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Ohne Ausgasung

Dosieren von Flüssigkeiten mit hohem Dampfdruck
Ohne Ausgasung

Selbsttätige Entlüftung sowie reduzierte Kavitationsgefahr sind die konstruktiven Vorteile von Membrandosierern mit zwangsgesteuerter Ventiltechnik. Sorgt man für eine zusätzliche Kühlung der Dosierköpfe und -leitungen,können ausgasende Flüssigkeiten und sogar Flüssiggase exakt dosiert werden. Die zwangsgesteuerte Ventiltechnik in dieser modifizierten Form erschließt dem Anwender neues Anwendungspotential, wie beispielsweise die Dosierung von NO2.

Dipl.-Ing. Dieter Fink, Dipl.-Ing. Gerd Bohner

Das Fördern/Dosieren von Fluiden mit hohem Dampfdruck ist ein allgemein bekanntes Problem in der Dosiertechnik. Schon Umgebungstemperaturen in unmittelbarer Nähe des Verdampfungspunktes, aber in jedem Falle oberhalb des Verdampfungspunktes, führen zu Ausgasungen im Fluid. In der Ansaugphase eines Dosiervorganges verstärken Kavitationserscheinungen in der Pumpenkammer, je nach Antriebstechnik der Dosierpumpe, diesen Effekt. In aller Regel führen diese Ausgasungen dazu, dass sich im Pumpenkopf ein Gaspolster bildet, das zu einem Abriss des Förderstromes und somit zu einem vorzeitigen Ausfall des Dosierers führt.
Oszillierende Verdrängerpumpen mit traditioneller Kugelventiltechnik können deshalb in der Regel keinen störunempfindlichen robusten Betrieb gewährleisten, wenn es gilt, Fluide mit hohem Dampfdruck zu dosieren. Schnellentlüftungsarmaturen sind ein legitimes technisches Hilfsmittel, um diesem Effekt entgegenzuwirken und den Pumpenfluss aufrechtzuerhalten, erhöht jedoch den peripheren Installations- und Wartungsaufwand. Auch bleibt oftmals die Frage, wohin mit den u. U. aggressiven Gasphasen.
Auch geodätische Zuläufe können den Kavitationseffekt reduzieren. Da die Öffnung des saugseitigen Kugelventils jedoch immer an die Ansaugphase der Arbeitsmembran gekoppelt ist, bleibt dieses Hilfsmittel nur im beschränkten Umfang wirksam. Erst die Entkopplung der Ventilöffnung vom Ansaugvorgang der Membran kann eine sorgsamere Füllung der Pumpenkammer sicherstellen.
Membrandosierer mit zwangsgesteuerter Ventiltechnik
Der Pumpenkörper besteht aus weiterentwickelten PTFE der zweiten Generation, dem PTFE-TFM. In diesem sind die Pumpenkammer, der Sitz der Ventilkonen sowie die Ein- und Auslassbohrungen eingearbeitet.
Die Arbeitsmembran sowie die Ventile werden aus dem gleichen PTFE-Material gefertigt (Abb. 1). Die Ventile schließen gegen den PTFE-Block, d. h. PTFE- auf PTFE-Material. Es gibt keine fremden Dichtungsmaterialien. Verschiedene Bohrungen verbinden die drei Kammern.
Dieser konsequente Einsatz des äußerst chemikalienbeständigen PTFE-Materials sichert außerordentlich dichte Arbeitszustände – eine sehr wichtige Voraussetzung für das Dosieren ausgasender Fluide. Zum anderen wird durch den PTFE-Einsatz absolut sichergestellt, dass das zu fördernde Medium mit keinen anderen Werkstoffen in Berührung kommt. Diese Materialfixierung sichert dem Dosierer ein nahezu unbegrenztes Einsatzspektrum bezüglich der zu dosierenden Fluide und Gase wie Cl2 , SO2, H2S, HF, HCL, H2SO4 und HNO3.
Das entscheidende konstruktive Merkmal der Dosierer liegt darin begründet, dass die Ein- und Ausgänge nicht über selbsttätig arbeitende Kugelventile in Abhängigkeit des jeweiligen Druckregimes in der Pumpenkammer geöffnet und geschlossen werden. Das Öffnen und Schließen der Ein- und Ausgänge erfolgt über Ventilmembrankegel.
Die Pumpenmembran und die Ventilmembrankegel werden über Nocken zwangsgesteuert. Die über die Mechanik der Exzenternocken und Rückstellfedern erzeugten Anpresskräfte auf die Ventile gewährleis-ten klar definierte Arbeitszustände mit exakt eingestellten Öffnungs- und Schließzeiten.
Die Ventile überschneiden sich in ihrer Schließstellung. Der Dosiereingang ist deshalb vollkommen unabhängig vom Dosierausgang, gleichgültig in welcher Betriebsphase sich der Dosierer befindet.
