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Sterilität garantiert

Lagerung und Verteilung von Aqua Purificata
Sterilität garantiert

Reinstwasser ist in der Pharmazie und Chemie ein wichtiger Bestandteil bei der Produktion von Wirkstoffen. Bei der Konzeption von Anlagen zur Erzeugung und Verteilung von Reinstwasser sind besondere hygienische, meß- und anlagentechnische Gesichtspunkte zu beachten.

G.Eickermann

Die Herstellung von Reinstwasser ist in den Normen DAB 10 und USP 23 genau definiert. Bei der Grundauslegung einer Anlage zu seiner Aufbereitung, Lagerung und Verteilung sind folgende Parameter zu beachten:
• Tages- bzw. Schichtbedarf,
• Entnahmemengen und -zeiten an den Entnahmestellen,
• Temperaturen an den Entnahmestellen,
• Druckbedarf nach der Entnahme,
• Festlegung eines Gleichzeitigkeitsfaktors in bezug auf alle Entnahmestellen,
• Lageplan und Etagenplan mit Angabe der Entnahmestellen in numerierter Form.
Auf der Grundlage dieser Parameter erstellt der Ingenieur die Projektplanung für das Gesamtsystem. Diese umfaßt die Projektierung der Lagerbehälter für Reinstwasser und deren Fassungsvermögen, die Festlegung der Verteiler-Ringleitungen (Loops) sowie die entsprechenden Erhitzer- und Kühlsysteme innerhalb der Loops. Letztere sind notwendig, um die gewünschte Entnahmetemperatur des Wassers zu erreichen. Die weiterhin erforderlichen hydraulischen Berechnungen – einschließlich der Definition der Durchsätze, des Druckbereiches und der Rohrdimensionen – stellen die geforderten Strömungsverhältnisse in den Loops sicher. Ebenso müssen bei der Projektierung Maßnahmen zur Desinfektion (Sanitisierung) und Qualitätskontrolle (Probenahme) definiert werden.
Die Lagerung und Verteilung von Reinstwasser kann
• heiß oder
• kalt mit integrierter Ozonisierung
erfolgen.
Lagerung und Verteilung kaltmit integrierter Ozonisierung
Diese Anlagenkonfiguration ermöglicht eine Reinstwasserentnahme bei Raumtemperatur. Die erforderliche Keimfreiheit wird durch eine Beaufschlagung des Reinstwassersystems mit geringsten Ozonmengen – in Abhängigkeit vom Volumen und der Umwälzmenge etwa 2 bis 8 g/h – gewährleistet. Ein UV-Entkeimer vor der ersten Entnahmestelle entfernt die sich im Reinstwasser befindlichen Ozonanteile vollständig und sichert so eine absolute Ozonfreiheit. Die Kontrolle über das eingebrachte Ozon vor dem UV-Entkeimer sowie des nicht mehr ozonbelasteten Reinstwassers nach dem UV-Entkeimer erfolgt über entsprechend positionierte Meßgeräte.
Lagerung und Verteilung heiß
Hier herrscht innerhalb des Lagerungs- und Verteilungssystems eine Temperatur von mindestens 65 °C, da es ab dieser Temperatur zu Pasteurisierungseffekten kommt. Das besondere Augenmerk bei dieser Anlagenkonfiguration liegt auf der totraumfreien Ausführung des Systems und seiner ständigen Spülung mit heißem Wasser. Die Integration eines FDA-gerechten Erhitzersystems verhindert die Bildung von Keimnestern. Die vom Anwender geforderte Entnahmetemperatur kann durch den Einbau von separaten Verteilerloops, die mit Röhrenwärmetauschern ausgestattet sind, oberhalb oder unterhalb der Lagertemperatur von 65 °C liegen.
Sanitisierung
Bei beiden Anlagenkonfigurationen ist eine präventive Desinfektion des kompletten Lagerungs- und Verteilungssystems in der produktionsfreien Zeit notwendig. Diese als Sanitisierung bezeichnete Maßnahme wird entweder im Rahmen einer Tag-/Nachtschaltung oder zyklisch in definierten Zeitabständen durchgeführt. Sie kann als thermische, chemische und physikalische Desinfektion erfolgen.
Bei der thermischen Desinfektion unterscheidet man drei Verfahren:
• Heißwassersterilisation bis 95 °C,
• Druckwassersterilisation bei Temperaturen oberhalb von 95 °C,
• Dampfsterilisation mit Hilfe von Reinstdampf bei mindestens 121 °C.
In Abhängigkeit von der zur Anwendung kommenden Desinfektionsvariante muß das Anlagensystem druckfest ausgelegt werden und die in den Anlagenkomponenten verwendeten Elastomere müssen bei den herrschenden Temperaturen stabil sein. Ferner sind bei der Rohrleitungsführung Temperaturkompensationsmaßnahmen und die damit verbundenen Spezialhalterungen zu berücksichtigen.
