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Software-SPS steuert Prozeßanlagen

Alternative zu Hardwarelösungen
Software-SPS steuert Prozeßanlagen

Bei der Software-SPS handelt es sich um ein Programm, das auf einem handelsüblichen PC läuft und die speicherpro-grammierbare Steuerung ersetzt. Eine vollständige Lösung realisiert hier einen lang gehegten Wunschtraum, Steuerung, Visualisierung und Programmierung in einem einzigen Softwarepaket zu vereinen.

Achim Liebl

Die meisten Fertigungsanlagen sind heute mit sogenannten speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) ausgestattet, die den einzelnen Komponenten Anweisungen geben, welche Arbeitschritte wann und wie durchzuführen sind. Die meisten SPS-Hersteller verwenden zum Nachteil der Anwender eigene Programmierlösungen, so daß für jedes Steuerungsgerät eine spezielle Software erforderlich ist. Deshalb muß bei jedem Hardwareausbau auch andere Software angeschafft und installiert werden. Darüber hinaus sind die Fertigungsunternehmen gezwungen, mehrere Hardwareplattformen parallel einzusetzen, zum Beispiel die SPS-Lösungen in der Fabrikhalle und PCs zur Datenverwaltung. Um die dadurch entstehenden Kosten zu vermeiden, wurde die Software-SPS entwickelt.
Leistungsfähige PC-Betriebssysteme notwendig
In der industriellen Fertigung muß ein Steuerungssystem viele verschiedene Bedingungen erfüllen. Dazu gehören zum Beispiel Ausfallsicherheit, einfache Bedienung und Wartbarkeit. Erst dann, wenn solche Voraussetzungen erfüllt sind, wird ein Unternehmen diese Lösung in der Praxis einsetzen. Das gilt sowohl für eine Hardware- als auch für eine Software-SPS. PC-Lösungen haben häufig ein zusätzliches Akzeptanzproblem durch das Vorurteil vieler potentieller Anwender, PCs laufen instabil. Dennoch hat eine PC-basierte Steuerung gegenüber dem traditionellen Ansatz einige überzeugende Vorteile:
Zunächst muß das Unternehmen nur noch eine einheitliche Hardwareplattform einsetzen, da die proprietären Steuerungen wegfallen. Darüber hinaus ist eine Software-SPS viel flexibler, da sie auf alle Daten im Unternehmensnetz zugreifen kann, nicht nur auf Prozeßdaten. Das sorgt für eine konsistente Datenbasis und ein einheitliches Arbeitsumfeld.
Ein PC bringt im Vergleich zu einer speicherprogrammierbaren Steuerung viel umfangreichere Programmiermöglichkeiten mit sich. Außerdem läuft eine Softwarelösung auf praktisch allen PCs und muß nicht an spezifische Hardware angeglichen werden. Sie ist also beliebig auf andere Rechner portierbar.
Bei Upgrades bleibt die Installation unberührt. Das bedeutet, die Anwender können jederzeit vom technischen Fortschritt in der PC-Hardwareentwicklung profitieren ohne gleichzeitig neue Softwarelösungen einzurichten. Das schützt die Investitionen des Unternehmens.
Dazu kommt die Preisfrage. Werden in einem Unternehmen bereits PCs eingesetzt, ist eine Softwarelösung viel billiger als weitere Hardwareanschaffungen.
Bei dieser Fülle von Vorteilen stellt sich die Frage, warum sie sich nicht schon längst durchgesetzt hat. Hierfür gibt es zwei Gründe: Erstens läßt sich die Software-SPS erst seit kurzem realisieren, da nur die modernsten PCs genug Leistung bringen, um den Anforderungen der industriellen Fertigung zu entsprechen. Zweitens ist für Steuerungsaufgaben eine stabile Betriebssystemplattform unbedingt erforderlich, denn Abstürze sind in diesem Bereich besonders gravierend. Solche Betriebssysteme, die zudem erprobt und bewährt sind, wie zum Beispiel Windows NT, stehen aber erst seit kurzem zur Verfügung.
