Der Nachweis von explosionsfähigen oder toxischen Gasen dient in einer industriellen Umgebung dem Schutz von Personen und Anlagen sowie der Erfüllung gesetzlicher Auflagen. In prozessnahen Anwendungen werden Gasmessgeräte auch zur Steuerung und Optimierung des jeweiligen Prozesses eingesetzt. Schwierigkeiten bereitet allerdings häufig die Kalibrierung der Geräte im Feld nach einer turnusmäßigen Wartung.
Tobias Winkler
Für alle Gasdetektoren zur Anlagenüberwachung gibt es eine Reihe von allgemeinen Anforderungen: Sie sollen eine gleichbleibend hohe Messqualität über einen möglichst langen Zeitraum bis zu mehreren Jahren beibehalten, sicher vor Gefahren warnen aber niemals einen Falschalarm auslösen und sie sollen günstig in der Anschaffung sein und nur geringe Folgekosten verursachen. Toxische Gase werden größtenteils mit dem elektrochemischen Messverfahren nachgewiesen, wobei jeweils einzelne Gase selektiv und in kleinen Konzentrationsbereichen gemessen werden. Querempfindlichkeiten, die von anderen Gasen als dem Zielgas erzeugt werden, sind hier gänzlich unerwünscht. Die nachzuweisenden Konzentrationen liegen bei der Messung toxischer Gase typischerweise im unteren ppm-Bereich.
Für den Nachweis von explosionsfähigen Gasen und Dämpfen werden Pellistoren und seit einigen Jahren verstärkt infrarot-optische Gasmessgeräte eingesetzt. IR-Messgeräte besitzen eine außerordentlich hohe Langzeitstabilität, da sie verschleißfrei arbeiten und im Gegensatz zu Pellistoren nicht vergiftet werden können. Die Messbereiche liegen im unteren Vol.-%-Bereich und die Messwerte werden in Einheiten von 0 bis 100% der unteren Explosionsgrenze (% UEG) dargestellt.
Querempfindlichkeiten erwünscht
Bei der Detektion von Explosionsgefahren sind Querempfindlichkeiten innerhalb der Gruppe der explosionsfähigen Kohlenwasserstoffe sogar erwünscht. In einem Lösemittellager beispielsweise, oder allgemeiner in so genannten VbF-Lagern für brennbare Flüssigkeiten, soll eine Vielzahl verschiedener Substanzen von einem Gerät erfasst werden. Schließlich geht von allen eingelagerten Substanzen ein mehr oder weniger großes Risiko aus. Da jedoch die Empfindlichkeiten eines Gasdetektors nicht für alle Substanzen gleich sind, wird eine Kalibrierung auf eine charakteristische Leitkomponente vorgenommen. Um auf der sicheren Seite zu sein, wird immer die Substanz, die mit der geringsten Empfindlichkeit detektiert wird, als Leitkomponente oder Zielgas ausgewählt. Die Messwerte für alle anderen Stoffe werden dann etwas zu groß sein. Aber es ist in jedem Fall und für alle betrachteten Substanzen eine sichere Alarmierung gewährleistet.
Primärer Explosionsschutz
Einen besonderen Anwendungsfall bei der Überwachung von Explosionsgefahren stellt der so genannte primäre Explosionsschutz dar. Überschreitet die kontinuierlich gemessene Gaskonzentration einen vorgegebenen Wert, so wird eine Gegenmaßnahme eingeleitet. Das kann beispielsweise das Einschalten einer Lüftungsanlage sein, die eine Verringerung der Gaskonzentration zur Folge haben soll. Sinkt die gemessene Gaskonzentration, so wird die Gegenmaßnahme wieder abgeschaltet. Andernfalls muss z. B. eine Zwangsabschaltung des Prozesses realisiert werden. Für solch kritische Anwendungen, die stark von der Messqualität und Zuverlässigkeit des Gasmessgerätes abhängen, muss zunächst die Eignung des betreffenden Gerätes durch ein unabhängiges Prüfinstitut bestätigt werden. Die Messqualität selbst kann jedoch stark von der Kalibrierung im Feld beeinträchtigt werden.