Ozon, Wasserstoffperoxid oder Peressigsäure sind Hilfsmittel bei der chemischen Desinfektion. Auch hier sind entsprechende Vorsorgemaßnahmen – wie sie bereits bei der thermischen Desinfektion aufgeführt wurden – bei der Anlagenausführung zu beachten. Ein Nachteil bei der Verwendung von Wasserstoffperoxid und Peressigsäure ist, daß nach der Desinfektion und dem anschließenden Spülprozeß Rückstände dieser Verbindungen nur äußerst schwierig nachweisbar sind.
Die physikalische Desinfektion in Form der UV-Entkeimung wird in der Praxis nur als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme (Polizeifunktion) angewendet.
Aufgrund der geringen Investitions- und Betriebskosten sind die chemische Desinfektion mit Ozon und die thermische Desinfektion mit Heißwasser die in der betrieblichen Praxis am häufigsten umgesetzten Sanitisierungsmaßnahmen.
Meß- und Prüfstellen
Die Kontrolle der Reinstwasserqualität über genau definierte Meßstellen an den einzelnen Verteilerloops ist ein wesentlicher Punkt bei der Anlagenplanung. Aufgrund der Pharma-Anforderungen sind folgende qualitätsrelevanten Meßgrößen zu berücksichtigen:
• TIRA zur Registrierung und Kontrolle der Temperatur,
• FQRCA zur Registrierung, Kontrolle und Regelung der Umlaufpumpen-Drehzahl im jeweiligen Loop (Aufrechterhaltung der hydraulischen Bedingungen),
• QRSA Kontrolle und Steuerung der Entnahmeventile bei Erreichen des qualitätsrelevanten Leitwertes von größer 1,3 µS/cm,
• QIRS Bestimmung des TOC-Wertes und Verriegelung der Entnahmestellen bei Erreichen eines Wertes von größer 500 ppb.
Diese qualitätsrelevanten Werte werden im Rücklauf der jeweiligen Verteilerloops über Probenahmeventile ermittelt. Die Probenahmestelle kann ein aseptisches Ventil in Faltenbalg- oder Membranausführung oder auch eine Probenahmemembrane sein.
Die vermehrt zum Einsatz kommenden Aseptikventile mit Faltenbalg bieten gerade bei den Reinstwassersystemen eine Reihe von Vorteilen:
• Funktionsüberwachung (Leckageaustritt) durch visuelle Kontrolle,
• Probenahme unmittelbar am Produktstrom (totraumfrei) sowie
• wirtschaftlicher Betrieb aufgrund der hohen Verfügbarkeit und Lebensdauer der Faltenbälge.
Der bei Membranventilen praktizierte prophylaktische Austausch der Membranen verursacht erheblich höhere Kosten.
Anlagenbeispiel
Das beim Pharma-Unternehmen Boehringer Ingelheim installierte Reinstwasser-Anlagensystem versorgt ca. 100 Entnahmestellen, an denen unterschiedliche Entnahmetemperaturen gefordert sind. Die Entnahmestellen verteilen sich auf acht Gebäude und werden über fünf unabhängig arbeitende Loops versorgt. Der Tagesbedarf beläuft sich auf ca. 80 m³ Reinstwasser. Als zu erreichende Leistungsdaten wurden eine Aufbereitungsleistung von 6 m³/h sowie ein Leitwert am Austritt von 0,2 µS/cm definiert.
Das vorgegebene Lagervolumen umfaßt 16 m³, die Lagertemperatur liegt bei 70 °C (± 5 °C). Eine Überlagerung mit Stickstoff oder eine Kohlendioxidabsorbtion waren auf Grundlage der erreichten Betriebsparameter nicht notwendig.
Der Leitwert des Reinstwassers im Rücklauf der Loops beträgt – bei einem Grenzwert von 1,3 µS/cm – 0,4 µS/cm, der TOC-Wert im Rücklauf beläuft sich auf ca. 20 ppb. Hier liegt der Grenzwert bei 500. Weitere Rahmendaten sind in der Tabelle zusammengefaßt.
Die Umwälzung und Erhitzung des Lagervolumens erfolgt über ein separates Umwälzsystem. Die Temperatur im Lagerbehälter wird in einem Temperaturfenster bei einem Toleranzwert von 65 °C gehalten.
Das Verteilersystems ist durch ein entsprechendes Gefälle der Rohrleitungen restlos entleerbar. Zudem wurden die einzelnen Verteilerloops mit gleichen Entnahmetemperaturen zusammengefaßt. Die montagemäßige Umsetzung dieses Anlagensystems erfolgte produktionsbegleitend.
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