Eine Softwarelösung für alle Aufgaben
Moderne PC-based-Control-Systeme, wie 4Control, sind dank dieser Entwicklung in der Lage, alle industriellen Anforderungen zu erfüllen. Darüber hinaus bringen sie aber noch weitere Vorteile mit sich. Es handelt sich hierbei um komplette All-in-one-Lösungen, das heißt, das Visualisierungssystem ist genauso integriert, wie die komplette Netzwerkfunktionalität. Damit sind die Anwender nicht mehr gezwungen, irgendwelche Tools von Drittanbietern hinzukaufen, sondern sie kommen mit einem Softwarepaket aus.
In einem vernetzten System können die Anwender sogar ohne Zusatzkosten ihre Kontrollsoftware auf dem Büro-PC entwickeln und anschließend auf einen anderen Rechner portieren, beispielsweise in der Fertigungshalle. Dazu müssen sie noch nicht einmal ihre Arbeitsplätze verlassen, da die Software mit Hilfe des Netzes übertragen werden kann. Diese Technologie kommt auch beim Warten der Anlage zum Einsatz: Die Software läßt sich zum Beispiel so konfigurieren, daß sie beim Auftritt von Prozeßstörungen den Systemadministrator per E-mail alarmiert, der damit an jedem beliebigen Ort erreichbar ist und sofort Gegenmaßnahmen einleiten kann. Da für diese Funktionalitäten keine Neuentwicklungen erforderlich sind, weil bereits bestehende, bewährte und in einem Unternehmensnetz sowieso implementierte Techniken zum Einsatz kommen, erhalten die Anwender quasi gratis ein umfangreiches Funktionssortiment dazu.
Aufgabenverteilung über mehrere PCs
Ein weiterer Aspekt ist das Distributed-control-System. Mit 4Control können sämtliche Steuerungs- und Visualisierungsaufgaben einfach auf mehrere vernetzte PCs verteilt werden. Das bringt ebenfalls viele Vorteile. Zunächst lassen sich bestehende Steuerungssysteme ohne großen technischen Aufwand erweitern. So werden Funktionen oder I/O-Anbindungen einfach durch die Hinzunahme weiterer PCs ausgebaut, ohne dabei die in Betrieb befindlichen Steuer-PCs zu beeinflussen.
Mit einem Distributed-control-System kann die Hardware den jeweiligen Aufgaben jederzeit exakt angepaßt werden. Zum Beispiel läßt sich unterschiedliche Hardware für Anlagenteile mit abweichenden Anforderungen implementieren. Das ermöglicht freie Ressourcen in kritischen Bereichen und spart darüber hinaus Geld. Außerdem wird die Betriebssicherheit verbessert, wenn die Steuerungsaufgaben über mehrere Maschinen verteilt sind. Fällt ein Gerät aus, kommt nicht notwendigerweise die ganze Anlage zum Stillstand, da nicht das ganze Netz lahmgelegt wird.
Auch Systemdiagnosen lassen sich effektiver durchführen. Beispielsweise ist ein Ingenieur, der die nötigen Zugriffsrechte hat, in der Lage, sich über das Intranet in PC-gesteuerte Anlagen einzuwählen und Diagnose- und Wartungsseiten aufzurufen. Damit läßt sich praktisch von überall auf den Zustand der Anlage Einfluß nehmen. Auch hier sind keine neu entwickelten Technologien erforderlich, es genügt der Einsatz bewährter Internet-Funktionen.
In der Regel laufen Entwicklungs-, Runtime- und Visualisierungs-Software jedoch auf einem PC. Die Runtime-Software ersetzt die herkömmliche speicherprogrammierbare Steuerung. Zusätzlich bekommen die Anwender mit dieser Lösung eine bessere Bedienoberfläche und mehr Diagnosekomfort dazu, weil die technischen Möglichkeiten des PC viel größer sind, als die eines traditionellen Fertigungssystems. Außerdem erlaubt die PC-Lösung den Einsatz einer gemeinsamen Datenbasis für alle Applikationen, was die Bedienerführung wesentlich vereinfacht und so dabei hilft, Schulungskosten zu sparen.
