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Kontrollierte Hochtemperaturverbrennung

Schadstoffarme Entsorgung von Störfall- und Prozessgasen
Kontrollierte Hochtemperaturverbrennung

Speziell für die Entsorgung extrem belasteter und korrosiver Gase wurde eine Brennertechnik entwickelt, die es ermöglicht, brennbare und nicht brennbare Gase zu oxidieren. Mischrohr-Brenner mit Spezialdüsen, isolierte Brennkammern und kontrolliertes Luftmanagement machen die technischen Vorzüge aus: rußfreie, schadstoffarme und geruchsvernichtende Verbrennung ohne sichtbare Flamme. In der Regel werden die Hochtemperaturfackelanlagen als Bodenfackeln ausgeführt. Realisierbar sind aber auch Installationen in Höhenlagen von 125 m an Industriekomplexen.

Joachim Hegemann, Ursula Packhäuser

Störfall- oder Prozessgase mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen wie z. B. höherwertigen Kohlenwasserstoffverbindungen fallen in der Regel diskontinuierlich an und sind häufig allein nicht zündfähig. Die Abfackelung in einer herkömmlichen Niedertemperatur-Gasfackel ist für die umweltgerechte Entsorgung solcher Gase keine empfehlenswerte Lösung. Bei entsprechenden Ausgangsstoffen im Rohgas können sich bei unkontrollierter Niedertemperaturverbrennung im Randbereich der Flamme Kohlenmonoxid und Dioxine bilden, während geruchsintensive und toxische Inhaltsstoffe gar nicht oder nur teilweise abgebaut werden.
Die kontrollierte Hochtemperaturverbrennung bei Temperaturen bis 1200 °C in einer geschlossenen, isothermen Brennkammer bietet im Gegensatz dazu optimale Bedingungen für eine schadstoffarme Entsorgung. Die Verweilzeit der Rauchgase ab Flammenspitze im Hochtemperaturbereich ist bei diesen Anlagen definiert (z. B. 0,3 s oder 1,0 s), so dass die Bildung von Dioxinen und Kohlenmonoxid in kühleren Randbereichen ausgeschlossen werden kann.
Auslegungs-Parameter
Für die Auslegung einer Hochtemperaturfackel sind folgende Parameter grundlegend:
• Gasqualität: Heizwert, Schadstofffracht
• Gasvolumenstrom: Minimaler und maximaler Volumenstrom, Fließdruck
• Anforderungen der örtlichen Genehmigungsbehörden: Explosionsschutz, Emissionsgrenzwerte, Anforderungen an die Verfügbarkeit der Anlage
Niedercalorische Gase, die allein nicht zündfähig sind, erfordern den Einsatz von Stützfeuerung (z. B. Erdgas oder Propan). Das Stützgas wird in Abhängigkeit von der Gasqualität und dem Volumenstrom über ein Mischrohrsystem beigegeben. Die Spezialbrenner sind mit separaten Düsen für Rohgas und Stützgas ausgerüstet und werden bei Bedarf in mehreren Kreisen angeordnet. So reagiert die Fackelanlage zuverlässig auch auf extreme Rohgasschwankungen und hält den Verbrennungsprozess kontinuierlich aufrecht.
Bei erhöhten Anforderungen an die Verfügbarkeit der Anlage wird mit mehrfach redundanten Zündeinrichtungen bzw. mit einer kontinuierlich vorgehaltenen aktiven Zündflamme gearbeitet.
In speziellen Anwendungsfällen kann die Fackelanlage zusätzlich mit weiteren Komponenten wie zum Beispiel einer Rohgaswäsche (Entfernung von Staub und Ruß) oder einer Verdampferanlage (bei flüssigen Stoffen) kombiniert werden.
Luftmanagement
Um ein Gas vollständig zu verbrennen, muss der Oxidationsprozess unter stöchiometrischen Bedingungen ablaufen. Das heißt, jedes Gasmolekül muss mit einer ausreichenden Anzahl Sauerstoffmoleküle reagieren können. Die dabei entstehenden hohen Temperaturen begünstigen jedoch die Wahrscheinlichkeit der unerwünschten Bildung von NOX. Deshalb kommt dem Luftmanagement bei der Verbrennungstechnik eine entscheidende Bedeutung zu.
Methan (CH4) beispielsweise benötigt die 10fache Luftmenge, um vollständig zu CO2 und Wasser (H2O) zu oxidieren. Bei einem höhercalorischen Gas wie Butan (C4H10) wird schon mindestens die 45fache Luftmenge benötigt. Je höher also der volumetrische Heizwert eines Gases ist, desto höher ist auch der spezifische Luftbedarf.
Hochtemperaturfackelanlagen von Haase-Energietechnik arbeiten unter überstöchiometrischen Verbrennungsbedingungen, das heißt mit Luftüberschuss (D >1).