Kalibrieren von IR-Geräten
Stationäre Infrarot-Gasdetektoren können eine Vielzahl brennbarer Gase und Dämpfe detektieren. Egal, ob es sich um die Leitkomponente in einem Lösemittellager oder um eine Konzentrationsüberwachung im Sinne des primären Explosionsschutzes handelt. Im konkreten Einzelfall ergibt sich immer die Frage, wie eine Kalibrierung im Feld korrekt durchgeführt werden kann. Obwohl IR-Transmitter eine sehr hohe Langzeitstabilität aufweisen, kann die Kalibrierung vor Ort nicht immer durch eine lebenslange Herstellerkalibrierung ersetzt werden. Denn sobald die Gasdetektoren in Anwendungen des primären Explosionsschutzes eingesetzt werden, schreiben nationale und internationale Vorschriften die maximal zulässige Länge von Wartungsintervallen vor. Am Ende eines jeden Wartungsintervalls muss die Qualität der Kalibrierung mindestens überprüft und gegebenenfalls wieder hergestellt werden.
Die problematische Handhabung einiger Stoffe kann jedoch erhebliche Schwierigkeiten aufwerfen. Insbesondere für dampfförmige Stoffe ist eine korrekte Kalibrierung mit der Zielsubstanz vor Ort nur schwer oder gar nicht durchführbar. Zur Vermeidung einer Dampfkalibrierung im Feld verwendete man bisher so genannte Ersatzkalibrierungen. Man nutzte das bekannte Verhältnis der Empfindlichkeiten der schwer handhabbaren Substanz im Vergleich zu einem einfach verfügbaren Prüfgas. Während des Kalibriervorganges mit dem Standard-Prüfgas wird die Anzeige des Gerätes um genau diesen Kalibrierfaktor verkehrt eingestellt, um korrekte Messwerte für die eigentliche Zielsubstanz zu erhalten. Dieses Verfahren klingt nicht nur verwirrend, es stellt auch ein dementsprechend großes Fehlerpotenzial dar. Da jedoch alle physikalischen Parameter und gerätespezifischen Faktoren, die die Empfindlichkeit für ein bestimmtes Gas beeinflussen, bekannt und messbar sind, können diese Berechnungen auch innerhalb des IR-Gasmessgerätes durchgeführt werden.
Elektronische Gasebibliothek
Es stellt sich also die Frage, ob IR-Transmitter angesichts der Vielzahl der verwendeten und zu überwachenden brennbaren Gase und Dämpfe ohne eine Zielgas-Kalibrierung eingesetzt werden können, oder sogar mit vertretbarer Messunsicherheit ohne Kalibrierung und Justierung vor Ort betriebsbereit sind.
Der Transmitter Polytron IR besitzt eine elektronische Gasebibliothek, in der jedes der 30 gespeicherten Gase durch einen eigenen Datensatz vollständig charakterisiert ist. Unterschiedliche Empfindlichkeiten, mit denen verschiedene Stoffe detektiert werden, Linearisierungen, Temperaturkompensationen und gerätespezifische Parameter sind im Datenspeicher abgelegt. Per Knopfdruck kann die Konfiguration umgestellt werden und aus dem Polytron IR wird ein Messgerät für Toluol, Propan oder Ethylacetat. Polytron IR braucht nach dem Umschalten nicht mehr auf das neue Zielgas kalibriert werden, sondern ist sofort betriebsbereit.
Die Menüstruktur des Polytron IR ermöglicht eine einfache und fehlerfreie Bedienung, da hier klar zwischen Zielgas und Kalibriergas unterschieden wird. Sowohl die Ziel- als auch die Kalibriergaseinstellungen können separat konfiguriert werden. Während der Kalibrierung sieht der Anwender den korrekten Kalibriergasnamen und stellt die Anzeige genau auf den Wert ein, den er auf der Prüfgasflasche abgelesen hat. Im Messbetrieb werden automatisch korrekte Messwerte für die gewählte Zielsubstanz und der richtige Gasname der Zielsubstanz angezeigt.
Eine Begutachtung der messtechnischen Eigenschaften und der Umschaltung zwischen den verschiedenen Substanzen ist bereits für 14 Gase und Dämpfe abgeschlossen. Der Messfehler liegt innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen nach DIN EN 50057 („Verhalten gegenüber anderen Gasen als dem Prüfgas“).
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