angebot, während die Interkama Chemputers Europe 5 Conference die Technologien und Anwendung von Software in der Automatisierungstechnik zu beleuchten hilft.
Prozeßautomatisierung in der Zukunft
Fabrik- und Prozeßautomatisierung haben sicher auch in Zukunft ihre Besonderheiten. Die Prozesse selbst unterscheiden sich und mithin auch die zu messenden und stellenden Größen, die Meßgeräte und die Stellgeräte. Das waren dann auch schon die wesentlichen Unterschiede. Es gibt aber auch viele Gemeinsamkeiten.
Es werden die gleichen oder ähnliche Busprotokolle und gleiche oder ähnliche Eingabe-/Ausgabe-Baugruppen verwendet. Natürlich kommen auch gleiche oder ähnliche Softwarepakete zum Einsatz. Schließlich darf nicht vergessen werden, daß sich Fertigungs- und Prozeßautomatisierung in gleichen Betrieben wiederfindet. Die Verpackungsanlage in einem Chemiebetrieb oder die Lackieranlage im Automobilwerk sind nur als Beispiel speziell. Die Mischung solcher Anlagentypen ist dagegen heute eher die Regel. Eine ganzheitliche Automatisierungstechnik ist also entstanden. Zu ihr gehören selbstverständlich auch die Antriebstechnik und die Niederspannungsschaltanlagen. Diese Komponentengruppen werden wiederum mit den gleichen Busprotokollen verbunden und mit gleichen oder ähnlichen Softwareprodukten automatisiert. Letztlich sind dies alles Automatisierungskomponenten, die durch Dienstleistungen (Engineering, Montage, Inbetriebnahmen, Wartung) zu Gesamtlösungen integriert werden (Abb. 3).
Starker Branchenbezug
Dienstleistungen und Systemintegration haben dabei einen starken Branchenbezug. Die Automatisierung einer Kläranlage ist eben etwas anderes als die Automatisierung eines Kraftwerks. Die Unterschiede liegen in der Auslegung, im Know how des Verfahrens, der Anwendung der Automatisierungstechnik im Verfahren, aber auch im Management der Projekte. Die verwendeten Komponenten dagegen können häufig identisch sein. Und sie werden in Zukunft immer häufiger identisch sein, weil das gewaltige Stückzahlsynergien und damit Kostensenkungspotentiale für den Hersteller ergibt. Über den Wettbewerb führt das zu kostengünstigeren Lösungen für den Anwender und den Anlagenbau. Die Konsequenzen dieser Entwicklung für die Hersteller und Leistungsanbieter in der Automatisierungstechnik sind relativ klar:
• Wer Komponenten anbieten will, muß in technischer Kompetenz, Kostenposition und Vertriebswegen global wettbewerbsfähig sein.
• Im Bereich der Dienstleistungen und Systemintegration wird Kundennähe, Branchen- und Applikations-Know how zum Erfolgsfaktor Nr. 1.
Die erläuterte Entwicklung muß natürlich auch Rückwirkungen auf die Arbeit der Verbände haben. Im ZVEI werden jene drei Fachverbände fusionieren, welche sich heute mit den Themen der Prozeßautomatisierung, der Antriebstechnik sowie der Niederspannungsschalttechnik und Steuerungen beschäftigen. Das kann ein Schritt in die richtige Richtung sein. Rückwirkungen auf die Struktur der Messen sind ebenso unvermeidbar.
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