Dieser absolut sichere Dosierablauf, unterstützt durch kurze Pausen zwischen den Arbeitszuständen der Ventile, die wiederum die Beschleunigungs- und die Bremskräfte in der Ansaug- und der Ausstoßphase abklingen lassen, sorgen dafür, dass der Dosierer Kavitationen auf ein Minimum begrenzen und im anderen Fall mit Gasanteilen im Fluid ohne Probleme umgehen kann.
Vorteile
Diese Dosierer sind aufgrund ihrer zwangsgesteuerten Ventiltechnik niemals durchblasbar und immer selbstansaugend (Abb. 2). Sie entlüften stets selbsttätig. Kommt ein Gaseinbruch (Ausgasungen des Fluids, Behälterwechsel, Gasansaugung aufgrund geringen Füllstandes etc.) in der Zuleitung oder Pumpenkammer zustande, so bricht die Förderung nicht ab. Entgast eine Flüssigkeit regelmäßig, ist sogar mit einem konstanten Fluss zu rechnen.
Mit der gleichen Konsequenz gehen die Dosierer mit ausgasenden Flüssigkeiten um. Gasblasen im Liquidstrom oder auch Gaspolster in der Leitung oder im Pumpenkopf werden ohne Probleme wieder herausgefördert. Entlüftungsarmaturen, Rückschlagventile, Durchflusssensoren u. ä. Überwachungseinrichtungen erübrigen sich und machen den Dosierer zu einer wartungsarmen, überwachungsfreien und anspruchslosen Apparatur.
Die Gestaltung der Exzenternocken ist auf einen schonenden Öffnungs- und Schließvorgang der Ventile ausgerichtet. Arbeitsabläufe wie das Öffnen des saugseitigen Ventils und das Ansaugen über die Arbeitsmembran laufen nacheinander ab. Bevor die Arbeitsmembran in die Saugphase übergeht, liegt ihr eine geschlossene Flüssigkeitssäule vor. Nachfolgend saugt sie das Fluid, vorgegeben durch die Steigung des Exzenternockens, langsam und ohne Beschleunigungsspitzen an. Abklingphasen zwischen den Ansaug- und Ausstoßphasen verbessern das Dosierverhalten entscheidend, Verwirbelungen und Kavitationserscheinungen wird entgegengewirkt.
Dosierungmit gekühlten Köpfen
Ausgasende Produkte wie diverse Lösemittel, Amine, Peroxide etc. haben die unangenehme Eigenschaft, durch ihren Gasanteil im Fluid eine genaue Dosierung unmöglich zu machen. Nur wenn es gelingt, die Ausgasung zu unterdrücken, darf man von einer genauen Flüssigdosierung ausgehen. Noch gravierender werden die Probleme bei Flüssiggasen.
In einem konkreten Anwendungsfall bei der BASF AG lag deshalb nahe, die konstruktiven Vorteile dieser Dosierer für die Flüssigdosierung von NO2 zu nutzen und durch technische Modifizerungen weiter auszubauen (Abb. 3).
Die Dosierer wurden mit gekühlten Dosierköpfen und -leitungen ausgerüstet. Ein separater Kühlkreislauf wurde an den Dosierer angeschlossen. Durch doppelwandige Edelstahlrohre wurde das flüssige NO2 dem Dosierer zugeführt. Innerhalb des Dosierers wurde das NO2 durch doppelwandige PTFE-Schläuche weiter bis zur Pumpenkammer geführt. Der Dosierkopf wurde mit Kühlkammern versehen. Damit war sichergestellt, dass der gesamte Dosiervorgang vom Pumpenein – bis zum Pumpenausgang ohne Wärmeübergänge arbeiten konnte.
In Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit des angeschlossenen Kryostaten konnten Temperaturen von -20 °C in unmittelbarer Nähe des Dosierkopfes erreicht werden.
Dieser Kühleffekt wurde durch konstruktive Änderungen im Bereich der Antriebs- und Ventiltechnik weiter unterstützt. So wurden die gekühlten Dosierer als ausgesprochene Langsamläufer ausgelegt. Ein Synchronmotor mit nur 12 1/min sorgte für einen sehr langsamen Antrieb der Ventil- und Membranbewegungen. Zudem erhielten die Exzenternocken eine sehr flache Steigung. Diese Maßnahmen bewirkten, dass die Ein- und Auslassventile sehr langsam geöffnet wurden. Die Arbeitsmembran saugte ebenso langsam und schonend das Fluid an. Mögliche Kavitationen wurden auf ein Minimum reduziert.
Die Kombination dieser Maßnahmen hat dazu geführt, dass die Flüssigdosierung von NO2 in diesem konkreten Anwendungsfall bei BASF über einen Zeitraum von sechs Monaten sehr stabil und zuverlässig arbeitete. Die erwarteten Ausbeuten aus der Reaktion des viskosen Eduktes mit NO2 konnten sicher erreicht werden.
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