Einfache Programmierung
Die meisten Softwaresteuerungen arbeiten mit einem IEC-1131-3-kompatiblen Programmiersystem, was den Umgang mit der Software deutlich vereinfacht. Der IEC-1131-3-Standard ist eine Sprachnorm zur weitgehend systemunabhängigen Programmierung verschiedener speicherprogrammierbarer Steuerungen und Controller. Besonders wichtig beim Definieren der Norm waren eine strukturierte Programmierung und einheitliche Programmierparadigmen. Der Standard besteht aus unterschiedlichen Programmiersprachen (Ladder Logic, Instruction List, Structured Text und Function Block Diagram) sowie Sequential Function Chart, das zum Organisieren des Programmes dient und auf den anderen Sprachen aufsetzt. Deshalb können die meisten Anwender sofort etwas mit IEC 1131-3 anfangen, da sie zumindest eine der Sprachen beherrschen. Zusätzlich wurden auch Funktionen und Funktionsbausteine in Form von Bibliotheken normiert, damit die Steuerungsprogramme einfach zwischen verschiedenen Systemen ausgetauscht werden können.
Moderne SoftSPS-Systeme unterstützen alle für die Kommunikation mit der Peripherie relevanten Standards. Dazu gehören Profibus, DeviceNet oder InterbusS.
Kompatibel und flexibel
Eine Softwaresteuerung bringt dann am meisten, wenn sie in einer großen Anlage betrieben wird, in der viele Daten anfallen, wenig Steuerungstechnik zum Einsatz kommt und wo PCs weit verbreitet sind. Das ist hauptsächlich in folgenden Branchen der Fall: Automobilindustrie, Forschung und Entwicklung, Nahrungsmittelindustrie, Fördertechnik sowie Fertigungstechnik. Hier bringt eine SoftSPS ganz konkrete Vorteile.
Zunächst einmal macht sie Schluß mit dem Nebeneinander inkompatibler Systeme, dem hohen Wartungsaufwand und der unflexiblen Installation. Dank der umfangreichen Programmiermöglichkeiten lassen sich außerdem innerhalb kürzester Zeit Treiber für alle, gerade erforderlichen Anwendungen erstellen. Dieser Vorteil kommt in Bereichen zur Geltung, wo sich die Rahmenbedingungen häufig ändern, zum Beispiel in Forschung und Entwicklung. Außerdem bleiben die Investitionen der Unternehmen gesichert, weil ein Update von Hard- und Software unabhängig voneinander möglich ist. Auch der Anschaffungspreis für die Software ist bei Großanlagen relativ gering, denn die erforderliche Hardware steht meist zum größten Teil schon bereit.
Im Bereich der Lebensmittelindustrie bringt eine Softwaresteuerung den großen Vorteil, daß alle Daten und Bedienschritte aufgezeichnet werden können. Das heißt, ändert sich die Produktion, werden die zu dem neuen Produkt gehörenden Daten automatisch mit eingespielt. Auf diese Weise bleibt die Herstellung flexibel. Das ist deshalb so wichtig, weil die Anforderungen sich gerade hier häufig ändern und darüber hinaus von der Jahreszeit abhängen. So lassen sich die Daten vom Sommer 1997 auch 1998 wieder einsetzen, ohne daß die ganze Anlage neu programmiert werden muß. All das zeigt, daß Softwaresteuerungen längst aus dem Entwicklungsstadium heraus sind, ihre Kinderkrankheiten überwunden haben und zur Marktreife gelangt sind. Sie stellen in vielen Bereichen eine vollwertige Alternative zu herkömmlichen Steuerungssystemen dar und bringen sogar neue Funktionen mit, die einen großen Beitrag dazu leisten werden, daß Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und Produktionskosten senken können. Schon bald wird die Software-SPS im industriellen Umfeld einen festen Platz haben.
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