Bei höhercalorischen Gasen muss ein Teil der zur vollständigen Verbrennung notwendigen Luft bereits vor der Reaktion dem Brenngas zugemischt werden. Die Verbrennungsluft wird daher als Primär, Sekundär- und Tertiärluft mit speziellen Drall- und Mischeinrichtungen dem Verbrennungsprozess zugeführt. Das erhöht einerseits die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Reaktion des Brennstoffs mit Sauerstoff und kühlt gleichzeitig die Flamme, so dass die unerwünschte NOX-Bildung unterdrückt wird.
Mobile Versuchsfackeln
Störfall- und Prozessgase liegen oft als komplexes Gemisch von Inhaltsstoffen an, dessen Verhalten im Verbrennungsprozess theoretisch nur schwer darstellbar ist. Haase Energietechnik setzt in solchen Fällen mobile Versuchsfackeln ein, die für einige Wochen oder Monate vor Ort betrieben werden, um die optimalen Parameter für die Auslegung der stationären Fackelanlage zu ermitteln. Ein solches Vorgehen ist insbesondere bei erhöhten Anforderungen der örtlichen Genehmigungsbehörden sinnvoll. Der Versuchsbetrieb erfolgt auf der Basis eines Dienstleistungsvertrages, in der Regel über ein Mietmodell. Die Versuchsfackel verfügt über dieselbe Haase- Hochtemperatur-Brennertechnik wie die großen Fackelanlagen sowie über diverse Messeinrichtungen und bietet daher sehr verlässliche Auslegungsdaten für den großtechnischen Betrieb. Mobile Fackeln dieses Typs stehen auch kurzfristig für Noteinsätze zur Verfügung.
Entsorgung von drucklos anliegendem Pyrolysegas
Auch für drucklos anliegende Gase gibt es geeignete technische Lösungen. So wird 600 °C heißes Schwelgas aus einer Holzpyrolyseanlage über einen selbst ansaugenden Pressluft-Injektorbrenner mit einer Feuerungsleistung von 2,5 MW entsorgt. Das Gas enthält hohe Anteile von Wasserstoff, Kohlenmonxid und Methan sowie Stickstoff und O2 , die teilweise mit Stützgasbeigabe bei Temperaturen von 1000 °C verbrannt werden.
Notfackel mit erhöhten Sicherheitsanforderungen
Für die Entsorgung von Störfallgasen in einer Chemiefabrik wurde eine Hochtemperaturnotfackel mit erhöhten Sicherheitsanforderungen installiert. Es handelt sich um die Entsorgung von C5- und C6-Verbindungen aus einer Destillationskolonne für Rohöl. Die Notfackel muss rund um die Uhr zu 100 % verfügbar sein, und zwar auch bei Stromausfall und ohne Verzögerung bei der Zündung.
Im Störfall entweicht das Gas durch ein Überdruckventil aus der Kolonne und strömt in eine isolierte Hochtemperaturfackel mit verdeckter Verbrennung, die mit Erdgas als Stützfeuerung betrieben wird (Feuerungsleistung 10 MW). Bei Temperaturen bis 1100 °C und 0,3 s Verweilzeit der Rauchgase in der Hochtemperaturzone wird das Gas sicher entsorgt – rußfrei und ohne sichtbare Flamme. Die Vorgaben der TA-Luft werden eingehalten, die CO- und NOX-Werte deutlich unterschritten.
Ein Druckschalter setzt im Störfall die Zündung der Fackel in Gang. Eine herkömmliche elektrische Zündung arbeitet stets mit einigen Sekunden Verzögerung. Das muss in diesem Fall ausgeschlossen werden, um ein unkontrolliertes Entweichen des Störfallgases zu verhindern. Deshalb wird hier ein kleiner erdgasbetriebener Zündbrenner im Standby-Modus betrieben, der den großen Stützgasbrenner im Bedarfsfall in Bruchteilen von Sekunden zündet. Das Primärluftgebläse wird unabhängig von der Stromversorgung mit einem Diesel-Aggregat betrieben, um auch bei totalem Stromausfall die Entsorgung des Störfallgases zu gewährleisten. Um die ständige Bereitschaft der Notfackel zu prüfen, wird alle zwei Wochen ein Funktionscheck durchgeführt.
Abgasentsorgung aus Crotonsäure-Produktion
Auch für die Stützgasbeigabe ist eine flexible Steuerung sinnvoll, um die Betriebskosten möglichst niedrig zu halten. So kommt für die thermische Nachverbrennung von kohlenwasserstoffhaltigen Abgasen aus einer Crotonsäure-Produktion eine Hochtemperaturfackelanlage mit energieoptimiertem Erdgas-Stützbrenner zum Einsatz. Die Erdgasmenge wird in Abhängigkeit vom Heizwert des zu entsorgenden Abgases gesteuert. Bei höhercalorischen Gasen wird automatisch weniger Stützgas dosiert. Diese Anlage mit einer Gesamt-Feuerungsleistung von 600 kW ist für kontinuierlichen Betrieb ausgelegt und hält bei einer Verbrennungstemperatur von 1000 °C sowie einer Verweilzeit der Rauchgase in der Hochtemperaturzone von 0,6 s die Abgas-Grenzwerte der TA-Luft sicher ein. Die Fackel wurde in Edelstahl ausgeführt, um Korrosionsprobleme durch aggressive Spurenstoffe aus der Umgebungsluft zu vermeiden.
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